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Warum die Rekord-Olympionikin gern nach Großenhain kommt

Der Halbmarathon der Speedskater feiert Auferstehung. Claudia Pechstein siegt bei den Damen. Lokalmatador Max Fröhlich wird Herren-Zweiter.

Von Thomas Riemer
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Claudia Pechstein (Bildmitte) hat am 1. Mai zum dritten Mal den Frauenwettbewerb beim Großenhainer Halbmarathon der Speedskater gewonnen.
Claudia Pechstein (Bildmitte) hat am 1. Mai zum dritten Mal den Frauenwettbewerb beim Großenhainer Halbmarathon der Speedskater gewonnen. © Norbert Millauer

Großenhain. "Da muss man noch mal über einen Frühstart reden", sagt Jörg Rannacher und schmunzelt. 14.48 Uhr sind an diesem 1. Mai gerade die Frauen zum Großenhainer Halbmarathon der Inline-Speedskater auf die Strecke gegangen. Und der Vize-Vorsitzende des gastgebenden Rollsportvereins hat wie viele andere Augenzeugen gesehen, dass Claudia Pechstein schon beim Startschuss eben einen kleinen Schritt vorn war. Am Ende siegte die mehrfache Olympiasiegerin und Weltmeisterin im Eisschnelllauf bei ihrer dritten Teilnahme in Großenhain wie erwartet auch zum dritten Mal.

Bei den Männern gab es einen harten Vierkampf mit vielen Attacken. Im Ziel hatte Willy Werner aus Gera die Nase vorn. Der Großenhainer Lokalmatador Max Fröhlich kam vier Sekunden später als Zweiter ins Ziel.

Für die Gastgeber ist es ein echter Feiertag. Zwei Jahre ging wettkampfmäßig in der Skaterhochburg Großenhain gar nichts. Der Halbmarathon musste ebenso abgesagt werden wie die traditionellen Rollsporttage im August. Und auch die unmittelbare Vorbereitung des Events am 1. Mai, inklusive der Kinder- und Jugendwettbewerbe, "war ein ziemlicher Marathon", gesteht Ute Enger. Denn nach zwei Jahren Pause mussten die Kontakte und Partner quasi neu "gefunden" werden, berichtet die Vorsitzende des Großenhainer Rollsportvereins. Sämtliche Mitglieder und Sympathisanten waren einzubinden, um die tausend kleinen Dinge, die solch eine Veranstaltung mit sich bringt, zu schultern. Vom Errichten des Fahrerlagers über die Absicherung der Verpflegung, die Streckensicherung durch Posten, bis hin zur Straßensperrung für die Zeit der Wettkämpfe. "Da haben alle wieder kräftig mitgezogen", zollt Ute Enger Lob.

Die Mühen werden belohnt. An den Rennen der Kinder und Jugendlichen nehmen immerhin rund 150 Skater teil. Wie immer haben sie für diesen Tag zum Teil eine weite Reise in Kauf genommen. Sie kommen aus den thüringischen Hochburgen Arnstadt-Eisenach und Gera, die beiden großen Leipziger Vereine sind zu Gast, selbstverständlich fehlt auch der Speedskateclub aus dem benachbarten Meißen nicht. Angefeuert von Eltern, Betreuern und zahlreichen Schaulustigen, geht es um Sekunden und wichtige Punkte in den Sathü-Nachwuchscups.

Vor allem die jüngsten Sportler schauen derweil in die Runde. Je näher der Start zum Halbmarathon heranrückt, warten viele auf die deutsche Rekord-Olympionikin. Dann steht Claudia Pechstein unauffällig und komplett umgezogen am Meldetisch. Eigentlich Eisschnelllauf-Ass, zieht es die 50-Jährige in den Sommermonaten immer wieder zu den Rennen auf Rollen. Genau dort haben sich "die Pechstein" und Ute Enger kennengelernt und in der Vergangenheit so manch heißes Duell ausgetragen. "Ich bin ehrlich, es juckt schon ein bisschen in den Beinen, heute mitzulaufen", sagt die Großenhainerin. Doch das lässt der Trainingszustand derzeit nicht zu.

Claudia Pechstein indes muss viele Hände schütteln, ehe sie neben knapp 40 Halbmarathonis an der Startlinie Aufstellung nimmt. Sie hat nicht nur beim Startschuss schon einen halben Meter Vorsprung, sondern im Ziel 23 Sekunden auf ihre an diesem Tag schärfste Kontrahentin Anna Sänger aus Gera herausgeskatet.

"Ich bin sehr zufrieden mit meinem Rennen, denn ich wusste nicht, was so die Jugend hier draufhat, denn die Namen kenne ich nicht so genau. Vier Runden bin ich mit Anna Sänger zusammengelaufen, hab in der letzten Runde Attacke gemacht. Jetzt bin ich happy, dass ich das wieder gewinnen konnte", so Claudia Pechstein nach den reichlich 21 Kilometern. Immerhin: Die Zweitplatzierte ist 30 Jahre jünger als die Olympiasiegerin.

Für die Gastgeber hat die Berlinerin viel Lob parat. Ute Enger und der Verein würden sich stets kümmern, dass der Sport hochgehalten wird. Großenhain sei ein sportbegeisterter Ort, in dem "man eigentlich noch viel mehr skaten können sollte". Ob man sie deshalb nächstes Jahr wieder in der Röderstadt sehen wird? "Ich denke mal, ja", antwortet Claudia Pechstein wie aus der Pistole geschossen. Ob sie in vier Jahren noch einmal an Olympischen Spielen teilnimmt - da weicht sie allerdings an diesem 1. Mai aus. "Schau'n mer mal", sagt sie und schmunzelt. Immerhin: Es wäre dann ihre neunte Olympiade.