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Großbrand im ehemaligen Aropharm-Werk

Aus dem Gebäude des einstigen Arzneimittelwerks in Riesa qualmte es gestern aus dem Dachstuhl. Was war hier los?

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Von Jane Pabst

Chaotisch. Mit diesem Adjektiv beschreibt Attila Branczeisz, wie es im Inneren des Gebäudes auf der Lommatzscher Straße 19 gerade aussieht. Er ist Kriminalhauptmeister und gestern mit mehreren Leuten vor Ort.

Es ist 6.10 Uhr. Die Leitstelle alarmiert die Riesaer Feuerwehr über einen Großbrand. 32 Kameraden mit neun Fahrzeugen eilen an den Rand des Riesaer Zentrums. Auch Egbert Rohloff, der Chef der Riesaer Polizei, der offiziell im Urlaub ist. „Als ich eintraf, stieg Qualm aus dem Dachstuhl des verlassenen Hauses“, berichtet sein Stellvertreter Dieter Böcke. Die bröckelnde braune Fassade des Zweigeschossers offenbart den Blick auf die darunter liegenden Ziegelsteine. Ein Werbeplakat des Deutschen Roten Kreuzes mit dem Slogan „Schenke Leben, spende Blut“ verdeckt Teile des Hauses. Wild wuchert das Gras hinter der verriegelten Zufahrt zu dem früheren Aropharmwerk. Hier wurden bis 1992 chemisch-technische und chemisch-pharmazeutische Produkte wie Geschmackszusatz für Puddingpulver hergestellt. Nun sprießen dünne Birkenbäumchen kreuz und quer. Das graue Eisentor ist verriegelt. „Der Einsatzleiter vom ersten Trupp der Lagererkundung ist über den Zaun geklettert“, so Böcke. Danach musste das Schloss geknackt werden, um einen Zugang zum Gebäude zu schaffen. „Der zweite Trupp konnte den Brand lokalisieren“, erzählt der Feuerwehrmann weiter. Demnach stand die Zwischendecke zum Spitzboden in Flammen.

Sofort starteten die Löscharbeiten, die knapp zwei Stunden dauerten. „Es war ziemlich heiß, so um die 100 Grad. Zusammen mit dem Wasserdampf fühlt man sich wie in einer Sauna“, schildert Böcke den Einsatz. Im Zuge der Löscharbeiten musste die Zwischendecke geöffnet werden. Ein circa zwei Quadratmeter großes Loch ragt nun in der verrußten Decke. Doch wie kam es zum Brand? „Ich denke, einen Blitzschlag kann man ausschließen. Die Brandursachenermittler sind noch vor Ort. Entweder entstand das Feuer fahrlässig oder vorsätzlich“, spekuliert Böcke. Am Einsatzort deutet außer einem roten Feuerwehrauto gestern Mittag rein äußerlich nichts auf einen Brand hin. Hinter den Fenstern im Erdgeschoss hängen vergilbte Gardinen, in der oberen Etage fehlen sie. Stattdessen sind die Scheiben bereits eingebrochen. Ein weißes Schild mit der Angabe „ARO Immobilien, Verwaltungs-GmbH Riesa“ steht in blauer Schrift darauf.

Einem schwarzen Skoda mit Berliner Kennzeichen entsteigt ein dunkelhaariger Mann, der sich als Vertreter des Eigentümers vorstellt. Er nennt die Gesa – Gesellschaft zur Entwicklung und Sanierung von Altstandorten in Berlin, ein Unternehmen der Bundesanstalt für vereinigungsbedingte Sonderaufgaben. Die zuständige Pressesprecherin, Gudrun Finger, kann bis zum Redaktionsschluss nicht bestätigen, ob das entflammte Gebäude zu den Immobilien der Gesa gehört. „Es ist zutreffend, dass wir ein Objekt im Besitz haben, welches sich in der Lommatzscher Straße befindet. Es wird durch eine Verwalterfirma betreut, sodass wir auf Informationen Dritter angewiesen sind, die uns noch nicht vorliegen“.

Vor Ort will der Gesa-Mitarbeiter und der Verwalter nicht mit der Presse sprechen. Auf die Frage nach einer möglichen Brandursache winken beide ab, verschwinden im Hausinneren. Ihnen folgen drei Polizisten mit Einsatzkoffern und Kamera. Nach einer halben Stunde kommen sie wieder heraus. Kriminalhauptkommissar Branczeisz kann weder zum Schaden noch zur Brandursache Angaben treffen: „Es kommt vor, dass die Ursache schon zeitig danach feststeht, manchmal aber auch erst nach vielen Jahren“, meint er.