Dresden
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Hechtfest trotz Groß-Demo gut besucht

Vor allem Familien bevorzugten das entspannte Straßenfest in Dresden. Dort gab es eine Anti-Trödel-Aktion. 

Von Nora Domschke
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Kritik mit Augenzwinkern: Claudia Uhlig (Mitte) und ihre Nachbarinnen haben vor ihren Häusern in der Hechtstraße das „Anti-Konsum-Areal“ auf die Beine gestellt. Hier muss nichts gekauft werden, Spenden sind unerwünscht. Ihnen wird zu viel getrödelt.
Kritik mit Augenzwinkern: Claudia Uhlig (Mitte) und ihre Nachbarinnen haben vor ihren Häusern in der Hechtstraße das „Anti-Konsum-Areal“ auf die Beine gestellt. Hier muss nichts gekauft werden, Spenden sind unerwünscht. Ihnen wird zu viel getrödelt. © René Meinig

Zurück zu den Wurzeln – unter diesem Motto könnte die Aktion stehen, die sich die Gemeinschaften der Wohnhäuser in der Hechtstraße 26 und 28 ausgedacht haben. Denn das Hechtfest, das am Wochenende im Hechtviertel stattgefunden hat, will vor allem Anwohner dazu bewegen, sich zu beteiligen und kreativ zu sein. Vor ihren Eingängen haben die Hechtstraßenbewohner ein sogenanntes „Anti-Konsum-Areal“ eingerichtet, ausgestattet mit gemütlicher Couch, Teppich und Stühlen. Wer geschafft ist von der Hitze, findet hier ein ruhiges Plätzchen und Anwohner zum Plauschen – so der Gedanke, der dahinter steht. Aber es ist auch ein wenig Kritik damit verbunden. „Bitte keine Spende!“ ist auf einem Schild zu lesen. „Wir wollen damit bewusst etwas bieten, was nichts kostet“, sagt Claudia, die in einer der dreizehn Wohnungen der Hausgemeinschaften lebt. Denn das Hechtfest habe sich irgendwie zum Riesen-Flohmarkt entwickelt.

Tatsächlich reiht sich zum elften Hechtfest in den Straßen und auf dem Platz vor der St.-Pauli-Kirchruine Trödelstand an Trödelstand. „Mit Kindern kommst du hier nicht durch, ohne dass sie dich anbetteln, damit du etwas kaufst.“ Claudia wünscht sich, dass wieder mehr Innenhöfe wie ihrer geöffnet sind, so wie seit Jahren zum Hechtfest. Alle beteiligen sich, organisieren Konzerte, machen Kaffee und Kuchen, stehen hinter der Bar. Gäste haben sie auch an diesem Wochenende genug. Obwohl die Sorge groß war, dass es vor allem am Sonnabend zu wenige sein könnten.

© René Meinig
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Denn parallel findet die Großdemonstration „Unteilbar“ auf der anderen Elbseite statt. Die Sorge bleibt letztlich unberechtigt. An allen drei Tagen ist das Areal zwischen der Hecht- und Rudolf-Leonhard-Straße gut besucht. Und das hat seinen Grund. „Ich wäre schon gern zur Demo gegangen, aber nicht mit meinen Söhnen“, sagt Susi Meseck. Mit ihren Jungs hat sie es sich vor der Kirchruine am Königsbrücker Platz gemütlich gemacht. So wie unzählige andere Familien haben sie ihre Picknickdecke ausgebreitet, darauf liegen Kinder-CDs, Bücher, Autos, Spiele. Bereits zum dritten Mal bringt die Familie aus Pieschen aussortiertes Spielzeug aus ihren Kinderzimmern auf dem Hechtfest an die meist kleinen Besucher. „Wir mögen dieses Fest, es ist familiär, nicht so kommerziell wie die anderen großen Straßenfeste und wir müssen uns zum Trödeln auch nicht anmelden“, sagt die 39-jährige Mutter.

Diese entspannte Picknick-Atmosphäre genießen auch Tommi und Katja, die ebenfalls mit ihren Kindern da sind. Beide unterhalten sich an einem Tisch an der Ecke zur Rudolf-Leonhard-Straße angeregt über die Demonstration, bei der Zehntausende mitlaufen. „Ich verfolge das Geschehen im Live-Ticker, weil es mich sehr interessiert und ich das vor allem für Dresden wichtig finde“, erklärt der 31-jährige Tommi. Auch er wäre gern auf die Straße gegangen. Aber auch er hat Sorge, ob das für ihn und seine kleine Tochter zu gefährlich sein könnte, wenn es Ausschreitungen geben würde. Der gebürtige Dresdner wohnt in Berlin und war dort mit mehr als 200.000 Menschen auf der „Unteilbar“-Demo. „Ich finde es super, dass nun auch in Dresden sehr viele Menschen auf die Straße gehen.“

Dem Hechtfest zieht die Großveranstaltung offenbar keine Besucher ab, zumindest nicht in einer Zahl, die deutlich spürbar ist. Diesen Eindruck bestätigt auch Silvio Berger, der seit fünf Jahren mit seinem „Dampfschwein“ auf dem Hechtfest ist. In seinem Streetfood-Truck bereitet er unter anderem Burger zu, an Kunden fehlt es ihm am Sonnabend nicht. Trotzdem habe er das Gefühl, dass auf den Dresdner Straßenfesten allgemein etwas weniger los ist. „Vielleicht liegt das auch einfach nur am Geld“, mutmaßt er.

Sebastian Berlik, der zum zweiten Mal mit seinen Kumpels den Cocktailstand „Bar 69“ betreibt, ist jedenfalls zufrieden mit seinem Umsatz. „Das Hechtfest hat einen eigenen Charme, unser Standplatz hier am Rand des Festes ist super, alle sind sehr entspannt“, sagt Sebastian Berlik, der seine Cocktails am Königsbrücker Platz anbietet. „Man spürt deutlich, dass das Hechtfest mit viel Herzblut gemacht wird.“