Von Ulrike Keller
Weinböhla. Nach der schweren Explosion in einem Einfamilienhaus auf der Weinböhlaer Rathausstraße gibt es eine sichere Erkenntnis: Das Eigenheim hatte keinen Gasanschluss. Kreisbrandmeister Ingo Nestler zufolge ist dies das Ergebnis von umfangreichen Tests durch die Enso.
Explosion in Weinböhla
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Am Sonnabend in den Mittagsstunden hatte ein Mitarbeiter vom Havariedienst des Unternehmens mit einer speziellen Sonde nach möglichem Gas gesucht. Dabei führte er das Messgerät in verschiedene unterirdische Bereiche außerhalb des betroffenen Gebäudes ein, etwa in den Boden des Vorgartens, des Fußweges sowie auf angrenzenden Grundstücken. Nirgends wird austretendes Gas nachgewiesen.
Das Eigenheim konnte schon da nur noch zu Teilen im Erdgeschoss betreten werden. Es galt als unbewohnbar und einsturzgefährdet. Gegen 15 Uhr stellten Einsatzkräfte des Technischen Hilfswerks (THW) Radebeul fest, dass sich die Hauswand weiter geneigt hatte. Und das trotz der Stützkonstruktionen aus Holz, die am Vormittag gebaut worden waren. „Die Giebel gingen auseinander, die Wand drohte einzubrechen“, sagt der Kreisbrandmeister. Um die Nachbargrundstücke zu schützen, habe die Polizei, die Feuerwehr Weinböhla und das THW gemeinsam entschieden, den oberen Bereich abzureißen. Einsatzkräfte entfernten Obergeschoss samt Dachstuhl. Die Arbeiten erfolgten im Beisein des Brandursachenermittlers der Polizei.
Dabei wurden im Haus keine Propangasflaschen gefunden, allerdings mehrere Deosprayflaschen, berichtet Ingo Nestler. „Sie waren deformiert durch die Explosion“, sagt er. Der Brandursachenermittler habe sie zur Untersuchung mitgenommen.
Der Kreisbrandmeister bezeichnet es als „recht ungewöhnlich“, dass es zu solch gravierenden Detonationsauswirkungen mit weitgehend abgedecktem Dachstuhl und verrückten Wänden komme, man aber keine Gasquellen finde. Näheres herauszufinden, liege nun in den Händen der Polizei.
Das Thema Sprayflaschen hatte bereits kurz nach dem Unglück für Gesprächsstoff auf der Rathausstraße gesorgt. Mehrere Augenzeugen schilderten, die jüngere der zwei Bewohnerinnen habe bei ihrer Rettung aus dem Obergeschoss des Hauses in Richtung der Rettungskräfte öfter per Handbewegung angedeutet, dass sie mit einer Spraydose hantierte, als es passierte.
Bei dieser Frau handelt es sich um die erwachsene Tochter, die mit ihrer 79-jährigen Mutter das Haus bewohnte. Während die alte Dame unverletzt blieb, erlitt die Tochter schwere Brandverletzungen. Ingo Nestler zufolge wurde sie per Rettungshubschrauber nach Leipzig in eine Spezialklinik geflogen. Die Seniorin wurde zunächst von Nachbarn aufgenommen und kam dann in einer Einrichtung des Betreuten Wohnens unter.
Weinböhlas Bürgermeister Siegfried Zenker (CDU) äußerte sich erfreut und dankbar über den tollen Zusammenhalt in der Gemeinde. Auf der Straße habe man sich in der existenziellen Situation schnell und unkompliziert geholfen. „Wir hoffen, dass schnell geklärt werden kann, was ursächlich war“, sagt er. Der Eigenbetrieb habe inzwischen noch das Wasser abgeklemmt, damit nirgends etwas austrete. „Vor allem aber hoffen wir, dass es der verletzten Dame schnell wieder besser geht.“
Am Sonnabendmorgen hatte es in Weinböhla gegen 6.15 Uhr einen extrem lauten und dumpfen Knall gegeben. Er wurde Anwohnern zufolge bis zur Hauptstraße und weiter gehört. Viele alarmierten sofort Feuerwehr und Polizei. Ein ausgebildetes Mitglied der Freiwilligen Feuerwehr, das gleich gegenüber wohnt, machte sich umgehend auf zur Unglücksstelle. Gemeinsam mit einem anderen Helfer, so erzählen Augenzeugen, rettete er die Seniorin durch ein Erdgeschossfenster ins Freie.
Binnen weniger Minuten trafen die Freiwilligen Feuerwehren Weinböhla, Coswig, Niederau, Großdobritz und Ockrilla ein. Der Einsatzleiter der Freiwilligen Feuerwehr Weinböhla, Steffen Schiche, sagte der SZ: „Ich bin seit über 33 Jahren im Dienst. So etwas habe ich hier im Ort noch nicht erlebt.“