Kultur von Jugendlichen für Jugendliche

Hoyerswerda. Die Idee geisterte schon länger in den Köpfen der jungen Menschen, aber erst im Kontakt miteinander merkten Helene und die Geschwister Lydia und Laurens, dass sie Gleichgesinnte sind, Verbündete werden können. „Ich dachte, ich finde nicht die Leute, mit denen ich das machen kann“, hat Helene Deus anfangs gezweifelt. Gemeinsam mit Paul Hartmann, der derzeit Mitglied im Jugendstadtrat Hoyerswerda ist, arbeiten die Vier an einem selbstverwalteten Jugendzentrum. Mittlerweile treten sie als Initiative Jugendkultur Hoywoj auf.
Was am Anfang bloße Ideen und Gedankenspiele waren, das ist durch die intensive Arbeit daran in den letzten Wochen ganz konkret geworden. Dabei hat vor allem die regionale Jugendkonferenz Mission2038 geholfen. Bei diesen Werkstätten – parallel in vier Städten – ging es um die Einbindung junger Menschen in den Strukturwandel. Ihre Ideen für die Zukunft der Lausitz waren im letzten Spätsommer gefragt.
Dort wurden ganz konkrete Ideen ausgearbeitet und sogar ein Projekt pro Standort mit einer finanziellen Förderung versehen. Der Zuschlag ging an das Projekt, das sich der Hoyerswerdaer Jugendkultur widmet. Rückblickend hat dieses Wochenende ganz viel bewirkt, meint Helene. „Drei Dinge haben uns gefestigt: Paul kam zur Gruppe hinzu, es gibt einen Bedarf und Interesse in der Stadt, die Förderung ist Anreiz und Hilfe bei der Umsetzung.“ Lydia Sauer misst dem einen ähnlichen Stellenwert zu: „Wir können, müssen und dürfen weitermachen.“
Gute Vorbereitung und Konzept
Mit diesem Wissen wurde fleißig ein großes Netzwerk aus Partnern aufgebaut – mit dem Hintergrund einen Träger, einen Raum und weitere finanzielle Unterstützung zu finden. Dabei stand auch immer die Deutsche Kinder- und Jugendstiftung weiter als Ansprechpartner zur Verfügung. Hilfe bei Anträgen oder der Vorgehensweise wurde zugesichert. Es wurden viele Gespräche mit Vertretern von Stadt und Verwaltung, Kultur- und Bildungsinstitutionen sowie Unternehmen geführt. Vorbehalte kamen den jungen Menschen dabei selten unter. Ihre Vorstellungen konnten meist klar formuliert werden. Dennoch hatte Paul schon mal den Eindruck, dass ein „richtiger“ Erwachsener verlangt wurde.
Doch die Gruppe steht für sich selbst ein, geht vorbereitet in Gespräche. Es fand „Beachtung, wie viel Arbeit wir schon investiert hatten“, erzählt Lydia. Das hat eine gewisse Erleichterung mit sich gebracht. Auch Helene meint, dass sie schon „übervorbereitet“ zu Treffen kam. Schon zeitig hatten die Jugendlichen gemeinsam ein Konzept ausgearbeitet. Es soll „Kultur von Jugendlichen für Jugendliche“ sein, so Lydia. Es werden schon mal mehrere Stunden pro Woche investiert, wie sie selbst verraten, um das Projekt voranzutreiben.
Unter dem selbstverwalteten Jugendzentrum stellt sich die Gruppe einen Ort vor, der jungen Menschen zur freien Verfügung für verschiedene Freizeitaktivitäten steht. „Kreativ werden, Veranstaltungen ausrichten oder einfach abhängen“, heißt es in einer veröffentlichten Umfrage, die die Bedarfe bei der Zielgruppe der 14- bis 27-Jährigen in der Stadt aufzeigen sollte.
Umfrageergebnisse nutzen
Dabei gaben die Befragten an, sich für Veranstaltungsformate wie Filmabende, Konzerte und Partys zu interessieren. Hingegen der Erwartungen votierten auch viele für Workshops und Ausstellungen – zur Freude der Initiative. Die Mithilfe wurde auch angeboten, was ihnen zu verstehen gab, „wir stehen nicht alleine da“. Ein Viertel gab an, sich aktiv in der Organisation und Verwaltung einbringen zu wollen. Ebenso viele können sich vorstellen, eigene Veranstaltungen zu planen. Weiterhin wurde die Idee gelobt und Mut zugesprochen. 52 junge Menschen haben sich beteiligt. Das stärkt den Eindruck und den Willen, nicht nur einen Partyraum zu schaffen. Damit haben sie ein Stimmungsbild – nicht nur als Argumentationshilfe.
Neben einer Absichtserklärung des Vereins Kulturfabrik kam zuletzt auch ein Unterstützerkreis aus Erwachsenen zusammen, die die Arbeit der Intitiative künftig unterstützen möchten. Auch vonseiten der Stadtverwaltung wurde Hilfe angeboten und vermittelt, dass dieses Projekt und Engagement gewollt ist.
Die vier Jugendlichen möchten damit vor allem auch Verbindungen schaffen. „Die Freundeskreise vieler Personen sind schulintern gestaltet“, hat Lydia beobachtet. Laurens bemerkt, dass es ein Problem ist, nach der Schule etwas mit Freunden zu unternehmen, wenn „uns ein Ort fehlt“. Besonders für Konzerte sucht er oft den Weg in andere Städte. Hier sieht er, dass „wir uns selbst etwas ermöglichen“.
So kann ein Jugendklub auch dabei helfen, die Bindung zur Region und Stadt zu stärken – entgegen der Resignation in der Generation. Ebenso soll der Austausch von Jung & Alt gefördert werden. „Wir halten das alle zusammen aus und gestalten Strukturwandel“, bringt Lydia den Aspekt der Mission2038 ein. Helene bemerkt, dass sie gemeinsam etwas verändern können. Das soll auch anderen ein Anreiz sein.
Per Newsletter informiert
Nun wird weiterhin ein geeigneter Raum gesucht. Trotz Leerstand ein schwieriges und langwieriges Thema. Faktoren, wie der Vermieterwille, die Miethöhe, der Zustand, Erreichbarkeit für junge Menschen und die Lage in der Stadt müssen berücksichtigt werden. Erst dann wird sich zeigen, wie die Stadt beispielsweise Betriebskosten übernehmen kann und wie die Trägerschaft mit allen Rahmenbedingungen endgültig aussieht. Alles baut aufeinander auf. Dennoch werden parallel Fördermöglichkeiten gesucht, Anträge geschrieben, Sachberichte verfasst, das Konzept überarbeitet. Seit kurzem wird per Newsletter über Neuigkeiten informiert.
Über jedes weitere Engagement sind die Vier froh und allen bisherigen Unterstützern dankbar. „Wir richten uns an selbstbestimmte, reife Menschen, die sich beteiligen wollen“, fasst Helene zusammen.