Von Maik Brückner
Altenberg. Holger Menzer gerät schnell ins Schwärmen, wenn er von den Bergwiesen im Osterzgebirge spricht. Er kennt sie so gut wie kaum einer. Er ist oft hier, weiß, welche Gräser, Kräuter und Blumen hier wachsen, welche Vögel wann und wo brüten. Nur den Wachtelkönig hat er noch nie zu Gesicht bekommen. Das sei schade, aber nicht tragisch. Viel wichtiger ist ihm, dass der Bund den Erhalt und die Pflege der Bergwiesen weitere drei Jahre fördert. Damit kann das 2000 initiierte Naturschutzgroßprojekt Bergwiesen im Osterzgebirge fortgeführt werden, freut sich Menzer, der hier als Projektmanager tätig ist. Doch nicht nur er hat sich über diese Nachricht gefreut.


Auch Dr. Birgit Hertzog, die im Landratsamt die Abteilung Umwelt leitet. „Wir sind sehr stolz“, sagt sie. Denn es ist sehr ungewöhnlich, dass der Bund so ein Vorhaben über so viele Jahre fördert. Offenbar sind die Verantwortlichen sehr zufrieden mit der vor Ort geleisteten Arbeit. Und für die ist hauptsächlich Menzer zuständig. Er versucht seit Beginn des Projektes, praxisnahe Lösungen zu finden, um Landwirtschaft und Naturschutz unter einen Hut zu bringen. Dazu gehört zum Beispiel, dass er sich mit Ornithologen trifft, um Wiesen abzugehen und herauszufinden, wo bestimmte Vögel gerne nisten. Ist das klar, verhandelt er mit den Landwirten, die diese Wiese bewirtschaften. Menzer versucht sie dazu zu bringen, eine Mahd zu verschieben oder ganz darauf zu verzichten. Dadurch können die Vögel in Ruhe ausbrüten. Ähnliche Kompromisse handelt er für die Pflanzen aus. Denn es macht viel aus, wenn Wiesen nicht in einem Zug, sondern nur Stück für Stück gemäht werden.
Pflanzen können Samen besser verteilen
Für den Landwirt ist der Aufwand größer. Für den Natur- und Umweltschutz aber ein Erfolg, da die Pflanzen bei dieser Methode ihren Samen besser verteilen können. Das Ergebnis ist am besten auf der Wiese neben dem Klengelsteig, der Hirschsprung mit der Baude auf dem Geisingberg verbindet, zu beobachten. Hier begann der Landesverein Sächsischer Heimatschutz bereits 1925 mit der Pflege. Dazu gehörte, dass die erste Mahd erst nach dem 15. Juli erfolgt. Das ist heute wieder so, sagt Menzer. Darauf hat er sich mit dem Landwirt, der diese Fläche im Auftrag des Naturschutzgroßprojektes bewirtschaftet, verständigt. Mit ihm hat er auch vereinbart, einen 2 000 bis 3 000 Quadratmeter großen Teil der Fläche später zu mähen. Denn hier brütet der Wachtelkönig. „Wir haben hier seit Jahren 25 bis 30 Brutpaare“, sagt er. Das ist einmalig in der Region und ein wichtiger Beitrag zum Artenschutz. Vor Jahren stand diese Vogelart auf der Liste der bedrohten Tiere.
Eine Studie soll Fragen beantworten
Neben den Absprachen zur Pflege der Flächen bemüht sich Menzer im Auftrag des Landkreises auch um den Flächenkauf. Damit möchte der Landkreis seine Gestaltungskraft vergrößern. Und das ist ihm gelungen. Seit dem Beginn des Projektes konnte der Landkreis 570 Hektar Land aufkaufen. Bis zum Projektende sollen noch einmal 150 Hektar dazukommen. Für die Landwirte, die diese Flächen bewirtschaften, wird sich durch den Eigentümerwechsel nichts ändern. Die Absprachen zur Pflege gelten weiter, sagt Menzer.
Offen ist, wie es nach 2018 auf den Bergwiesen weitergeht, wenn das Projekt ausläuft. Erste Ideen gibt es schon. Vorstellbar ist, dass das Naturschutzgroßprojekt als Naturpark weiter geführt wird, für den dann hauptsächlich das Landratsamt und die Stadt zuständig sind. Möglich ist aber auch, dass im Osterzgebirge ein Biosphärenreservat nach dem Vorbild in der Lausitz gegründet wird. Hier wäre dann neben Stadt und Kreis auch der Freistaat mit im Boot. Um ein Biosphärenreservat zu gründen, bräuchte man ein größeres Gebiet, sagt Frau Hertzog. Vorstellbar wäre es, die Mittelgebirgslandschaft um Oelsen zu integrieren, die für das Landratsamt den Charakter eines sogenannten Erprobungs- und Entwicklungsgebietes hat.
Bergwiesen fördern Tourismus
Die Vor- und Nachteile von beiden Varianten werden jetzt untersucht. „Wir arbeiten an einer Machbarkeitsstudie“, sagt Frau Hertzog. Diese soll 2016 fertig werden. Dann sollen sich die Stadt Altenberg und der Landkreis Sächsische Schweiz-Osterzgebirge mit den Möglichkeiten befassen. Egal wie das Votum dann ausfällt, Menzer ist wichtig, dass die artenreichen Bergwiesen im Osterzgebirge erhalten werden. Die sind nicht nur schön, sondern können auch einen Beitrag für den Tourismus leisten, Arbeitsplätze sichern und schaffen. Dafür möchte er den Gremien Vorschläge machen. Andere Regionen haben es vorgemacht. Warum, so Menzer, sollte das nicht im Osterzgebirge funktionieren?