Radeburg/Strehla. Mit dem 66-Jahre-Motto aus dem Lied von Udo Jürgens hatte der Radeburger Carnevals Club RCC seinen Fans eine dankbare Vorgabe geliefert. Der Faschingsumzug mit 65 Wagen, der gestern Nachmittag bei strahlendem Sonnenschein durch die Zillestadt rollte, war bis zum letzten Bild unterhaltsam und wieder ungemein kreativ. Nach zwei Jahren „C-Pause“ und „Maskenball“, wie man in Radeburg sagt, hatten sich die Umzugsgruppen aus der Region vor allem auf zwei Ideenbereiche gestürzt: Die Route 66 als Highway in den USA und der zweite Lebensstart, wie ihn Udo Jürgens besang.
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Tausende teils bunt und lustig verkleideter Zuschauer verfolgten am Straßenrand das närrische Defilee der Wagen und Laufgruppen aus der näheren Umgebung und der Faschingsvereine, die oft schon viele, viele Jahre dabei sind. Und die Jury wird es schwer haben, die besten Bilder bis Faschingsdienstag herauszufinden. Ob die Riesenblüten für den Ole - den verabschiedeten Ex-RCC-Präsidenten Olaf Häßlich - gewinnen oder der gewaltige Oktopus mit seinen vielen Armen? Vielleicht auch die Außerirdischen mit den großen Kulleraugen. Oder die aufwendig inszenierte Musiktherapie in der Poliklinik? Oder die Harley-Rocker und Rabu-Biker? Auch die Sahne- und Eistüten kommen als Favoriten genauso infrage wie die hübschen Fliegenpilze im Glück, die kopfstehenden Zirkusmädchen oder die Blumen-Group, die auf Fässer trommelte.
Hunderte Stunden, so war im Livestream beim MDR in Internet zu hören, haben viele Gruppen in den letzten Monaten an ihren Bildern genäht, gemalert und gebaut. „Ich bin jedes Jahr dabei und immer wieder schwer begeistert“, sagt Zuschauer Bernd Schmidt aus Dresden, der mit einem großen Plüschhut am Straßenrand steht. Ihn erstaunt auch die perfekte Organisation durch den RCC. Bis zu 80 Ordner aus dem Verein sind im Einsatz, so Umzugsverantwortlicher Holger Umlauft, der nach 23 Jahren das Amt an Mirko Angermann übergeben hat. Dazu kommen zahlreiche Kräfte aus Feuerwehr und DRK. Wie seit 2000 führte der Umzug durchs große Festzelt.
Während Kamelle, Konfetti und laute Partymusik die Szenerie bestimmten, war der Volkskarneval doch nicht gänzlich unpolitisch. Bei Schwester Agnes im Bild 46 fuhr auch die Friedenstaube mit. Zu den Regenbogenfarben im Bild 29 mischten sich die Peace-Zeichen. Die obligatorischen „Russen“ um Uwe Meier vom Armee-Spaß-Verein Königsbrück thematisierten auf ihrem Wagen „Pipeline Service Team“ die Sprengung der Gasleitung Nordstream II. Mit Gummiboot und russischer Musik wagten sie sich mutig auf närrisches Glatteis.
Spaß und Ideen auch in Strehla
Auch der Strehlaer Karneval scheute diese Herausforderung nicht. Hier widmeten sich einige Motivwagen dem Klimawandel. Rund 1.500 Zuschauer sahen einen Umzug mit knapp 50 Bildern, der wie in Radeburg extravagante Kostüme und lustige Gestaltungen aufweisen konnte. Ein Wagen provozierte mit der Aufschrift „Ohne Hirn und Arbeitgeber wird man Klimakleber“. Während man sich in Radeburg mit „Rabu“ begrüßte, war es hier „Strehla hella-hello-hellau“. Mit Pfannkuchen und reichlich Alkohol wurde auf dem Markt weitergefeiert.