Von Nicole Preuß
Königsbrück. Das Wasser ist fertig. Es raschelt in Form von blauen Plastikfolien um den Wagen. Der Vulkan braucht noch etwas gekräuseltes Packpapier. Und wo war gleich noch mal die Verlängerungsschnur abgeblieben? Die Wiese am Wiesenweg im Königsbrücker Ortsteil Stenz verwandelt sich jeden Sonnabend in eine Freiluft-Werkstatt. Es wird gesägt, geklebt, gehämmert, geflucht und gelacht. 20 bis 30 Männer und Frauen trotzen den Minusgraden, um ihr großes Projekt fertigzustellen. Sie bauen einen Wagen für den Königsbrücker und den Radeburger Karnevalsumzug.
Der Stenzer Wiesenweg ist nicht allein. 33 Umzugsbilder haben sich in diesem Jahr allein für den Königsbrücker Faschingsumzug angemeldet. Neun davon kommen aus Königsbrück und vier aus Gräfenhain. Die weitesten Gruppen reisen in diesem Jahr wohl aus Cunnersdorf und aus Ortrand an. 750 bis 800 Beteiligte werden in Königsbrück erwartet. Der Wagen des Stenzer Wiesenwegs ist aber in den vergangenen Jahren immer einer der größten gewesen. Die Stenzer sind schon seit 21 Jahren dabei. Elisa Gnauck war sieben, als sie das erste Mal mit ihren Eltern mitlief. Heute macht sie immer noch mit. Und so geht es vielen in der Truppe. Einige Jahre haben die Männer und Frauen vom Wiesenweg Schiffe gebaut. Sie schufen das Forscherboot von Roald Amundsen, um das beim Umzug die Pinguine tanzten. Sie holten Venedig nach Königsbrück in Form einer typischen Gondel. Und sie ließen die Wikinger los in einem großen Schiff, das extra mit Holzbrettern beplankt wurde. Dafür bekamen sie beim Umzug in Radeburg sogar den vierten Preis. Doch sie streben nach einem Platz auf dem Treppchen. Und so werden die Wagen immer aufwendiger. Im vergangenen Jahr schwebte Aladin auf einem beweglichen Teppich hoch über dem Wagen und der Flaschengeist wurde auf einem Extra-Anhänger in seiner Flasche durch Königsbrück gezogen. Im Jahr davor kreiselten Hexen hoch durch die Luft.
Die Vorbereitungen dauern mehrere Wochen. Sie beginnen Anfang Januar mit einem Treffen, bei dem die Idee festgelegt wird, die sich an den Mottos der beiden Züge orientiert. Dann wird getüftelt, recherchiert und gezeichnet. Schließlich geht es an die Umsetzung. Der Wagen entsteht auf dem Grundgerüst des letzten Umzugsbildes. Details werden ausgearbeitet, wie die ausgefrästen Seepferdchen, die in diesem Jahr eine Muschel-Kutsche ziehen sollen. Ein paar Frauen nähen die aufwendigen Kostüme und besprechen, wer wann und wie die Verköstigung übernimmt, die dann auch noch vorbereitet werden muss. Viele Arbeitsstunden fließen in einen solchen Wagen und allem was dazu gehört. Ganz abgesehen von den finanziellen Aufwendungen. 1000 Euro kommen jedes Jahr ungefähr zusammen. „Da ist aber Beköstigung und Trinken schon drin“, stellt Christina Gnauck fest. Ein Traktor muss gemietet werden, mit dem der Wagen dann gezogen werden kann. Und der Diesel, der gebraucht wird, ist auch ein Kostenfaktor.
Der Königsbrücker Zug
Die Zeit ist immer gut kalkuliert und am Ende doch knapp bemessen. „Sonnabendfrüh vor dem Umzug muss definitiv immer noch mal irgendwas gemacht werden“, sagt Elisa Gnauck. Dann machen sich alle fertig und dann geht es los. Ein DJ spielt die Partyhits und ein Techniker sorgt für Licht, Nebel und andere Effekte. Die beiden bekommen ein kleines Häuschen zugewiesen, das immer irgendwie ins Bild eingebaut werden muss, und in dem die Technik untergebracht wird. Dieses Jahr wollen die Stenzer, entsprechend des Königsbrücker Mottos „Gegensätze ziehen sich an“, Wasser und Feuer auf den Wagen bringen. Die griechischen Götter Poseidon und Hephaistos dürfen da nicht fehlen. Und nach den Umzügen? Wird alles wieder abgebaut. „Nach dem Fasching strotze ich schon wieder vor Ideen für das nächste Jahr“, sagt Elisa Gnauck. Da könne kaum Wehmut aufkommen.