Großenhain. Zehn Autos waren eindeutig neun zu viel. Bereits am Wochenende spekulierten zahlreiche Großenhainer darüber, was es wohl mit dem ihrer Meinung nach riesigen Aufgebot an Polizeibeamten nahe der Innenstadt auf sich haben könnte.
Und tatsächlich: Am Sonnabendvormittag standen nicht nur mehrere Fahrzeuge unter anderem in der Nähe des Hauptmarktes, sondern für viele Passanten sichtbar auch all jene in prägnanter Montur, die offenbar in besonderer Mission nach Großenhain gekommen waren. "Hat einer Ahnung, was hier los ist?", fragten einige Facebook-Nutzer und waren unbewusst selbst schon auf ganz heißer Spur.
Denn genau dort, in den Weiten der sozialen Netzwerke, hatte das Unheil am frühen Morgen seinen Anfang genommen. Gegen 7.40 Uhr nämlich, als in der Polizeidirektion Dresden das Telefon klingelte und die Beamten darüber in Kenntnis gesetzt wurden, dass im Netz seit Kurzem ein beunruhigendes Foto zu sehen wäre. Ein Mann posiere da mit einem Revolver herum und deute an, sich mit ihm etwas antun zu wollen. Ein Mann, der nach Aussagen des überaus besorgten Anrufers in Großenhain wohne.
Informationen, die nach einer Überprüfung ausreichend genug waren. Ausreichend für das Anrollen jener Maschinerie, die in Fällen wie diesen innerhalb weniger Minuten greife. "Um es ganz klar und deutlich zu sagen: Waffen gehören nicht in die Öffentlichkeit! Wer damit posiert oder in irgendeiner Weise damit hantiert, muss sich wirklich dessen bewusst sein und damit rechnen, dass die Polizei auf den Plan gerufen wird", betont Marko Laske.
Wie der Sprecher der Polizeidirektion in Dresden am Montag im SZ-Gespräch erklärt, wären die Beamten schließlich auch genau dafür im Einsatz. Da bei derartigen Umständen zunächst nicht klar sei, was der Betreffende mit dieser Waffe wirklich tun wolle, gelte es von vornherein, sowohl unbeteiligte dritte Personen als auch ihn selbst zu schützen. Da eine Waffe nun mal kein Kinderspielzeug wäre, könne davon ausgegangenen werden, dass sich nicht nur die normale zweiköpfige Besatzung eines Funkstreifenwagens auf den Weg machen würde.
Ganz im Gegenteil! Um möglicherweise Schlimmeres verhindern zu können, werde stattdessen in das personelle Portfolio von speziellen, auf solche Gefahrensituationen geschulte, Kräfte gegriffen. "Und das muss genau so sein! Da hat die Polizei gar keine andere Wahl, als in das gesamte Besteck zu greifen! Immerhin geht es um die Bewahrung von Leben, und deshalb wird auch immer so gehandelt werden wie in Großenhain", weiß Marko Laske.
Und tatsächlich rückte am Samstag in Großenhain wenig später das gesamte "Besteck" an: Mitarbeiter des Landeskriminalamtes Sachsen, welche professionell in der Krisenintervention ausgebildet seien und Kräfte des Sondereinsatzkommandos. 22 Personen insgesamt, die indes nicht zum Äußersten gehen mussten. Praktisch bedeutete das: Die Wohnung des zur Schau stellenden Waffenbesitzers wurde nicht gestürmt. "Wir sind ja nicht im Film, sondern bemühen uns zunächst immer, mit der betreffenden Person erst einmal Kontakt aufzunehmen! Das ist dieses Mal auch gelungen, und der Mann beteuerte sofort, dass er das doch alles gar nicht so ernst gemeint habe", verrät Marko Laske.
Allerdings: Ganz so einfach aus der Affäre ziehen wird sich der 40-Jährige jedoch wohl nicht können. Wo die Beamten schon einmal am zeitigen Wochenende den Weg aus der Landeshauptstadt nach Großenhain auf sich genommen hatten, nutzten sie die Gelegenheit, um sich die vier Wände des Mannes mal aus nächster Nähe anzusehen. Und - wurden fündig. Die Beamten stellten einen Revolver sowie zwei Pistolen sicher. Augenscheinlich, so Marko Laske, handelte es sich dabei um eine Schreckschuss- sowie zwei Druckluftwaffen. Darüber hinaus werde geprüft, ob dem Großenhainer die sicherlich nicht ganz unerheblichen Kosten des schon allein personell und logistisch aufwendigen Einsatzes in Rechnung gestellt werden. Schließlich handle es sich nicht eben mal um ein Kavaliersdelikt. Auch wenn das in Zeiten von Facebook und Co heute so mancher Aufmerksamkeitshungrige denken würde. Bei der Zurschaustellung mit Waffen sei der Spaß definitiv vorbei.