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Wehlen könnten die Fördermittel davonfließen

Sechs Jahre nach der Flut repariert Stadt Wehlen weiter an den Schäden. Doch die Gemeinde arbeitet gegen die Zeit.

Von Siri Rokosch
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2013 versank Wehlen in der Elbe. Die Schäden reichen bis heute.
2013 versank Wehlen in der Elbe. Die Schäden reichen bis heute. © Archiv/dpa

Rund 22 Millionen Euro stehen Stadt Wehlen an Fördermitteln zur Beseitigung der Hochwasserschäden von 2013 zur Verfügung. Aber nicht mehr lange. Die Flutfördermittel des Freistaates müssen bis 30. Juni 2019 abgerufen sein, und Wehlen hat bisher erst 15 Millionen verbaut.

Fest steht schon jetzt, dass Wehlen es nicht schaffen wird, alle Flutschäden bis zum Stichtag zu beseitigen. Bleibt nun ein Teil unerledigt und das Geld verfällt? Die Stadt verhandle derzeit um eine Verlängerung der Frist, sagt Wehlens ehrenamtlicher Bürgermeister Klaus Tittel (CDU). „Vieles oblag gar nicht unserem Einfluss.“

Das Feuerwehrgerätehaus: Schwierige Standortsuche

„Für das neue Feuerwehrgerätehaus zum Beispiel musste erst einmal ein anderer Platz gefunden werden“, erläutern Jens Heber und Torsten Richter von der Ipro-Consult Dresden, die für Wehlen die Projektsteuerung fürs Beseitigen der Hochwasserschäden von 2013 übernimmt. „Da das alte am Markt bis zum Dach des Erdgeschosses überflutet worden war, darf es dort nicht mehr stehen.“ Als einziger Ort für den Feuerwehrneubau blieb eine Fläche neben der Grundschule an der Lohmener Straße.

Nun steht der Rohbau an der Kehre auf einer Fläche von rund 300 Quadratmetern. Zuvor musste der Standort allerdings dem Hang abgerungen und mit einer Spritzbetonschale und einer Rückverankerung gesichert werden. Allein das kostete 500 000 Euro. Insgesamt verschlingt das neue Gerätehaus für die derzeit 19 Feuerwehrleute und die Jugendfeuerwehr rund 2,5 Millionen Euro. Derzeit läuft der Innenausbau. Dabei entstehen unter anderem zwei Stellplätze für Löschfahrzeuge, einer für das Einsatzleiterfahrzeug sowie ein Parkplatz für das berühmte Feuerwehr-Quad. Damit kann die Wehlener Wehr schnell auf die andere Elbseite gelangen, es ist genau so breit, dass es auf die Fähre passt.

Wenn voraussichtlich im Herbst die Zufahrt asphaltiert wird, muss der kurvige Bereich der Lohmener Straße eine Woche lang ganz oder halbseitig für den Verkehr gesperrt werden. Das geht planmäßig aber nur, wenn bis dahin die Straße nach Oberposta wieder frei ist und kurzzeitig als Umleitungsstrecke genutzt werden kann. Derzeit erneuern die Pirnaer Stadtwerke dort die Abwasserkanäle. Das Feuerwehrgerätehaus soll im Herbst dieses Jahres bezugsfertig sein. Auf der anderen Seite in Pötzscha war die Sanierung des neuen Gerätehauses der Feuerwehr nach anderthalb Jahren Bauzeit im September 2018 abgeschlossen worden. Kosten: 1,1 Millionen Euro.

Für das neue Feuerwehrgerätehaus an der Lohmener Straße, direkt neben der Grundschule, mussten 1000 Kubikmeter Hang abgetragen und neun Meter lange Anker in den Berg gebohrt werden. Erst danach konnten die Arbeiten am Neubau beginnen.
Für das neue Feuerwehrgerätehaus an der Lohmener Straße, direkt neben der Grundschule, mussten 1000 Kubikmeter Hang abgetragen und neun Meter lange Anker in den Berg gebohrt werden. Erst danach konnten die Arbeiten am Neubau beginnen. © Norbert Millauer

Der Wilkebach: Alle Anwohner mussten gefragt werden

Auch in Dorf Wehlen beschäftigen sich die Projektplaner noch mit den Schäden durch die Überflutungen von 2013. „Es mussten 54 Anwohner und Grundstückseigentümer um ihre Zustimmung für die Wiederherstellung des Flusslaufes gebeten werden. Damit konnten wir das Planfeststellungsverfahren umgehen. Sonst hätten wir etwa sieben Jahre auf die Bewilligung warten müssen“, erklären die Experten der Projektsteuerungsfirma. Die Arbeiten am Wilkebach wurden in sieben Abschnitte aufgeteilt. Es sind zwei Rückhaltebecken entstanden, mit einem besseren Stauvolumen und kontrollierteren Abflüssen. Der Feuerlöschteich wurde saniert, an einigen Ufern sind Mauern entstanden, und die Überfahrt über den Bach ist nun wiederhergestellt.

