Von Silvia Stengel
Eines der niedlichsten und anmutigsten Geschöpfe unter den europäischen Nagetieren soll sie sein: die Haselmaus. Sie ist ungefähr so groß wie unsere Hausmaus, bevorzugt Mischwälder und frisst gern Haselnüsse. Sogar ein sanftes Wesen wird ihr nachgesagt. Diese Maus steht unter Schutz. Deswegen hat sie den Menschen in Bischofswerda jetzt einen Dienst erwiesen. Für die Stadt soll nämlich eine Umgehungsstraße gebaut werden – „hoffentlich bald“, wie Lutz Günther vom Straßenbauamt in Bautzen sagt. „Es fehlt nur noch das Geld vom Bundesverkehrsministerium.“ Aber wie das so ist: Die Kosten werden geprüft. Eine Brücke, die für Wanderer geplant war, musste gestrichen werden. Günther, Abteilungsleiter für Brückenbau, hat dies schweren Herzens getan. Für ihn war es wichtig, die Wanderwege wieder zu verknüpfen, die durch die Straße getrennt werden.
Dann half ihm die Haselmaus – sozusagen. Die lebt in einer Kleingartenanlage in Bischofswerda und im Wald am Rande der Stadt. Naturschützer meldeten sich: Die Maus sei vom Aussterben bedroht. Es müsse natürlich etwas getan werden, damit die süßen Vertreter nicht platt gefahren werden. So kam wieder die Brücke ins Spiel, erzählt Günther, nun eben nicht mehr als Wanderwegbrücke, sondern als Mäusebrücke. 100 000 Euro soll sie kosten.
In der wirtschaftlich nicht gerade starken Oberlausitz ist das viel Geld für eine Maus. Da würde vielleicht sogar ein Tierfreund mit dem Kopf schütteln. Doch auch den kann Günther beruhigen. Er hat seine Pläne für die Wanderbrücke wieder herausgeholt und beides gekoppelt. Über die neue Brücke würden also Maus und Mensch einträchtig die Straße überqueren. Das Ganze heißt jetzt „Haselmausbrücke mit Wandermöglichkeiten“.
Ob die Maus dann auch den Übergang findet, ist eine andere Sache. Zumindest hat das Straßenbauamt dafür „lange recherchiert“, sagt Günther. Es fand sich ein vergleichbares Projekt mit dem Japanischen Schläfer, der einer Haselmaus ähnelt. So wurde eine relativ einfache Brückenkonstruktion entwickelt, bei der sich die Tierchen im Astwerk fortbewegen können.
In der Zwischenzeit hat Günther viel über die Haselmaus dazugelernt. „Ich habe sie sogar ein bisschen lieb gewonnen“, sagt er. Aber selbst, wenn sie die Brücke nicht annimmt, eins ist für ihn ganz sicher: „Der Wanderer geht rüber.“