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Haft unterm Hakenkreuz

Ab September wird in der Gedenkstätte Bautzen an ein weiteres dunkles Kapitel der Gefängnis-Geschichte erinnert.

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© dpa

Bautzen. Die Dauerausstellung in der Gedenkstätte Bautzen wird jetzt um einen wichtigen Punkt erweitert: Neben der Geschichte des Stasi-Gefängnisses und des sowjetischen Speziallagers beleuchtet das Haus in der Weigangstraße künftig ein weiteres dunkles Kapitel: die Rolle der Bautzener Gefängnisse während des Nationalsozialismus. Am 19. September wird der neue Abschnitt eröffnet, teilt die Stiftung Sächsische Gedenkstätten mit.

Im Mittelpunkt der Ausstellung stehen die Geschichten von Männern und Frauen, die als Gegner des NS-Regimes in Bautzen inhaftiert waren: darunter Kommunisten, Sozialdemokraten, Sorben, Juden und Zeugen Jehovas. Ein Beispiel ist das Schicksal von Julius Bändel. Der Tapezierer geriet wegen „Nichtanmeldung des jüdischen Zusatznamens“ in die Fänge der NS-Justiz. Ab August 1938 mussten deutsche Juden diskriminierende zweite Vornamen annehmen. Männer hießen nun „Israel“, Frauen wurden „Sara“ genannt. Auf Zuwiderhandlungen stand Zuchthaus. Auch die Geschichte des prominentesten Häftlings der Nazi-Zeit wird dokumentiert. Der Vorsitzende der KPD – Ernst Thälmann – saß ein Jahr lang in Bautzen in Haft, bevor er 1944 im KZ Buchenwald umgebracht wurde.

30 Biografien erforscht

Andere Gefangene gerieten wegen Nichtigkeiten ins Visier: Seit Kriegsbeginn 1939 galt jeder als verdächtig, der aus Sicht der Nazis nicht Teil der „Volksgemeinschaft“ war. Schon das Hören von „Feindsendern“ oder das Erzählen eines Hitlerwitzes konnten zur Verhaftung führen.

Die Arbeiten zur Erweiterung der Ausstellung laufen seit 2015. In dieser Zeit erforschten die Mitarbeiter der Gedenkstätte unter anderem 30 Biografien. Neben den Lebensläufen der Opfer sind darunter auch die Geschichten der Täter. Historische Fotos und Texte zeigen, wie die NS-Ideologie von den Justizbeamten aufgenommen wurde. Und sie belegen Grausamkeit und menschenverachtenden Praktiken. Dokumentiert ist so zum Beispiel der Fall eines Bautzener SA-Manns, der freiwillig ins Gefängnis kam, um dort Kommunisten zusammenzuschlagen.

Mit der Eröffnung der Ausstellung endet auch ein politischer Streit: Denn ursprünglich sollte diese bereits im Januar 2017 fertig sein. Kritiker warfen der Gedenkstätten-Stiftung deshalb vor, das Vorhaben nicht ausreichend mit Personal und Geld zu unterstützen. Die Stiftung wies dies zurück. Die Gedenkstätte Bautzen verfüge über mehr Personal als andere Erinnerungsorte in Sachsen. (SZ/us)