Einmal 30 Jahre, einmal 65 Jahre

Herr Woelke – was haben Sie am 23. Februar mehr gefeiert: den 65. Geburtstag oder die 30 Dienstjahre im Wittichenauer Rathaus?
Die 65 hat ganz klar die größere Rolle gespielt. Die „anderen“ 30 Jahre waren mir, ehrlich gesagt, gar nicht so bewusst. So lange schon?
Kämmerer: Das klingt für manche nach dem Schatzhüter der goldenen Münzen – für andere nach endloser Bürokratie, Formularen, Pfennigfuchserei ... Wie war, wie ist das bei Ihnen? Was hat Sie bewogen, dieses Amt anzunehmen?
Mit der Wende kam die Möglichkeit, in der Stadt vollinhaltlich selbst das Schicksal in die Hand zu nehmen. Ich wollte einen Beitrag leisten. Zwar hatte ich einen guten Job in der Tagebauentwicklung – aber als das Angebot von Wittichenau kam, „wir suchen einen Kämmerer“; war die Sache klar. Wir waren alle Neueinsteiger und Enthusiasten. Bürokratie? Die kam erst später von außen ... Es war und ist bis heute der Reiz des Gestalten-Könnens, der zählt.
Was war damals Ihre erste Aufgabe?
Wir haben in vielen Dingen bei Null angefangen: Gewerbegebiet, Kläranlage, Einstieg in die Stadtentwicklung ... Vieles musste parallel laufen – und lief es auch.
Was war die schwierigste Aufgabe?
Es gab eine Zeit Ende der Neunzigerjahre, in der wir aufgrund von Haushaltkonsolidierung und demzufolge Sparen-Sparen-Sparen-Müssens in Wittichenau gewissermaßen zur Untätigkeit verdammt waren, was das Gestalten-Können anbelangt hat. Das war die schwierigste, die unangenehmste Zeit. Aufgaben dagegen sind eigentlich immer motivierend.
Was haben Sie sich zum Geburtstag gewünscht – und haben Sie’s bekommen?
Arbeitsmäßig habe ich, was ich mir wünsche, vor allem ein sehr gutes Team. Der andere Wunsch ist Gesundheit. Wenn man sie hat, kann man nur dankbar sein.
Sind Sie Karnevalsfreund? Insbesondere die städtische Finanzwirtschaft ist ja oft Ziel derber Wagensprüche ...
Nein; Mitglied im Karnevalsverein bin ich nicht. Eben so wenig wie in anderen Vereinen, außer dass ich Sympathisant der Frauenfeuerwehr bin. Die Sonst-Neutralität hat vor allem damit zu tun, dass ich gar nicht erst als Vereinsmitglied Woelke Erwartungen in Richtung des Kämmerers Woelke wecken wollte. Als Vereinsmitglied müsste ich wohl partielle Interessen vertreten; als Kämmerer aber muss und will ich allezeit unparteiisch den Gesamthaushalt, also das Ganze für Wittichenau, im Blick haben.
Von Udo Jürgens wissen wir, das Leben finge mit 66 Jahren an. Da haben Sie noch ein Jahr Zeit, sich auf das Eigentliche vorzubereiten. Gibt es schon Pläne?
Ich möchte gerne noch ein Weilchen mitgestalten; nutzen und weitergeben, was ich in 30 Jahren gelernt habe. Persönlich reise ich gern. So es Gesundheit und Weltlage zulassen, würde ich gern noch vieles in Europa sehen. Wer die Geschichte kennt, versteht die Gegenwart besser – und die Möglichkeiten der Zukunft. Nicht zuletzt auch für Wittichenau.
Gespräch: Uwe Jordan