Wenn Christdemokraten in Naunhof am Hanf schnuppern

Naunhof. Übers Kiffen gewitzelt wurde reichlich beim Rundgang der Dresdner Christdemokraten durch die Cannabis-Produktionshallen in Naunhof. Die Start-up-Firma Demecan bringt den Hanf hier zwar ausschließlich für medizinische Zwecke zur Blüte, aber sie hat natürlich auch den Markt im Blick, der durch die von der Ampelkoalition geplante Freigabe von Genussmittelcannabis entstehen könnte. „In Deutschland werden heute 400 bis 700 Tonnen illegal konsumiert“, erklärt Constantin von der Groeben, einer der Geschäftsführer. Statt verbotenerweise zu kiffen, sollten die Menschen kleinere Mengen Cannabis lieber legal aus kontrolliertem Anbau erwerben können. Vielleicht sogar in der Apotheke. Das garantiere immerhin, dass die Konsumenten kein minderwertiges oder verunreinigtes Produkt kaufen.
Die deutschen Pläne zur Legalisierung von Cannabis sind allerdings nicht so leicht umsetzbar. Sie müssen von der Europäischen Kommission genehmigt werden, und die hat jahrzehntelang einen konservativen Ansatz verfolgt. Deutschland riskiert mit der für 2024 geplanten Liberalisierung einen Verstoß gegen EU-Recht. „Wir warten, was da kommt“, sagt Constantin von der Groeben. Im günstigsten Fall eröffne sich Markt von zwei Milliarden Euro oder mehr, und da wolle Demecan natürlich dabei sein. Platz zur Erweiterung der Produktion gibt es im ehemaligen Schlachthof genug.
„Uns interessiert vor allem der Start-up-Gedanke, der hier auf ziemlich beeindruckende Weise verwirklicht wird“, erklärt der CDU-Landtagsabgeordnete Ingo Flemming. „Und natürlich ist Demecan ein mittelständisches Unternehmen.“ Flemming fungiert auch als Chef des Dresdner Kreisverbandes der Mittelstands- und Wirtschaftsunion (MIT), die den Besuch zusammen mit der Jungen Union organisiert hat. Viele Christdemokraten befinden sich derzeit in einem Dilemma. Eine Partei-Mehrheit ist gegen die Legalisierung von Genussmittelcannabis, und als Mitglied müssen sie entsprechende Beschlüsse mittragen. Persönlich aber hätten sie gegen eine kontrollierte Freigabe gar nichts einzuwenden.
Niederländisches Modell gescheitert
„Das niederländische Modell, den illegalen Anbau und Gebrauch zu dulden, ist jedenfalls gescheitert“, sagt Flemming. Das ziehe einen ganzen Rattenschwanz an Kriminalität nach sich. Er könne sich eine Entkriminalisierung wie in Kanada durchaus vorstellen. Und natürlich denke er auch an die vielen Arbeitsplätze, die geschaffen werden könnten, wenn Demecan die Produktion um ein Vielfaches steigert. Auch die Meißner CDU-Landtagsabgeordnete Daniela Kuge befindet sich in Sachen Cannabis-Legalisierung im Zwiespalt. „Es gibt Argumente dafür und dagegen“, sagt sie. „Ich bin froh, dass ich als Landespolitikerin nicht darüber entscheiden muss.“
Demecan wurde im Jahr 2017 von den drei Gründern Adrian Fischer, Cornelius Maurer und Constantin von der Groeben quasi am Wohnzimmerzimmertisch aus der Taufe gehoben. Im Mai 2019 erhielt das Unternehmen vom Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte den Zuschlag zum Anbau von medizinischem Cannabis in Deutschland. Im vergangenen Jahr wurde in Naunhof die erste Ernte eingebracht – mittlerweile produziert Demecan insgesamt eine Tonne Hanfblüten. Außerdem ist das Unternehmen als pharmazeutischer Importeur und Großhändler tätig. Die Naunhofer decken als einzige deutsche Firma die gesamte Produktionskette für medizinisches Cannabis – vom Anbau über die Weiterverarbeitung und Lagerung bis hin zur Distribution an Apotheken – ab.
Kritische Kommentare zur beabsichtigten Herstellung von Genussmittelcannabis gab es beim Rundgang der etwa 20 Christdemokraten durch die Mutterpflanzen- und Blütenräume nicht. Die Legalisierung sei längst überfällig, findet der Vorsitzende der Dresdner Jungen Union Johannes Schenk. „Das sieht zwar die CDU anders“, so Schenk, „aber diese Auffassung muss nicht in Stein gemeißelt sein.“ Vielleicht habe Helmut Kohl mit seinen „blühenden Landschaften“ ja so etwas wie Naunhof gemeint.