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Wo kam das Raubkunst-Porzellan her?

Der niederländische Königspalast Het Loo will feststellen, ob das Meissener früher den Gründern der Dresdner Bank gehörte.

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© Het Loo

Von Peter Anderson

Apeldoorn. Der niederländische Königspalast Het Loo hat jetzt zugegeben, dass sich in seinen Sammlungen sechs wertvolle Meissener Porzellanstücke aus dem früheren Besitz des jüdischen Bankiers Herbert M. Gutmann befinden. Dieser war der Sohn des Gründers der Dresdner Bank Eugen Gutmann. 1934 soll die Familie durch von den Nationalsozialisten erfundene Schulden dazu gezwungen worden sein, das Meissener Porzellan zu versteigern.

Empfangsabend des italienischen Botschafters Orsini-Baroni im Hotel „Esplanade“. Botschafter Orsini Baroni, Dr. Thomsen, Herbert M. Gutmann (v.l.).
Empfangsabend des italienischen Botschafters Orsini-Baroni im Hotel „Esplanade“. Botschafter Orsini Baroni, Dr. Thomsen, Herbert M. Gutmann (v.l.). © Bundesarchiv

In einer Erklärung des Reichsmuseums Schloss Het Loo heißt es jetzt, dieses habe die Stücke seinerzeit in gutem Glauben erworben. In den 70er-Jahren des vergangenen Jahrhunderts habe es noch keine Diskussion über Raubkunst gegeben.

Gegenwärtig sind die Gutmann-Stücke des Meissen-Services nach Angaben von Het Loo Eigentum des niederländischen Staates. Um feststellen zu können, ob es sich bei ihnen um Raubkunst handele, müssten die Umstände, unter denen diese Stücke versteigert wurden, genau untersucht werden. Die Erben von Herbert M. Gutmann können beim niederländischen Minister für Erziehung Kultur und Wissenschaft einen Restitutionsantrag einreichen. Schloss Het Loo hat allerdings bereits mit dem offiziellen Vertreter der Erben Kontakt. „Wenn die Restitutionskommission dem niederländischen Staat die Rückgabe der Teller empfiehlt und der Staat diese Empfehlung annimmt, dann werden die Teller den rechtmäßigen Erben übergeben“, heißt es in der Pressemitteilung.

Berliner Institut vertritt Erben

Das Gutmann-Porzellan stammt ursprünglich aus einem Meissen-Service, das um 1772 in Meissen für den niederländischen Statthalter Willem V. angefertigt wurde. Das Service bestand aus über 435 Stücken, auf denen sich Darstellungen von Städten und Gebäuden aus der Republik der Vereinigten Provinzen und Niederländisch-Ostindien befinden. Het Loo verfügt über insgesamt 170 Teile des früheren Statthalter-Porzellans.

Fraglich ist unterdessen, wie wertvoll Einzelteile des Services tatsächlich sind. Nach Angaben des Direktors der Dresdner Porzellan-Sammlung Ulrich Pietsch ist es in der letzten Zeit schwierig gewesen, gute Preise für historisches Meissener zu erzielen. Die Versteigerung mehrerer großer Sammlungen habe den Markt überfordert. Auf eine Schätzung des Wertes der sechs Porzellan-Stücke will sich Pietsch ohne nähere Analyse nicht einlassen.

Für die Familie Herbert M. Gutmann ist unterdessen das Historische Forschungsinstitut Berlin aktiv geworden. Dessen Gründerin Beate Schreiber verweist darauf, dass es in den Niederlanden ein klar geregeltes Prozedere für Rückübertragungen gebe. Dieses habe noch nicht begonnen.

Beate Schreibers Historisches Forschungsinstitut betreut die Erben der Familie Gutmann bereits seit mehreren Jahren. 2009 erreichte es die Rückgabe des Hans-Markart-Gemäldes „Pappenheims Tod“ an den Enkel Herbert M. Gutmanns. 2010 gab der Deutsche Bundestag ein Gemälde Franz von Lenbachs mit einem Porträt Bismarcks an die Nachkommen des Dresdner-Bank-Gründers zurück.