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Hochzeit mit Hindernissen

Marie Hablik und Frank Liebal aus Pirna standen kurz vor der Trauung, als die Flut anrollte. Feiern oder absagen?

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Von Heike Wendt

Es war mitten in der Nacht, als die Lautsprecheransagen in der Dohnaischen Straße vor einer reichlichen Woche Frank Liebal aufschreckten. Seine Freundin und die beiden Kinder, knapp zwei und fünf Jahre alt, schliefen. Gerade war der Polterabend überstanden, am Freitag sollte im Pirnaer Rathaus die standesamtliche und am Sonnabend in der Marienkirche die kirchliche Hochzeit sein. Doch dann hieß es plötzlich: Hochwasser und Evakuierung! „Wir haben ganz schnell zusammengepackt“, sagt die Braut. Ihre Eltern in Lohmen nahmen die vierköpfige Familie kurzerhand auf.

Dann die Zweifel. Was wird mit der Hochzeit? Sollen wir absagen? Können wir überhaupt feiern, wenn andere um ihr Hab und Gut kämpfen oder mit dem Aufräumen beschäftigt sind? Werden die Gäste trotzdem kommen? „Wir haben in der Familie lange diskutiert“, sagt Frank Liebal. Und dann für die Hochzeit entschieden.

Ein mutiger Entschluss. Denn damit begann die Organisation noch einmal von vorn. Das Brautkleid war noch in der Wohnung, während das Wasser immer weiter stieg und Pirnas Innenstadt bereits dicht war. Rathaus und Marienkirche fielen für die Trauung aus. Der Bäcker, der die Hochzeitstorte backen wollte, hatte keinen Strom mehr. Der Copyshop, der noch die Handzettel für die Kirche vervielfältigen sollte, musste schließen. Der DJ für die Feier in Berggießhübel war nicht erreichbar, weil er als Feuerwehrmann ständig zum Einsatz musste. Auch der Mann, der das Brautpaar mit dem Oldtimer abholen wollte, ging nicht ans Telefon. Einige Freunde und Verwandte waren selbst vom Hochwasser betroffen. „Wir haben trotzdem alles organisieren können“, sagt Heidi Hablik, die Brautmutter.

Die Standesbeamtin hatte die Eheschließung nach Zuschendorf verlegt. Besonders von der liebevollen Dekoration war die Braut beeindruckt. In kurzer Zeit wurde der Saal geschmückt. Auch die kirchliche Trauung am Sonnabend klappte, für Außenstehende schien alles wie von langer Hand vorbereitet. Der Regen hatte gerade aufgehört, als das Paar aus der weißen Kutsche vor der Lohmener Kirche stieg. Pfarrer Johannes Epperlein, ansonsten in der Marienkirche zu Hause, sprach in seiner Predigt über das Wasser und die Umstände dieser Hochzeit. Freunde und Verwandte waren trotz angespannter Lage gekommen, um mit dem Paar zu feiern.

Manche Idee war nicht ganz aufgegangen. „Mein Gitarrenspiel bei der Feier war fürchterlich“, sagt die Brautmutter. Eigentlich habe sie die Woche vor der Hochzeit nutzen wollen, um in aller Ruhe zu proben. Doch dafür war weder Zeit noch die Möglichkeit. Die musikalische Überraschung wäre dann keine mehr gewesen, wenn ihre Flutgäste mitbekommen hätten, wofür sie auf der Gitarre übt.

Am Sonntag weicht die Anspannung ganz langsam. Die Feier mit Freunden und Familie im Sächsischen Haus in Berggießhübel geht zu Ende. Friedrich, der fünfjährige Sohn, ist immer noch aufgeregt. Er hatte mitbekommen, wie das Grundwasser zu Hause im Keller die ersten beiden Stufen erobert hatte. „Er hat Angst vor dem Wasser, obwohl er ein Hochwasser noch nicht miterlebt hat“, sagt sein Vater. Die Familie hatte sich Fotos in einem Buch von der Flut 2002 angesehen. Wann die Familie in ihre Wohnung zurück kann, steht noch nicht fest. Für ein paar Tage soll es in die Flitterwochen gehen – wenn sich die Situation einigermaßen normalisiert hat.