Von Susann Kreutzmann
Mit dem früheren CDU-Vorsitzenden Rainer Barzel ist einer der prägenden Politiker der deutschen Nachkriegsgeschichte gestorben. Bundeskanzlerin Angela Merkel würdigte den ehemaligen Bundestagspräsidenten als „aufrechten Demokraten und glühenden Patrioten“, der stets für die Wiedervereinigung gekämpft habe. Barzel war in der Nacht zum Sonnabend mit 82 Jahren nach langem, schwerem Krebsleiden gestorben.
In der ersten Großen Koalition im Bund spielte der promovierte Jurist zusammen mit dem SPD-Fraktionschef Helmut Schmidt eine maßgebliche Rolle. 1972 strengte er im Bundestag das bislang einzige Misstrauensvotum gegen den damaligen Kanzler Willy Brandt an. Zwei Stimmen fehlten dem Oppositionsführer zum Erfolg. Der ehemalige DDR-Spionagechef Markus Wolf bestätigte später, dass zumindest ein Abgeordneter mit 50 000 Mark bestochen worden war. Auch in der Niederlage bewahrte Barzel Haltung. Unvergessen bleibt sein Händedruck mit Bundeskanzler Willy Brandt nach dem gescheiterten Misstrauensvotum. Ein Jahr später trat Barzel als Unionsfraktionschef zurück und verzichtete auch auf eine erneute Kandidatur zum CDU-Vorsitz.
Rücktritt nach Flick-Affäre
Barzel führte die CDU von 1971 bis 1973. Von 1982 bis 1983 war er Bundesminister für innerdeutsche Fragen in der Regierung unter Helmut Kohl (CDU). 1983 wurde er Bundestagspräsident. Ein Jahr später geriet er im Zusammenhang mit der Flick-Affäre unter Kritik, nachdem bekannt geworden war, dass Flick einer Frankfurter Anwaltskanzlei, in der auch Barzel tätig gewesen war, Honorare von insgesamt 1,7 Millionen Mark überwiesen hatte. Barzel wehrte sich entschieden gegen die vermutete Verbindung von Honorarzahlung und Einflussnahme auf seine politische Tätigkeit, trat aber 1984 als Bundestagspräsident zurück. 1987 verließ er auch den Bundestag, blieb der CDU aber eng verbunden. So sparte er nicht mit Kritik an der Regierungspolitik und warf seiner Partei mangelndes Profil vor. Barzel war 30 Jahre Bundestagsabgeordneter.
Geboren wurde Barzel am 20. Juni 1924 in Ostpreußen. Nach dem Abitur nahm er am Zweiten Weltkrieg bei der Luftwaffe teil. 1945 begann er ein Studium der Rechtswissenschaften und promovierte 1949. Barzel war in dritter Ehe mit der Regisseurin und Schauspielerin Ute Cremer verheiratet und lebte in Bayern. (AP)