Von Tobias Wolf
Kurz bevor die Delegation der Stadt ankommt, wird noch eine Ladung frische Wäsche am Tor des Zeltcamps in der Bremer Straße ausgeladen. Von den Verhältnissen im Lager machten sich gestern der amtierende Rathauschef Dirk Hilbert (FDP), Sozialbürgermeister Martin Seidel (parteilos) und rund 20 Stadträte gemeinsam mit der Landesdirektion (LDS) ein Bild. Zu den Zuständen in der Zeltstadt sagte Hilbert nach seinem Besuch: „Es hat sich deutlich etwas getan gegenüber den ersten Tagen.“
Die Stadt hatte bereits in der vergangenen Woche das DRK mit Leistungen des Gesundheitsamtes unterstützt. Sobald in Dresden eine Erstaufnahmeeinrichtung existiert, werde das Amt die Flüchtlinge betreuen, so Hilbert. Dies sei eine Pflichtaufgabe. Kritik kommt von der städtischen Ausländerbeauftragten Kristina Winkler: „Es ist erschütternd, wie 1 000 Menschen hier auf engstem Raum und unter spartanischen Bedingungen Tag und Nacht verbringen müssen.“ Wenigstens Frauen und Familien mit Kindern müssten schnellstmöglich aus dem Zeltcamp in feste Unterkünfte gebracht werden. Winkler lobte den Einsatz des Netzwerks „Dresden für Alle“. Das überparteiliche Bündnis habe gezeigt, dass es „sehr flexibel und mit viel Herzblut trotz der Sommerferien Hilfe dort leisten kann, wo sie benötigt wird“.
Am Rande des Besuchs kam es zu Irritationen, weil LDS-Chef Dietrich Gökelmann Netzwerksprecher Eric Hattke vom Gelände verwies. Hattke war auf Einladung mehrerer Fraktionen dabei. Der Sozialbürgermeister kritisiert den Rausschmiss. „Auch wenn Herr Hattke nicht explizit mit eingeladen war, haben er und ,Dresden für Alle‘ gerade in den ersten Tagen unglaublich viel bürgerschaftliches Engagement gezeigt, um die Flüchtlinge im Zeltlager und das Team des DRK zu unterstützen“, sagte Seidel. Grünen-Fraktionschefin Christiane Filius-Jehne hatte noch versucht, den LDS-Chef umzustimmen, der dies mit dem Satz „Wir können den Rundgang auch abbrechen“ kommentiert haben soll. Die LDS schweigt zu dem Kommentar, lässt aber ausrichten, dass nur Stadträte und Bürgermeister eingeladen gewesen seien und der Netzwerksprecher dies ignoriert habe.
Das Netzwerk hatte die LDS zuvor unter anderem wegen der hygienischen Bedingungen im Camp kritisiert. „Ich habe das Gefühl, es gibt keine wirkliche Strategie, wie mit dem Thema Flüchtlinge umgegangen werden soll“, sagt Filius-Jehne. „Daran muss sich dringend etwas ändern.“ Die CDU-Stadtratsfraktion sieht Bewohner und Helfer an der Grenze der Belastbarkeit. Angesichts der Zuwanderungsströme drohe den Kommunen der Kollaps.