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Groko ist bei Görlitzer SPD nicht beliebt

An der Neiße scheint die Sehnsucht nach Opposition groß. Das könnte Folgen haben.

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© dpa

Von Frank-Uwe Michel

Görlitz. Thomas Baum, Landtagsabgeordneter und zugleich Vorsitzender des Kreisverbandes Görlitz, glaubt nicht, dass sich die Mehrheit der hiesigen knapp 200 Parteimitglieder für die Groko ausspricht. Auf jeden Fall werde das Ergebnis „sehr, sehr knapp“ ausfallen. Er persönlich hat jedoch mit Ja gestimmt. „Weil ich es aus der energiepolitischen Warte sehe, die im Koalitionsvertrag für unsere Region doch einiges zu bieten hat.“ Aber das müsse jeder für sich selbst entscheiden. Zwar sagt Baum auch, dass es der Kreisverband unterlassen habe, eine Richtung vorzugeben. Allerdings laden Sachsens Sozialdemokraten heute um 18 Uhr zu einer Mitgliederkonferenz ins Volkshaus Dresden, Schützenplatz 14, ein. Mit dabei: der Görlitzer Bundestagsabgeordnete Thomas Jurk. Problematisch findet Thomas Baum überdies, dass die Parteispitze den Abstimmungsunterlagen ein Empfehlungsschreiben pro Koalitionsvertrag beigefügt hat. „Das ist schwierig, das den Leuten zu vermitteln.“

Noch nicht ganz schlüssig über sein Abstimmungsverhalten ist Harald Prause-Kosubek. Der Vorsitzende des Ortvereins Niesky/Rothenburg tendiert jedoch zu einem „no Groko“. Er glaubt zudem, dass in der gesamten Partei das Nein für den Koalitionsvertrag überwiegen wird. „Viele Mitglieder befürchten, dass wir in der Koalition mit der CDU wieder untergebuttert würden. Und als Junior-Partner haben wir ja gesehen, wo das hinführt.“ Er spüre in der Mitgliedschaft, dass die Sehnsucht nach Opposition deutlich größer sei.

Der Ortsverein Görlitz hatte sich bereits im Januar mehrheitlich gegen die Aufnahme von Koalitionsverhandlungen mit CDU/CSU ausgesprochen. Eine erneute Verständigung dazu gab es nicht. Gerhild Kreutziger hat sich persönlich „wie schon 2013“ gegen die Groko entschieden. Jeder müsse das allerdings für sich selbst überlegen. Ärgerlich ist die Chefin des Görlitzer Ortsvereins wie schon Thomas Baum über die „wiederholt versuchte einseitige Einflussnahme durch die Parteispitze“.

Renate Schwarze, die im Görlitzer Stadtrat die gemeinsame Fraktion mit der FDP leitet, findet das Ergebnis im Koalitionspapier „nicht so schlecht, dass man es ablehnen müsste“. Deshalb habe sie persönlich auch zugestimmt. Sie verweist darauf, dass – je länger es keine Entscheidung gibt – die Zeit zum Regieren immer kürzer werde. „Die Menschen wollen keine Phrasen mehr hören. Sie wollen sehen, dass jahrelang angesprochene Themen endlich vorangebracht werden.“ Deshalb sieht sie die SPD auch in der Pflicht. Jetzt nach der Oppositionsrolle zu rufen sei in der aktuellen Situation völlig fehl am Platz.