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Heftige Kritik an Bombardier-Verkaufsplänen

Gewerkschaft und Politiker warnen vor der Quantum GmbH. Heute nahmen am Warnstreik in Görlitz vorm Waggonbau 750 Beschäftigte teil, darunter einige von Siemens.

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© Pawel Sosnowski

Von Matthias Klaus und Sebastian Beutler

Görlitz. Bockwurst und Kaffee gibt es für alle, egal ob Mitarbeiter von Bombardier oder Siemens. Die IG Metall gibt aus. Siemensianer hatten sich gestern dem Warnstreik vor dem Bombardier-Werkstor angeschlossen. Die Gewerkschaft hatte dazu aufgerufen. Das große Thema der Kundgebung: Der SZ-Bericht über die Verkaufspläne von Bombardier. „Es kann doch nicht sein, dass ein Investor, der gerade den Waggonbau Niesky an die Wand gefahren hat, nun das Görlitzer Bombardier-Werk kaufen will“, sagt Jan Otto, Chef der IG Metall Ostsachsen. Gemeint ist damit die Quantum Capital Partners GmbH aus München, Noch-Eigentümer des insolventen Waggonbaus Niesky. Quantum gilt als einer der Interessenten für Bombardier in Görlitz. Quantum, so befürchtet Gewerkschaftschef Jan Otto, wolle nur Geld aus dem Görlitzer Werk ziehen. Einem Verkauf generell stehe die IG Metall dabei nicht im Weg– unter bestimmten Bedingungen. Die heißen etwa: Alle Beschäftigten bleiben, es  gibt verbindliche Absprachen zu den Leiharbeitern und alle Tarifverträge werden eingehalten. „Bombardier darf nicht als Filetstück für Heuschrecken aus dem Konzern herausgenommen werden“, sagt Jan Otto. Inzwischen reagieren auch Politiker auf die Verkaufspläne. Der Görlitzer CDU-Landtagsabgeordnete Octavian Ursu teilt mit: „Unser Görlitzer Waggonbau darf auf keinen Fall an eine Investment-Gesellschaft verkauft werden, die nur an Gewinnmaximierung interessiert ist.“ Die Konsequenzen solcher Entscheidungen seien derzeit im Waggonbau Niesky zu spüren.

AfD-Landtagsabgeordneter Sebastian Wippel sieht es so: „In welcher Weise Bombardier sein Werk in Görlitz an die Wand fährt, zeigt sehr deutlich, dass der Konzern kein Interesse mehr an dem Standort hat. Das einzig Gute daran: Das Werk dürfte dadurch sehr günstig zu haben sein.“ Aus diesem Grund solle die Möglichkeit geprüft werden, es eigenständig zu machen. „Wenn hierfür die Hilfe des Staates nötig sein sollte, muss der Freistaat Sachsen parat stehen, denn es gilt jetzt den Strukturwandel in der Lausitz zu meistern“, so Wippel. Es nütze nichts, womöglich überlebenswichtige Investitionen in die Zukunft zu verschieben. Für den Görlitzer Oberbürgermeister Siegfried Deinege sind weder Siemens noch Bombardier in der Stadt Sanierungsfälle. Mit dem Hochgeschwindigkeitszug für die Schweizer Bundesbahnen oder mit den Industriedampfturbinen verfügten die Werke über Spitzentechnologie, die nun entweder in die alten Bundesländer verlagert werden sollen oder nach Polen. So habe Bombardier in Wroclaw für 40 Millionen Euro ein Werk hochgezogen, um dort die Wagenkästen für die ICx-Reihe herzustellen. Doch das spezielle Laser-Schweißverfahren sei in Görlitz entwickelt worden. „Bombardier hat diesen Auftrag nur bekommen, weil wir die Technologie hatten“, erklärte Deinege. „Und nun wird dieser Auftrag für Siemens nicht in Görlitz, sondern in Wroclaw ausgeführt.“ So etwas dürfe nicht geschehen. Wer diese Verlagerung zuließe, der dürfe sich anschließend nicht über die Wahlergebnisse wundern. Dass jetzt mit der Quantum Capital Partners GmbH ein künftiger Investor beim Görlitzer Bombardier-Werk im Gespräch sei, hält Deinege für ein Unding. Als er darüber vom sächsischen Wirtschaftsministerium informiert wurde, habe er nur gesagt: „Wenn Ihr das zulasst, dann weiß ich nicht, was die Menschen hier machen.“

Ähnlich sieht es René Straube, Betriebsratschef von Bombardier in Görlitz. „Der Verkauf an Quantum muss mit allen Mitteln verhindert werden“, sagt er am Donnerstag während des Warnstreiks. Und er stellt gleichzeitig die Frage: „Sind wir denn nur ein geduldetes Stiefkind, bis alle Aufträge abgearbeitet sind?“ Hintergrund ist der Großauftrag mit der Schweizerischen Bundesbahn (SBB). Die Gründe für die Verzögerung des Projektes sieht René Straube weder bei den Kollegen in Görlitz noch in der Schweiz. „Die Kollegen in Villeneuve sind einfach nicht in der Lage, ihre Aufgaben zu erledigen“, sagt der Betriebsratschef. Ein Grund sei die mangelhafte Infrastruktur rund um das Werk in der Schweiz. Deshalb, so Straube, bleiben halb fertige Wagen in Görlitz stehen. Verantwortlich für die Misere sei das Management.