Großenhain. Es ist ein Barockhaus, vermutlich eines der ältesten, das Großenhain aus dem 18. Jahrhundert noch hat. Das Haus, besser als ehemalige Gaststätte "Zur Börse" am Neumarkt bekannt, musste viele Jahre auf seine Wiedererweckung warten. Doch letztlich kam das Gebäude in die richtigen Hände. Und nicht nur die Denkmalbehörde ist schwer begeistert.
In der FreitagSZ haben Kathrin und Daniel Fischer aus Dresden das sanierungsbedürftige Haus gefunden. Es stand dort Ende 2017 zum Verkauf. "Wir sind quasi drüber gestolpert, es war purer Zufall", versichern die Bauherren. Die Börse gehörte damals einer griechischen Gesellschaft. "Wir suchten ein Investobjekt, und es sollte unbedingt ein Denkmal sein", sagen die Fischers. Sie wohnen selbst in einem denkmalgeschützten Dreiseithof in Dölzschen, haben einen Faible für alte Häuser und Ahnung vom Bauen und Sanieren.
Kathrin Fischer ist Wirtschaftsingenieurin und Bauleiterin mit eigener Firma, ihr Mann arbeitet in der Automobilindustrie. Die Planung für den Neumarkt 12 machten sie selbst. "Hier war vieles verwinkelt und eng, das Haus war ja nicht nur Gaststube, sondern hatte auch Büroräume", weiß die Bauherrin. Die Partei NDPD hatte in der DDR hier ihren Sitz. Seit Mitte der 90er Jahre stand das Gebäude leer.
"Es wurde aus unserer Sicht ein Beispiel für zeitgemäßes und anspruchsvolles Wohnen im Denkmal geschaffen, das für Großenhain außergewöhnlich gut gelungen ist", lobt Antje Hainz von der Denkmalbehörde. Es sollte andere zu ähnlich "qualitätvollem Tun" anregen. Bei der Sanierung und Modernisierung konnten historische Substanz und Ausstattungsteile erhalten werden, die heute das angenehme Wohnambiente wesentlich bestimmen.
Baukosten ein Viertel teurer
Das haben sich die Investoren aber auch einiges kosten lassen. Fast eine halbe Million Euro wurde nach Angaben der Fischers verbaut. "Ein Viertel mehr als geplant", sagen sie. Allein die Aufarbeitung des freiliegenden Dachstuhls, der noch aus der Zeit vor dem Stadtbrand 1744 stammt, kostete 70.000 Euro. Vor Baubeginn hatte Kathrin Fischer das "kleine Loch", wie sie das Haus nach erstem Anblick nannte, digital vermessen lassen. "Die Wände waren schief und krumm", erinnert sie sich.
Im August vorigen Jahres war die Sanierung der beiden Wohnungen gestartet, nun sind sie gerade fertig geworden. Dass die Fischers sie sofort vermieten konnten, bestärkte sie in dem Bestreben, den Denkmalschutzauflagen ohne Abstriche zu folgen. Entstanden sind moderne Bäder mit alten Nischen, Fußbodenheizung, Stuckdecken, die vorher massiv geschädigt waren, und denkmalgerechte neue Fenster aus der Reinersdorfer Tischlerei Müller. Die Kaltmiete beträgt 7,80 Euro.
Die Fischers haben selbst viel entrümpelt, waren jeden Arbeitstag abends hier und oft auch am Wochenende. "Uns war nicht bewusst, dass es in Großenhain so schön ist", sagen sie. Denn für einen Bummel über den Markt oder einen Blick in die Kirche hat die Zeit trotzdem gereicht. Bauüberraschungen gab es neben dem freigelegten kleinen Fensterchen und dem Treppengeländer, das 250 Jahre alt ist, vor allem im herrlichen mittelalterlichen Keller. Die Leitungsführung soll allerdings kompliziert gewesen sein.
Nun blicken die Fischers stolz auf ihre gelungene Sanierung. Doch fertig sind sie immer noch nicht. Hat die untere Wohnung eine Terrasse, bekommt die obere noch einen Balkon. Die Front zum Hof, der als Parkplatz genutzt wird und wo bis vor 2013 noch ein Haus stand, muss laut Denkmalamt wieder geschlossen werden. "So bleiben wir der Stadt weiter verbunden", sagen die Bauherren. Nächstes Jahr will das Ehepaar mit seinen zwei Mädchen dann endlich mal das Großenhainer Naturerlebnisbad besuchen.