„Heidenau macht sich hässlicher und schlechter als es ist“

Die Schließung des Cafés auf der Thälmannstraße hat die Debatte um das Heidenauer Zentrum aufflammen lassen. Viel wird darüber diskutiert, dass der Stadt und ihren Einwohnern die Mitte fehlt. Aber das ist nicht alles, sagt Claudia Benedickt. Sie ist seit fast sieben Jahren Vorsitzende des Zentrumsvereins und glaubt an Heidenau und kämpft für die Stadt.
Das Café war bzw. ist Ihr Nachbar. Woran hat es Ihrer Meinung nach gelegen, dass nun der dritte Anlauf scheiterte, Frau Benedickt?
Es braucht jemanden, der sich für seinen Laden aufopfert, vor Ort ist, Gesicht zeigt, Unternehmergeist hat und innovativ ist. Jemand, der für seinen Laden lebt. Eben inhabergeführt.
Was für so einen Laden würden Sie sich denn anstelle des Cafés oder auf der Straße insgesamt wünschen?
Etwas, was es nicht im Internet gibt.
Was gibt es denn nicht im Internet?
Etwas zum Befühlen zum Beispiel. Es wird schon was geben, wer will, findet etwas. Kunst zum Beispiel. Das, was die Goldschmiede auf der Ernst-Thälmann-Straße macht, ist einzigartig. Ganz individuelle Dinge, wie eine handgefertigte Kette als Unikat, die es so nicht im Internet gibt.
Aber wie oft lässt man sich so was machen. Davon kann wohl keine Goldschmiede leben.
Es geht auch mal etwas kaputt. Es sind einfach schöne Sachen, das spricht sich herum. Genau wie die Parfümerie, die das hat, was man bei Rossmann nicht erhält.
Nun sind das ja zwei Geschäfte, von denen es auf der sich zur Gesundheitsmeile wandelnden Ernst-Thälmann-Straße immer weniger gibt. Ist dieser Wandel die Chance für die Straße?
Ich denke, die Angebote ziehen viele an.
Aber um zum Café zurückzukommen, wer beim Arzt war, hat wahrscheinlich keine Lust, ins Café zu gehen…
Sicher, das passt nicht. Aber es gibt auch Friseur, Kosmetik, den Hörgeräteakustiker und andere. Ich denke, das ist nicht das Problem. Heidenau sollte mehr daran arbeiten, dass mehr Leute herkommen. Das fängt bei den seit Jahren versprochenen Hinweisen am Radweg auf das Stadtzentrum an. Auch von den Hoteliers hört man wenig bis nichts.
Wenn ich eine Radtour mache, will ich nicht einkaufen, zum Arzt oder bummeln. Und wenn die Anbieter von Übernachtungen Probleme hätten, würden sie sich schon kümmern. Die leben offenbar ganz gut von der Dresdner Nähe.
Wollen wir denn immer bei dem bleiben, was ist und zufrieden sein, ohne Anspruch? Wir brauchen Visionen, Ziele, auch Fernziele und große, an deren Umsetzung man Stück für Stück arbeitet.
Welche Visionen haben Sie?
Wir müssen Heidenau touristisch aufpeppen. Unsere Lage ist fantastisch – zwischen drei touristischen Brennpunkten: Dresden, Sächsische Schweiz, Osterzgebirge. Wir haben hier alle Infrastruktur.
Aber warum soll jemand, der woanders hin will, in Heidenau Station machen?
Weil er hier schön übernachten, gut essen und alles von hier aus erreichen kann.
Da fehlt aber schon noch einiges an Übernachtungen, Gastronomie…
Da ist dran zu arbeiten. Genau wie an der besseren Vermarktung. Heidenau ist besser als sein Ruf. Macht die Stadt sich selbst attraktiv, kommen auch die Leute und das Selbstbewusstsein der Heidenauer wächst. Doch bisher macht sich Heidenau oft hässlicher und schlechter, als es ist. Wer sagt, er kommt aus Heidenau, sagt dass manchmal so, als ob er sich dafür entschuldigt.
Wie kommen die Stadt und ihre Einwohner zu mehr Selbstbewusstsein?
Das ist eine spannende Frage. Ich würde damit anfangen, noch mehr Leute einzubeziehen in die Verschönerung unserer Stadt. Wenn ich das selbst mache, bin ich stolz. Wenn viele in ihrem Umfeld in dieser Richtung etwas machen, bin ich überzeugt, hebt das auch das Selbstbewusstsein.
Haben Sie als Zentrumsverein schon mal versucht, andere Heidenauer in die Gestaltung der Straße einzubeziehen?
Ja. Zum Beispiel die Schüler der Goethe-Oberschule. Doch das erwies sich jedoch als sehr schwierig, mir schien wie nicht gewollt.
Werden Sie es wieder versuchen?
Natürlich. Heidenau ist es wert.
Das Gespräch führte Heike Sabel.