Jetzt müssen noch neue Kanäle angelegt, Zuläufe gesichert und Steinsätze im Flussbett verlegt werden. „Wir haben alle Sanierungsarbeiten so durchgeführt, das im Falle eines neuen Hochwassers die Schäden hoffentlich geringer ausfallen werden. Wir danken den Einwohnern für ihre Unterstützung“, sagen Jens Heber und Torsten Richter von Ipro-Consult. Allein die Arbeiten am Wilkebach werden rund drei Millionen Euro verschlingen.

Der Saukelbach: Bahn-Vorhaben verhinderte Baubeginn

Flutsicher umgebaut werden muss auch noch der Bachlauf in Pötzscha. In dem Bereich hatte ein Vorhaben der Deutschen Bahn die Hochwasserinstandsetzungsarbeiten der Stadt Wehlen verzögert. Die Sanierung der Eisenbahnbrücke über den Telschgraben war vorrangig. Nun soll die so genannte Gewässersicherung am Saukelbach aber beginnen. Baustart ist am 18. Februar, wenn das Wetter es zulässt.

Im Moment fließt der Saukelbach direkt auf der Fahrbahn unter der neuen Bahnbrücke durch und könnte bei einer Flut für Unterspülungen sorgen. Die Dresdner Firma Ipro-Consult, die sich in ganz Wehlen um die Beseitigung der Hochwasserschäden kümmert, plant, die Fahrbahn etwas anzuheben und den Bach rechtsseitig durch die Brücke durchzuleiten, bevor er unterhalb des Mauerwerks unsichtbar unter der Bahnhofstraße in die Elbe mündet. „Etwa vier Monate lang müssen wir dafür die Bahnhofstraße sperren. Als Umleitungsstrecke für die Anwohner wird in dieser Zeit der ehemalige Treidlerweg freigegeben. Jeder kommt an sein Haus“, versichert Jens Heber. Sieben Anwohner werden allerdings einen etwas längeren Weg fahren müssen als bisher. Die voraussichtlichen Kosten für die Bachinstandsetzung liegen bei rund insgesamt 1,74 Millionen Euro.

Der Saukelbach in Pötzscha soll ab Ende 2019 nicht mehr über die Fahrbahn, sondern seitlich unter der Bahnbrücke durchfließen. 
Der Saukelbach in Pötzscha soll ab Ende 2019 nicht mehr über die Fahrbahn, sondern seitlich unter der Bahnbrücke durchfließen.  © Ipro-Consult Dresden

Die Schlossberg-Mauer: Denkmalschutz stellt hohe Anforderungen

Zu guter Letzt muss noch die historische Stützmauer am Verbindungsweg vom Schlossberg zum Basteiweg komplett abgetragen und mit den alten Sandsteinen wieder aufgebaut werden. Auf dem Areal hinter dem Rathaus stand früher die Wehlener Kirche, die im Jahre 1883 abgetragen worden war. Der durch die Flut 2013 stark beschädigte Wall gehörte als Stützmauer zu dem Gotteshaus und muss deshalb unter besonderer Denkmalschutzauflage erneuert werden. „Wir müssen jeden Stein einzeln abtragen, die Mauer, wie am Feuerwehrgerätehaus mit einer Spritzbetonschale und der Rückverankerung sichern und setzten danach Stein für Stein wieder zusammen“, erläutert Torsten Richter. Das drei Meter hohe, einen Meter in die Tiefe ragende und 40 Meter lange Bauwerk gilt als Umgebungsschutz für die Burg Wehlen. Im Frühling soll dort Baustart sein. Sicheren Halt finden die alten Sandsteine voraussichtlich ab Ende 2019 wieder. Die dafür vorgesehenen Baukosten von 768 000 Euro werden sich allerdings wegen der Denkmalschutzauflagen noch erhöhen.

Der Zeitplan: Bis Sommer 2020 sollen alle Hochwasserschäden beseitigt sein.

Im Juni 2013 standen fast alle Häuser auf dem Wehlener Marktplatz im Wasser. Der Saukelbach und der Wilkebach rauschten als Sturzfluten die Hänge hinab. Stadt Wehlen hatte 36 kommunale Gebäude, Plätze, Mauern und Gewässer gezählt, die mithilfe der Fördermittel saniert oder komplett neugebaut werden mussten. Das meiste ist bereits geschafft. Jetzt muss es mit dem Verlängern der Fördermittel klappen, damit auch der Rest abgearbeitet werden kann. Die Planer hoffen, dass bis Sommer 2020 alles geschafft ist.

Einwohnerversammlung zu den Baumaßnahmen in Pötzscha am 19. Februar, 18 Uhr, im Bauernhäusel.

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