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Heißester Mai

Seit 1848 war es in Görlitz noch nie so warm in diesem Monat. Wer freut sich darüber und wo gibt es Probleme?

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© Pawel Sosnowski/pawelsosnowski.c

Von Matthias Klaus

Görlitz. Der Chef des Eiscafés „La Gondola“ am Demianiplatz hat gut lachen. In den vergangenen Tagen haben sich immer wieder Warteschlangen vor der Eistheke gebildet. „Der Umsatz ist tatsächlich sehr gut“, freut sich Gianfranco De Vecchi. Getränke werden in diesen heißen Tagen eher weniger geordert, dafür eben Eis.

Maisommer in Görlitz, gefühlt wurde der Temperaturrekord doch schon gebrochen, oder? Das stimmt, heißt es aus der Wetterwarte am Flugplatz. Am Donnerstag wurde dort der heißeste Mai-Tag seit dem Beginn der Wetteraufzeichnungen 1848 offiziell gemessen. 30,9 Grad zeigte das Thermometer. Der alte Rekord liegt nur knapp darunter: 30,4 Grad am 28. Mai 2005. Zum Vergleich: Im vergangenen Jahr wurde die höchste Mai-Temperatur am 29. Mai gemessen: 29,5 Grad. „Der Mai in diesem Jahr war deutlich zu warm und zu trocken“, sagt Jens Blaschke, Beobachter in der Wetterwarte. Und: Die Eisheiligen sind ausgefallen. Im vergangenen Jahr waren die dagegen noch sehr ausgeprägt zu spüren. Damals sanken die Temperaturen schon mal bis minus 0,5 Grad, es gab verbreitet Bodenfrost. Die niedrigste Temperatur, die in Görlitz in diesem Mai gemessen wurde, lag bei 3,8 Grad. Plus wohlgemerkt. Generell war der Mai 2018 der wärmste bisher in Görlitz registrierte. 16.5 Grad betrug die Durchschnittstemperatur. Damit, so Jens Blaschke, war der Monat 3,9 Grad zu warm. Im vergangenen Jahr lag die Mai-Temperatur im Schnitt bei 14,1 Grad.

296 Stunden schien die Sonne im Mai 2018 über Görlitz, 38 Prozent mehr als bisher im Durchschnitt. Klar, dass es da die Feier- und Badelustigen an den Berzdorfer See lockt. Für Ronny Hasler, Einsatzleiter beim K9 Sicherheitsdienst, nicht unbedingt ein Grund zur Freude. Er zählt auf: „Zwei Container haben gebrannt, weil Baumarkt-Grills darin entsorgt wurden. Das bedeutete zwei Feuerwehreinsätze.“ Was ihn aber noch mehr in Rage bringt: „Müll, Müll und nochmals Müll.“ Die Besucher bringen ihn inzwischen sogar schon von Zuhause mit, um ihn dann am See zu entsorgen, ärgert sich Ronny Hasler. Der Sicherheitsdienst habe bereits jetzt eine Müllmenge registriert, die der gesamten der Saison des vergangenen Jahres entspricht. „Wir haben inzwischen zwei zusätzliche Container aufgestellt“, so der Einsatzleiter. Zudem hat er eine Unart festgestellt: Gegrillt wird immer häufiger direkt am Strand – obwohl es doch dafür vorgesehene Plätze gibt. „Die Verschmutzung müssen wir dann wegmachen“, sagt Ronny Hasler. Ärgerlich seien auch manche Nachwirkungen, die Veranstaltungen am See mit sich bringen. „Verkehrsschilder herausreißen gehört dazu. Die Spur zieht sich dann zuweilen bis nach Weinhübel“, schildert Ronny Hasler. Um die 350 Euro kostet ein komplett neues Schild, gesponsert vom Steuerzahler.

Görlitz, dem Umland, fehlte im Mai der Regen. Nur 17,3 Millimeter, also Liter pro Quadratmeter, wurden an der Wetterwarte gemessen, 26 Prozent des Normalwertes. Im vergangenen Jahr fielen im Mai wenigstens noch 37,8 Liter. Ein Problem, das Gärtnern Sorgen macht. Dazu gehört Stefan Jung in Vierkirchen. Es gebe immer zwei Seiten zu bedenken: zum einen die Pflanzen im Zelt, zum anderen die auf dem Feld. Gerade für Letztere ist es derzeit schwierig. „Was gesät wurde, muss natürlich auch keimen“, sagt Stefan Jung. Aber gerade die unsichere Regen-Situation sei knifflig: Wenn zu flach ausgesät wurde, könnte ein heftiger Gewitterguss das Saatgut einfach wegspülen. Wenn zu tief gesät wurde, fehlt die Feuchtigkeit, wenn der Regen ausbleibt. „Wir haben auf dem Feld noch nicht angefangen, künstlich zu bewässern“, sagt Stefan Jung. Aber der Gärtner zieht es schon in Erwägung. Wobei das Ganze auch gut überlegt sein müsse, sagt er. Denn der Aufbau der Bewässerungsanlage ist aufwendig. „Und Wasser ist ein kostbares Gut“, sagt Stefan Jung.

In manchen Gegenden Deutschlands, etwa in Niedersachsen, ist Wasser tatsächlich knapp geworden. Autos waschen, Rasensprenger betreiben beispielsweise – tabu. Für Görlitz kann Sascha Caron dagegen Entwarnung geben. „Bei uns ist alles im grünen Bereich, es gibt keine Wasserknappheit“, sagt der Vertriebsleiter bei den Stadtwerken Görlitz.

Es bleibt in den kommenden Tagen sommerlich, aber nicht mehr so heiß, sagt Jens Blaschke von der hiesigen Wetterwarte. Die Temperaturen gehen auf ein angenehmes Niveau zurück. Gerade am Wochenende soll es kühler werden.

Eisverkäufer Gianfranco De Vecchi macht sich deshalb keine Sorgen. „Eis wird immer gern gegessen“, sagt der Chef des Café am Demianiplatz. Da ist es egal, ob nun 30 oder 20 Grad gemessen werden.