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Heidenauer Zentrumsverein löst sich auf

Zehn Jahre haben zu wenige Mitglieder gekämpft, organisiert, gestritten. Corona gibt nicht den Ausschlag, ist aber auch nicht unschuldig am Aus. Eine Analyse.

Von Heike Sabel
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Apothekerin Claudia Benedickt hat für das Heidenauer Zentrum gekämpft und wird das auch weiterhin, nur nicht mehr im Verein und als deren Vorsitzende.
Apothekerin Claudia Benedickt hat für das Heidenauer Zentrum gekämpft und wird das auch weiterhin, nur nicht mehr im Verein und als deren Vorsitzende. © Daniel Schäfer

Die Einladung zur Vereinsmeile kam vor einiger Zeit bereits vom Zentrumsmanager. Die meisten dachten sich nichts dabei. Schließlich sind Management und Verein seit Langem Partner. Nun nicht mehr. Denn der Verein hat einstimmig seine Auflösung beschlossen.

Eine Entscheidung, die Folgen für die Stadt hat. Der Vereine war zu einem nicht wegzudenkenden Teil geworden, der manches angeschoben hat. Doch er stieß an seine Grenzen. Personell und kräftemäßig. Und dann kam auch noch Corona mit all dem, was noch folgen wird. Das zu stemmen, dazu sehen wir uns nicht mehr in der Lage, heißt es in einem Schreiben des Vereins. Die Entscheidung sei nicht von heute auf morgen gefallen, sagt Vorsitzende Claudia Benedickt. "Die Verantwortung ist zu viel geworden."

Bürgermeister Jürgen Opitz (CDU) bedauert die Auflösung des Vereins außerordentlich, sagt er. Die Beharrlichkeit von Claudia Benedickt und den Mitstreitern habe manches verändert, Beispiel Ausschilderung. "Frau Benedickt und der Verein waren der ideale Ansprechpartner für die Stadt." Wer nun diese Rolle einnimmt und ob zum Beispiel bei der Vereinsmeile künftig die Stadt in die Bresche springt, ist offen.

Was sind die Ursachen?

Es ist wie so oft, es gibt nicht die eine Ursache, sondern viele und irgendwann sind es eben zu viele. Und nicht alle liegen in Heidenau, im Zentrum, im Verein.

Zu wenig aktive Mitglieder: Das ist wohl das Problem vieler Vereine, auf zu wenigen Schultern lastet zu viel Arbeit, noch dazu, wenn alle nur ehrenamtlich tätig sind.

Berufliche Belastungen: Sie gehen einher mit dem ersten Punkt. Die 16 Mitglieder haben sich zuallererst um ihre Geschäfte und Firmen zu kümmern. Auch das ist nicht einfacher geworden. Die Herausforderungen und der Druck auf jeden Einzelnen wachsen.

Keine Sicherheit mehr: Corona ist nicht vorbei. Es ist mehr das, was mit Verordnungen im Zusammenhang mit Corona noch zu erwarten ist, als das was hinter uns liegt, sagt Claudia Benedickt. "Ein Weiter so gibt es nicht, alles muss neu durchdacht und geplant werden", sagt sie.

Was wird mit den Veranstaltungen?

Vereinsmeile, Weihnachtsmarkt, Stadtfest, Musiknacht: Der Verein hatte sich mehr als eingebracht. Die Vereinsmeile hat er begründet, die Musiknacht wieder zum Leben erwachen lassen und mit dem Zentrumsmanagement zusammen organisiert. Vielleicht übernimmt der Musikerverein das künftig, sagt Claudia Benedickt, er wäre ja dafür prädestiniert.

Beim Weihnachtsmarkt und Stadtfest wird man den einen oder anderen Händler auch weiterhin sehen, sagt sie. Aber eben nicht als Verein. Sie selbst werde sicher mal wieder den Hof öffnen und Bowle oder Glühwein ausschenken.

Die Vereinsmeile, die am 5. September wieder gemeinsam mit der Abc-Fete stattfindet, ist eine Idee des Zentrumsvereins.
Die Vereinsmeile, die am 5. September wieder gemeinsam mit der Abc-Fete stattfindet, ist eine Idee des Zentrumsvereins. © Marko Förster

Und das Schmücken der Ernst-Thälmann-Straße in der Oster- und Adventszeit? Das werden die Händler weiter tun, vor ihren Geschäften. Und sie werden ein offenes Ohr haben, wenn andere Veranstaltungen organisieren. Ob das Heidenauer sein werden, wird sich zeigen.

Das Stadtfest und der Weihnachtsmarkt werden inzwischen von einem Dresdner Veranstalter organisiert. Der Heidenauer Heimat- und Kulturverein hat mit dieser Aufgabe auch seine Haupttätigkeit verloren. Ist er der nächste, der sich auflöst? Die Antwort von Vorsitzender Antje Scholz lässt Raum für Spekulationen. "Wir werden zu gegebener Zeit darüber informieren, wenn es Änderungen bezüglich des Status des Vereins geben sollte. Derzeit kann ich leider keine andere Auskunft geben."

Was hat der Zentrumsverein geschafft?

Am Anfang war das große Thema Parken. Dann kam die Ausschilderung des Zentrums. Beides hat sich gebessert - und parken ist im Unterschied zu vielen anderen Städten in Heidenau immer noch kostenlos, wenn auch nicht zeitlich unbegrenzt. Es gibt auf Thälmannstraße immer noch Zeiten, in denen ein Parkplatz zu bekommen ist, doch man braucht nur ein paar Meter weiter laufen und hat einen Parkplatz.

Das Zentrum wurde besser ausgeschildert, was jedoch entgegen der Hoffnung, nicht mehr Leute gebracht hat. Zumindest nicht direkt auf die Thälmannstraße.

Als Ende 2011 das Einkaufszentrum an der Bahnhofstraße öffnete, ging auch der Rossmann dorthin und seither fehlt der Thälmannstraße etwas. Ein anderes Problem, mit dem Verein von vornherein überfordert war, ist die Gastronomie im Zentrum. Während sich das Stadtcafé nach wie vor behauptet, sind die Versuche schräg gegenüber im einstigen "Safran" mehrfach gescheitert.

Das Bodenrelief auf dem Markt und die Berufselemente auf der Thälmannstraße, auch hier hat der Verein mitgestaltet. Der Springbrunnen wurde begrüßt, zieht er doch wieder Leute an. Der Verein hatte zum Beispiel noch Pläne zum Einbeziehen von Elberadweg und Barockgarten. Sie und das Zentrum nicht losgelöst voneinander zu betrachten, sondern als eins und voneinander profitierend, das war das große Ziel.

Der Springbrunnen auf der Ernst-Thälmann-Straße wurde vor einem Jahr eingeweiht. Er soll die Straße attraktiver machen. Darum kämpfte auch der Zentrumsverein reichlich zehn Jahre.
Der Springbrunnen auf der Ernst-Thälmann-Straße wurde vor einem Jahr eingeweiht. Er soll die Straße attraktiver machen. Darum kämpfte auch der Zentrumsverein reichlich zehn Jahre. © Daniel Schäfer

Was der Verein nicht geschafft hat und auch nicht schaffen konnte, ist die Lage des Handels insgesamt zu verbessern. Die ist und bleibt in Heidenau schwierig. Dass viele Geschäfte auf der Thälmannstraße schlossen, konnte niemand und auch nicht der Verein verhindern. Dass die Straße zur Gesundheitsmeile wurde, wird oft belächelt oder sogar kritisch gesehen, ist aber eine Chance. Lieber diese Angebote als leere Geschäfte.