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Großröhrsdorfer gegen Funkmast

Die Anlage soll auf einer Industriebrache entstehen. Mitten in einer dicht bewohnten Gegend.

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© Rainer Hanke

Reiner Hanke

Großröhrsdorf. In der Rödertalstadt soll eine neue Mobilfunkanlage errichtet werden. Deswegen fliegen derzeit kräftig die Funken: „Funkmast nein danke“, steht rot auf weißem Tuch am Unternehmen von Gerd Hörnig. Oder: „Kein Funkmast im Ort!“ vorn an der Straße. Es geht um die Bischofswerdaer Straße 115. Eine Industriebrache mit einem alten Fabrikgebäude, früher ein Textilbetrieb. Und es geht um ein Schreiben der „TÜV Rheinland Consulting“ an die Stadt Großröhrsdorf. In dem kündigt das Unternehmen die Pläne des Mobilfunkanbieters Vodafon an, das Funknetz mit einer Investition auf dem Gelände ausbauen zu wollen. Ob dazu ein Mast gebaut werden soll oder ob der Investor ein Gebäude auf dem Privatgelände nutzen will, das geht nicht aus dem Brief hervor. Auch geplante Höhen bleiben im Dunkeln. Vodafon will das entsprechende Grundstück anmieten.

Für sein Vorhaben beruft sich die Gesellschaft auf Vereinbarungen mit kommunalen Spitzenverbänden zum Mobilfunk und stellt fest, dass die Vodafon-Funknetzplanung einen dringenden Bedarf ermittelt habe.

Gerade das bringt die Anwohner auf die Palme. Denn etwa anderthalb Kilometer entfernt im Gewerbegebiet stehe bereits ein Vodafon-Mast, sagt Gerd Hörnig. Er gehört mit zu den Anwohnern, die nun gegen dieses Vorhaben kämpfen und sagt: „Wir haben hier vollen Vodafon-Empfang.“ Sorgen bereiten vor allem die gesundheitlichen Risiken. In Deutschland seien die Grenzwerte für die Strahlenbelastung verglichen mit anderen Ländern sehr funkanbieterfreundlich und viel zu hoch, kritisiert Hörnig. Er verweist auch auf Studien, die er inzwischen gewälzt habe. Die stellen durchaus einen Zusammenhang zwischen Tumorerkrankungen und Funkmasten her: „Es geht um unsere Gesundheit. Auch unsere Grundstücke verlieren an Wert. Hier will doch keiner mehr hin.“ Wenn die Anlage auf einem Gebäude errichtet werde, sei nicht einmal ein Bauantrag im Landratsamt nötig, fürchtet der Großröhrsdorfer.

Stadt hat abgelehnt

Andererseits könne die Kreisbehörde einen Bauantrag auch genehmigen, wenn sich die Stadt gegen so ein Vorhaben wendet. Die hat das Vodafon-Projekt fürs Erste angelehnt. „Bei der Beurteilung sind die Verwaltung und der Technische Ausschuss jedoch davon ausgegangen, dass der Mast eine Höhe von mehr als zehn Metern haben soll“. lässt die Stadt wissen. Damit würde das Bauwerk das Orts- und Landschaftsbild beeinflussen. Auch seien nach Einschätzung der vorliegenden Unterlagen keine alternativen Standorte geprüft worden. Schonendere Standorte, die besser geeignet sind, die privaten und öffentlichen Interessen zu berücksichtigen.

Auch die gesundheitlichen Risiken sind für die Stadt ein Thema. Sie bezieht sich auf das Bundesamt für Strahlenschutz. Danach bestehe weiterer Forschungsbedarf, gerade in Bezug auf Kinder, ob sie empfindlicher gegenüber hochfrequenten elektromagnetischen Feldern als Erwachsene sind. „Dies ist bis dato noch nicht abschließend geklärt. Insofern kann eine Gesundheitsgefährdung durch die geplante Lage nicht ausgeschlossen werden“, so Bürgermeisterin Kerstin Ternes. An dieser Stelle setzt auch Gerd Hörnig an. Ein solcher Funkmast gehöre nicht unmittelbar zwischen die Häuser: „Hier wohnen Familien mit kleinen Kindern.“ Neue Häuser seien entstanden. Und die Stadt plant, diesen Bereich als Wohngebiet auszubauen. Das Mastprojekt wäre kontraproduktiv. Im unmittelbaren Umfeld eines Funkmastes werde sich kaum jemand ansiedeln, ist sich die Stadt sicher und nennt auch gleich entsprechende Paragrafen des Baugesetzes, denen das Vodafon-Vorhaben widerspreche. Und letztlich sei auch die topographische Lage des Funkmastes im Tal, als ungünstig zu bewerten. Ein weiterer Grund, das Projekt abzulehnen. Mehr könne die Stadt vorerst nicht tun. Denn bisher liege nur eine Anfrage vor, kein Bauantrag. So ähnlich sieht es auch der Kreis. Dort ist das Vorhaben noch gar nicht offiziell, also könne sich die Bauaufsicht auch nicht dazu äußern.

Verwirrung um Grundstückseigentümer

Mit dem Grundstückseigentümer habe die Stadt noch keinen Kontakt gehabt. Anwohner erfuhren dort aber nach eigenen Aussagen, dass von Funkmastplänen angeblich nichts bekannt sei. Bekannt ist aber, dass der Eigentümer, eine Firma, Insolvenz anmelden musste. Die Bausparkasse BHW als Gläubiger habe zudem ein Zwangsversteigerungsverfahren für das Gelände in Großröhrsdorf eröffnet, bestätigte ein Unternehmenssprecher. In das Thema Mobilfunkanlage sei die BHW nicht involviert. Vodafon auf jeden Fall. Dort wird seit der SZ-Anfrage recherchiert. Anfang der kommenden Woche wolle man Auskunft auf alle Fragen in der Sache geben.

Gerd Hörnig ist sich in jedem Fall sicher: „Ein solcher Bau würde der Stadtentwicklung entgegen laufen.“ Anwohner haben inzwischen eine Unterschriftensammlung gestartet. Eine Petition mit 350 Unterzeichnern übergaben sie jetzt der Stadt, mit der Bitte, diese an den Landrat weiterzuleiten. Das sei schon passiert, versicherte Bürgermeisterin Kerstin Ternes. Und ein Stadtrat merkte jetzt etwas verschmitzt an: Vielleicht könne die Stadt ja auch eine Veränderungssperre beschließen. So wie kürzlich bei einem Windkraftstandort.