Merken

Hoffnung für den Hoffnungsschacht

Am Scharfenberger Schachtberg wurde jetzt Richtfest gefeiert – ein altes Bergwerksgebäude nimmt wieder Gestalt an.

Teilen
Folgen
© privat

Von Udo Lemke

Klipphausen. Ganz unten, in 60 Metern Tiefe funkelt eine briefmarkengroße Wasserfläche. Aber eigentlich ist der Hoffnungsschacht noch viel tiefer. „Hier würde der Dresdner Fernsehturm von der Höhe her bequem hineinpassen“, sagt Antje Arlautzki. Denn der misst 252 Meter, der Schacht aber 293 Meter. Allerdings ist er jetzt mit Schlamm aufgefüllt, der bei der Sanierung des ehemaligen Bergwerks „Grube Güte Gottes“ angefallen ist, darüber steht, bis auf 60 Meter von oben aus gesehen, das Wasser. Und über dem Schacht steht seit Kurzem etwas besonderes – ein zweistöckiges Fachwerk. „So etwas sieht man nur ganz selten, dass das Fachwerk über zwei Etagen geht“, sagt Julian Kurz von der gleichnamigen Holzbaufirma. Er hat das Fachwerk zusammengebaut, das vorher nach alten Zeichnungen von der Firma Rentsch Holzhandels-GmbH aus Dresden am Computer berechnet und zugeschnitten worden ist. „Normalerweise mache ich so etwas selber, erklärt Julian Kurz“, aber um Handarbeit und damit Kosten zu sparen, ist Antje Arlautzki diesen Weg gegangen. Mehr als 300 Holzteile mussten am Ende zusammengefügt werden, bis das Fachwerk stand.

Eigentümerin Antje Arlautzki schlägt zum Richtfest den letzten Nagel ein.
Eigentümerin Antje Arlautzki schlägt zum Richtfest den letzten Nagel ein. © privat

Förderturm als Kinderspielplatz

Nun zeigt sich – vorerst noch als Skelett – das alte Huthaus der „Grube Güte Gottes“ wieder in seiner ursprünglichen Gestalt. Nur der Förderturm, der früher in dem zweistöckigen Fachwerkgebäude stand, um Silbererz und Bergleute zu transportieren und Luft in die fast 300 Meter tiefe Grube zu pumpen, wird nicht wieder aufgebaut. Jedenfalls nicht im Huthaus und nicht aus Stahl, Sondern, dort, wo sich der ehemalige Sport- und Festplatz von Scharfenberg befunden hat, und der Förderturm wird aus Holz sein: „Das soll ein besonderer Spielplatz für Kinder werden – das ist unser Traum“, sagt Antje Arlautzki. Sie hat das Huthaus und das angrenzende Maschinenhaus, in dem die Dampfmaschinen für den Betrieb des Förderturms standen, 2012 mit ihrem Partner Andreas Lier gekauft. Ohne zu wissen, was sie da am Schachtberg 12 erworben hatten, und dass es quasi unterm Bett 293 Meter tief in die Erde ging.

Nun also ist das alte Huthaus in seiner Form wieder zu erkennen. Die äußeren Hölzer des Fachwerks sind Lärche, weil sie Witterungseinflüssen standhalten müssen, die inneren Fichte. Ins erste Geschoss sollen später das Wohnzimmer und die Küche kommen. Der 70 Quadratmeter große Raum sollte stützenfrei sein, erzählt Antje Arlautzki, „da hat der Statiker ganz schön geschwitzt, um das hinzubekommen“. Ins zweite Geschoss sollen das Bad und das Schlafzimmer kommen. Dann wird das Bett nicht mehr direkt über dem Schacht stehen.

Den hat das Oberbergamt Freiberg in 32-monatiger Arbeit gesichert. Die 40 Zentimeter dicke Schachtplatte aus Stahlbeton wurde abgebrochen und der obere Teil des Hoffnungsschachtes frei gelegt. Ebenso wurde der sogenannte König-David-Hilfsstolln, der von der B 6 bis zum Hoffnungsschacht führt, von meterhohen Schlammschichten auf einer Länge von 800 Metern beräumt. Dazu wurde eine Grubenschienenbahn eingebaut, auf der eine mit einem Akku betriebene Lok fuhr. Hier, wo früher Kohle zum Betrieb der Dampfmaschinen, die per Schiff auf der Elbe kam, mit Hunten zum Hoffnungsschacht gefahren worden ist, soll es mit Unterstützung des Vereins Historischer Scharfenberger Silberbergbau bald Führungen geben. „Wir haben uns schon um Gummistiefel, Helme und Kutten gekümmert“, hatte Antje Arlautzki gegenüber der SZ erklärt.

Im Erdgeschoss des Huthauses selbst soll ein Museumscafè eingerichtet werden, das Bewirtung im Ambiente historischer Bergbauzeugnisse ermöglicht. In der Mitte des Cafés ist der Ausgang des Hoffnungsschachtes, in den man schon jetzt durch eine Glasplatte hineinschauen kann. „Wir haben hier schon Feiern gehabt, so mit einem 82-jährigen Bergmann, der hier noch ins Bergwerk eingefahren ist.“

Silberbergbau greifbar machen

Und, wie geht es nun weiter? In Abstimmung mit dem Kreisdenkmalpfleger Andreas Christl, bemühen sich Antje Arlautzki und Andreas Lier, dem historischen Vorbild der Grubengebäude möglichst nahe zu kommen. So wird das Fachwerk mit Lehmziegeln ausgemauert und nur dünn überputzt, sodass die Ziegelstruktur erkennbar bleibt. „Demnächst kommt der Schornstein im Ganzen und wird mit einem Kran eingehoben.“ Das Erdgeschoss des Huthauses wird verputzt und weiß gestrichen, so wie es auf alten Fotografien überliefert ist. Das alte Maschinenhaus, also das quer zum Huthaus anschließende Gebäude, soll als solches wieder durch den Einbau historischer Industriefenster mit der typischen kleinquadratischen Scheibenaufteilung erkennbar werden. Schließlich sollen später im Obergeschoss Gästezimmer eingerichtet werden.

Es besteht Hoffnung für den Hoffnungsschacht, dass ein Stück Geschichte des Scharfenberger Silberbergbaus wieder greifbar wird. Für Antje Arlautzki ist jetzt schon klar: „Das ist ein absolutes Lebensprojekt geworden.“