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Jetzt Kapitän auf den Baustellen

Das Bauunternehmen Grafe in Stroga hat den Generationswechsel vollendet. Clemens Grafe will aber nicht alles sofort umkrempeln.

Von Thomas Riemer
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Clemens Grafe ist seit ein paar Wochen alleiniger Gesellschafter des von seinem Vater Manfred vor 31 Jahren gegründeten Bauunternehmens.
Clemens Grafe ist seit ein paar Wochen alleiniger Gesellschafter des von seinem Vater Manfred vor 31 Jahren gegründeten Bauunternehmens. © Kristin Richter

Stroga. Den großen Chefsessel seines Vaters will Clemens Grafe vorerst nicht nutzen. Auch wenn er seit Juli alleiniger Gesellschafter des "Bauunternehmens Manfred Grafe" in Stroga ist. Sein Vater, der die Firma vor 31 Jahren gründete, bleibt neben Sohn Clemens Geschäftsführer. Und der 26-Jährige hat sich zwar lange auf den Generationswechsel vorbereiten können. Doch vorerst "will ich mit unseren Bauleitern weiterhin in einem Zimmer sitzen", sagt er und lacht. Dadurch seien Absprachen auf dem kurzen Dienstweg besser zu handhaben - und abzusprechen gibt es in einem Bauunternehmen, das derzeit immerhin neun Projekte betreut, wahrlich genug.

"Mein Vater hat mir die Kapitänswürde übergeben und steht mir nun beratend zur Seite", spricht Clemens Grafe die neue Rollenverteilung an. Und deutet damit auch an, dass er das Unternehmen keinesfalls von Null auf 100 umkrempeln werde. "Meine Generation verlässt sich doch auf die Werte der Älteren", sagt er. Mit seinem im Studium, das er vor knapp zwei Jahren abschloss, erworbenen Wissen, könne er diese Werte indes modernisieren und modifizieren.

Und trotzdem wird Clemens Grafe sicherlich im Laufe der Zeit seine eigene Handschrift einbringen. Die mehr als 25 Jahre alte Bürosoftware wurde in den vergangenen Monaten bereits komplett ausgetauscht, um einen weiteren Schritt in Richtung Digitalisierung zu tun. Neue Technologien ins Tagesgeschäft zu übernehmen, betrachtet er als "spannende Geschichte". Nicht nur für ihn selbst, sondern auch für die Mitarbeiter. Clemens Grafe nennt als Beispiel ein neues Schalsystem. Beim Bau eines Einfamilienhauses in Merschwitz wurde es im Frühjahr erstmals eingesetzt. Das neue Schalsystem lässt sich schlicht montieren. Die Platten können nicht weggedrückt werden. Das Ganze ist innerhalb eines halben Tages montiert.

Für Clemens Grafe ist es wichtig, bei der Einführung derartiger Neuheiten, seinen Mitarbeitern nahezubringen, warum er sich für ein solches System entscheidet. "Man muss das vermitteln, warum wir das jetzt so und nicht anders machen", lautet das Credo. Und diesbezüglich hat Clemens Grafe in Zukunft noch so Einiges vor. Baugrundstücke mit der Drohne ergründen bis hin zum Ausmessen der Grundstücke, das sei doch "richtig spannend", schwärmt er. Noch sei das Zukunftsmusik.

Der Übergang zum "Chef" sei ihm leichtgemacht worden, sagt Clemens Grafe. Ein großer Vorteil: "Die Leute kennen mich, ich kenne unsere Leute - da gab es noch keine Reibungspunkte". Wohl auch deshalb ist es gelungen, trotz Fachkräftemangel in der Baubranche in jüngerer Zeit einen neuen Tiefbau-Vorarbeiter sowie einen Dachdeckermeister zu gewinnen. Es soll nicht das Ende der Fahnenstange sein - und Clemens Grafe setzt dabei auf Unternehmenswerte, die längst nicht überall selbstverständlich sind: Wertschätzung der Arbeit jedes Einzelnen, Schaffung von Anreizen - nicht nur materieller oder finanzieller Art.

Am 1. August 1990 hatte sein Vater Manfred Grafe, der in diesem Jahr 70 geworden ist, das Bauunternehmen gegründet. Mit einem knappen Dutzend Mitarbeitern, einer Schreibmaschine und einem Taschenrechner fing er an. In einer Zeit voller Spannung. „Die deutsche Einheit war noch nicht, aber wir hatten die D-Mark“, so Manfred Grafe. Aber „die wollten die Leute erst einmal festhalten“.

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Der Auftakt zur Erfolgsgeschichte: Unmittelbar nach der Firmengründung übernahmen Grafes die Umgestaltung der früheren Spezialschule in Großraschütz. Das „Gesellenstück“ war der Bau des Autohauses Peschel in Großdobritz. Das Unternehmen etablierte sich vergleichsweise schnell. Ein Vorteil: Bei Grafes war ein Vollservice zu haben. Putz- und Maurerarbeiten, Hoch- und Tiefbau, Zimmerer, Dachdecker, schlüsselfertiges Bauen - für sämtliche Gewerke hatte man Mitarbeiter parat. Bis heute hat sich daran nichts geändert.

Grafes haben - trotz Corona - aufgerüstet. Unter anderem mit dem neuen Schalsystem, einem großen Lkw mit Kran, einem Transporter, der auf Putzarbeiten, Dämmung und Fassadensanierung zugeschnitten ist, und mit einem effektiveren Kofferwagen für eine der Rohbautruppen. Die Firma trägt eine Verantwortung für rund 35 Mitarbeiter. Und Clemens Grafe schaut zuversichtlich nach vorn. "Wir bleiben mit gehissten Segeln auf Kurs", sagt der junge Diplomingenieur selbstbewusst.