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Halloren kauft Delitzscher Schokolade

In der Delitzscher Straße von Halle, hinter alten Backsteinmauern, rattern die Maschinen, huschen die Mitarbeiter und rollen die Transporter. „Wir sind schon im Weihnachtsgeschäft, da wäre es schlimm,...

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Von Manfred Schulze

In der Delitzscher Straße von Halle, hinter alten Backsteinmauern, rattern die Maschinen, huschen die Mitarbeiter und rollen die Transporter. „Wir sind schon im Weihnachtsgeschäft, da wäre es schlimm, wenn wir nicht volle Leistung fahren würden“, sagt Klaus Lelle, Vorstandschef der Halloren Schokoladen AG.

Dem Unternehmen geht es offenkundig mehr als nur gut: Neben dem Massengeschäft mit den Kugeln mischt Lelle inzwischen auch im hochpreisigen Segment der feinen Confiserie mit. Nach dem Börsengang vor zwei Jahren füllte sich die Kriegskasse für Zukäufe und Investitionen. Er hatte sogar noch Geld übrig, um ein Schokoladenmuseum in der Fabrik aufzubauen.

Tradition verpflichtet

Nur 30 Kilometer auf der Straße in Richtung Osten, am Rand des sächsischen Delitzsch, gab es nach der Wende ebenfalls eine Schokoladenfabrik. Auch bei ihr reicht die Tradition zurück auf 1884 und einen guten Namen. „Delitzscher“ kannte man im Osten, der alte Gründername „Böhme“ kam für alte Westler dazu. Mehr als 300 Mitarbeiter standen dort auf den Gehaltslisten – weniger zwar, als vor der Wende, aber viel mehr als bei den Halloren.

250 waren es noch im August, als Geschäftsführer Werner Pithan beim Amtsgericht Insolvenz anmeldete. Gestern nun konnte nun Verwalter Michael C. Frege einen Erfolg verkünden: Zwar gibt es – wie schon erwartet – keine Zukunft für das bisher eigenständige Unternehmen, doch Halloren kauft die Anlagen und Markenrechte. Die Produktion wird durch eine neue Tochtergesellschaft mit zunächst 130 Mitarbeitern weitergeführt.

Lelle will dafür sorgen, „dass die Maschinen spätestens zum Wochenbeginn wieder laufen“. Die Kunden seien schließlich treu geblieben. Die restlichen Delitzscher- Mitarbeiter kommen zunächst bei einer durch Halloren mitfinanzierten Beschäftigungsgesellschaft unter – mit der Chance, eines Tages in Delitzsch wieder einsteigen zu können oder sofort in der Delitzscher Straße in Halle. „Wir brauchen qualifizierte Leute“, sagt Lelle.

Beide Firmen passen offenbar recht gut zusammen. Der Halloren-Chef machte nach wochenlangen Verhandlungen um den Kaufpreis klar, dass die technische Ausrüstung „sehr modern, in einigen Bereichen sogar einzigartig“ sei. Auch die Marke sei gut. Lelle muss das wissen: Halloren fertigt bereits seit Längerem die „Meisterhand-Pralinen“ in Lizenz, einst ein Flaggschiff der Delitzscher. Man werde sich jedoch auf jene Teile der Produktion konzentrieren, mit denen man Geld verdienen könne. Alles andere werde in Ruhe geprüft, vieles bereinigt, vor allem in der Grundstoffproduktion.

Börse honoriert den Kauf

Lelle: „Wir haben einen angemessenen Kaufpreis bezahlt und haben dafür ein entschuldetes Unternehmen bekommen.“ Er wolle mit der neuen Tochtergesellschaft vom ersten Tag an Geld zu verdienen. „Das erwarten unsere Aktionäre“. Die Börse honorierte gestern den Kauf: Die Halloren-Aktie legte um fast 16 Prozent zu und kommt mit 6,20 Euro fast an ihr 52-Wochen-Hoch heran. Lelle will die Marke „Delitzscher“ erhalten und sogar wieder bewerben. Die Politik in der nordsächsischen Stadt atmet auf. Große Neuansiedlungen gab es seit Jahren nicht, dafür schloss die Zuckerfabrik, die Kreiswerke stecken in Problemen.

Bei den Gläubigern von Delitzscher wird die Lösung kaum auf Freude stoßen, vor allem nicht bei der Sparkasse Leipzig. Die steckt selbst in schwerer See ist und streicht ihr Filialnetz zusammen. Der Abschlussbilanz 2006/07 zufolge betrugen die Verbindlichkeiten der Delitzscher gegenüber Kreditinstituten 15,4 Millionen Euro.

Lelle will noch mehr. „Wir haben die Übernahme zu zwei Dritteln fremdfinanziert, haben noch immer Geld in der Kasse“, sagt er. Das Pulver sei noch nicht verschossen. „Unser Appetit ist noch nicht gestillt.“