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Hollande mit dem Rücken zur Wand

Frankreichs Präsident sucht nach dem Wahldebakel der Sozialisten einen Ausweg. Ein neuer Premier soll es nun richten – es ist der bisherige Innenminister Valls.

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Von Gerd Roth, Paris

Das Medienecho war fatal. „Das ist keine Warnung, das ist ein Tritt in den Hintern“, bilanzierte die Regionalzeitung „Le Républicain Lorrain“. Für den von französischen Medien ohnehin nicht geschätzten Präsidenten François Hollande kam es gestern noch einmal ganz dick. Die Morgenlektüre nach der haushoch verlorenen Kommunalwahl wurde zum Scherbengericht.

Von einem „historischem Debakel“ („Libération“) war da zu lesen. Die Sozialisten seien „dazu verdammt, zu verlieren“, meinte „La Dépêche du Midi“. Und „Le Figaro“ schrieb: „Die erste Runde war grausam für François Hollande, die zweite tödlich.“

Ein Wort war in fast allen Berichten und Kommentaren zu finden: „remaniement“, der französische Begriff für Kabinettsumbildung. Schon nach dem Reinfall beim ersten Wahlgang machten vermehrt Spekulationen über eine neu formierte Regierung die Runde. Gestern zog Hollande die Reißleine. Premierminister Jean-Marc Ayrault gab den Rücktritt des gesamten Kabinetts bekannt – inklusive des Regierungschefs. Der 64-jährige Ayrault galt schon länger als angeschlagen. Politisch war er zwar der Vollstrecker von Hollandes Vorgaben. Sein Auftreten wirkte aber auf manche bedächtig, andere nannten es langweilig. Für mitreißende Reden war Ayrault nicht bekannt.

Vertreter des rechten Flügels

An der Spitze der neuen Regierung wird der zum rechten Flügel der Sozialisten gehörenden Manuel Valls stehen. Der bisherige Innenminister hatte sich schon zuvor als Favorit für eine Ayrault-Nachfolge gezeigt. Mit Anne Hidalgo, einer der wenigen Gewinnerinnen des jüngsten Kommunalwahlabends, hat der 51-Jährige nicht nur das sozialistische Parteibuch gemeinsam: Auch er kam als Kind mit spanischer Staatsbürgerschaft nach Frankreich – so wie die neue Pariser Bürgermeisterin.

In Zeiten knapper Kassen fehlt Hollande das Geld für vielleicht publikumswirksame, aber auch teure Konzepte. Dennoch kündigte der Präsident nun wenige Wochen vor der Europawahl eine Senkung der Steuer- und Abgabenlast für Arbeitnehmer bis 2017 an. Durch einen Solidaritätspakt solle mehr für die soziale Absicherung getan werden. Als Beispiele nannte Hollande den Gesundheitsbereich.

Das in Umfragen historisch schlechte Ansehen des Präsidenten und seiner Regierung könnte eine Verbesserung vertragen. Mit Blick auf die Europawahl am 25. Mai drängt die Zeit. Nach einer Umfrage kommen Hollandes Sozialisten zurzeit auf gerade mal 19 Prozent. Damit liegen sie noch hinter der rechtsextremen Front National (22 Prozent) und der konservativen UMP (24), die beide in den Kommunen teils deutliche Erfolge erzielen konnten. (dpa)