Großenhain: Er war das Raubein mit dem Herz am richtigen Fleck

Großenhain. Man sah ihn fast immer mit Hut. Wolfgang Bothur war ein Großenhainer Original, einer, den wohl jeder kannte. Bothur, der charismatische Abrissunternehmer, der Vater der Militärtechnikfans in der Stadt, der vorläufige Retter des Flugplatzes - ein Mann der Tat. Am 10. April ist der 73-Jährige verstorben. "Du hast für alle gesorgt, du hast für alle geschafft, bis dir die Krankheit nahm die Kraft", stand am Sonnabend in seiner Traueranzeige. Wolfgang Bothur hatte sich nach einer Corona-Erkrankung wieder stabilisiert. Zum Schluss soll seine Lunge nicht mehr mitgespielt haben, heißt es.
Es gibt einige Momente in meiner Erinnerung, bei denen ich ganz persönlich dem Menschen Wolfgang Bothur begegnen konnte. Zum Beispiel 2008, als bei einer spektakulären Aktion zwei Panzer von Bothurs Abrissunternehmen einen alten Mischwasserkanal unter den Bahnschienen der Berliner Strecke hervorholten. Obwohl ganz viele Menschen das Heben des 80-Tonnen-Rohres mit großer Spannung verfolgten, blieb Wolfgang Bothur erstaunlich ruhig. Zumindest ließ er sich die Anspannung dieser Situation nicht anmerken.
In ihm schlummerte eine zarte Seele
Er war sogar zu Scherzen aufgelegt. Für ihn schien es offensichtlich keinen Zweifel zu geben, dass die Aktion positiv zu Ende geht. Jede Menge Berufserfahrung und eine dicke Portion Selbstvertrauen waren dem kräftigen Bartträger mit dem rundlichen Gesicht und den freundlichen Augen immer eigen.
Eine weitere sehr emotionale Begegnung fand 2018 statt. Wolfgang Bothur und seine Frau Monika sammelten gerade wieder zu einem Jubiläum Spenden für den Dresdner Sonnenstrahl e.V. Das ist ein Hilfsverein für krebskranke Kinder. Mit tiefer Verbundenheit erzählte Wolfgang Bothur damals für einen Zeitungsbeitrag, wie er mit einer Motorradausfahrt Ende der 1990er-Jahre in das alte Areal der Waldschlößchenbrücke krebskranken Kindern eine Freude machte. Wie aus der spontanen Aktion eine über 20-jährige Unterstützung wurde. Der sonst kühl kalkulierende und energisch zupackende Bothur konnte Gefühle zeigen. Und sehr viel Mitgefühl. In ihm schlummerte eine zarte Seele.
- Mehr lokale Nachrichten – aus Großenhain · Riesa · Meißen · Radebeul.
Vor einigen Jahren war es mir zudem gelungen, für einen runden Geburtstag in der Familie Wolfgang Bothur als Chauffeur zu gewinnen. Und zwar mit seinem russischen Präsidentenwagen. Die Limousine gehörte zu den Oldtimern, die der Wildenhainer hegte und pflegte. Über spannende Kanäle war das Fahrzeug, das großen Eindruck machte, in seinen Besitz gekommen. Doch für die Fahrt von uns zu Hause zum Ort der Feier wollte Wolfgang Bothur gar nichts haben: Erst nach langem Bitten wünschte er sich eine Einladung zu Kaffee und Kuchen bei Faust in der Meißner Straße. Auch Kuchen war seine Leidenschaft. Wolfgang Bothur war bei aller Rauheit seines Berufs eben ein Süßer ...
Schließlich sah ich ihn noch im Juni vor zwei Jahren auf einem neuen Quad am Großenhainer Fliegerhorst. Als Geschäftsführer der Flugplatz Großenhain UG, der Betreibergesellschaft, war Wolfgang Bothur seit Gesellschaftsgründung 2008 oft hier, es war wie sein zweites Zuhause.
Als ich mit ihm sprach, spürte ich nicht nur seine legendäre raue Schale, sondern auch seinen weichen Kern. Er liebte den Flugplatz, den er zwischenzeitlich gerettet hatte. Das konnte man hinter seinen Worten immer erahnen. Hier in der Nähe ist nicht nur sein Wolfgangsee, sein eigenes kleines Refugium. Hier sicherte er der Stadt auch den Flugbetrieb und alle Events, die seither weiter stattfinden. Bernd Fiedler führt als Prokurist Bothurs Auftrag weiter. Doch der Panzer- und Baggerfan wird fehlen - ein Raubein mit dem Herz am richtigen Fleck.