Auch ohne Termin zum Virus-Check

Hoyerswerda. Mancher Passant wirft einen erstaunten Blick auf die übersichtliche Schlange vor dem Vis-à-Vis-Saal in der Hoyerswerdaer Schloßstraße. Dass hier für zwei Tage ein Massentest stattfindet, hat sich noch nicht gänzlich herumgesprochen. Damit reagiert der Landkreis Bautzen auf Mutationsvarianten des Coronavirus SARS-CoV2. Im gesamten Landkreis sind bisher 80 Verdachtsfälle bekannt und zehn bestätigt. Ein Viertel sei dabei in der Region Hoyerswerda zu verbuchen, wie Vize-Landrat Udo Witschas mitteilt.
Die kurzfristig angesetzten massenhaften Schnelltests sollen dazu führen, dass „die Dunkelziffer eruiert“ wird. Kürzlich wurde in Radeberg ähnlich vorgegangen. Damit wurde auf einen lokalen Ausbruch in einer Kita reagiert – ein solcher konzentrierter Punkt ist in Hoyerswerda und den umliegenden Gemeinden nicht der Fall, was die Eindämmung etwas schwerer macht. Das Risiko der Mutationen sieht Udo Witschas auch in der schnelleren Ausbreitung. Das soll verhindert werden.
Die für Dienstag buchbaren 600 Termine waren am Morgen alle vergeben. Für den heutigen Mittwoch gibt es noch freie Termine. Udo Witschas weist daraufhin, dass bei großer Nachfrage kurzfristig reagiert und die Testung ausgeweitet werden kann. Ebenso ist es für Bürger möglich, ohne Termin vorbeizukommen. Niemand werde abgewiesen. Ab tausend Tests, so heißt es, spiegelt sich das Gesamtbild in der Bevölkerung wider, zieht Udo Witschas Schlüsse aus Radeberg. Die Stadt Hoyerswerda hatte für die zweitägige Testung zu schulendes Personal angeboten. Dafür ist der Vize-Landrat dankbar, aber die Besetzung mit zwanzig Landkreis-Mitarbeitern und sechs Soldaten der Bundeswehr ist ausreichend. Nach der Anmeldung im Foyer wird in einem abgetrennten Bereich des Saales der Abstrich genommen. Die 15-minütige Wartezeit findet nebenan im anderen Bereich des Vis-à-Vis statt. Man kann auf den mit Abstand angeordneten Stühlen, die mit Folien überzogen sind, Platz nehmen, bis das Ergebnis mitgeteilt wird. Man bekommt es schriftlich ausgehändigt. Bei positivem Ergebnis wird ein PCR-Test veranlasst, der aber nicht vor Ort durchgeführt wird. Die in diesem Fall erforderliche Quarantäne greift sofort nach Verlassen des Testzentrums. Enge Kontaktpersonen müssen dem Gesundheitsamt mitgeteilt werden. Personen des eigenen Hausstandes sollten unmittelbar informiert werden. Die häusliche Absonderung endet ohne Symptome nach zehn Tagen, mit leichten Symptomen frühestens nach zehn Tagen. Bei Virusvarianten können aber abweichende Entscheidungen getroffen werden.
Zuletzt bestand der Vorwurf, mit vermehrten Tests die Zahlen, die das Infektionsgeschehen abbilden, künstlich zu erhöhen und damit letztendlich Lockerungen zu verhindern oder zurückzunehmen. Dagegen verwahrt sich der Vize-Landrat vehement. „Wir wollen so viel testen, um Infektionen einzudämmen.“ Es ist auch eine volkswirtschaftliche Frage, erklärt Udo Witschas weiter. Erneute Schließungen seien zu vermeiden. Vielmehr sind weitere Lockerungen gewünscht.
Das Landratsamt am Standort Bautzen bietet seit einigen Wochen Schnelltests für Bewohner des Landkreises kostenlos an. Die Erfahrung zeigt, dass zu Testungen – das hat auch Radeberg ergeben – vor allem Bewohner aus einem 10-15-Kilometer-Radius um den Testort kommen. Daher soll in Hoyerswerda künftig ein Testzentrum etabliert werden. Gespräche zu den Räumlichkeiten sind abgeschlossen. Der Starttermin wird derzeit noch geprüft. Voraussichtlich ab der kommenden Woche besteht dann vorerst dauerhaft die Möglichkeit, sich im ehemaligen Sparkassensaal testen zu lassen. Etwa 40.000 Schnelltests sind laut Udo Witschas auf Lager. „Der Landkreis hat vorgesorgt.“ Das geht damit einher, das Engagement in Bautzen zu verringern und in Hoyerswerda und künftig in Kamenz auszubauen – so die Idee. Vermutlich werden Dritte, wie Apotheken oder private Anbieter mit der Testung beauftragt. Vorerst wird das Ganze mit Mitarbeitern des Landratsamtes weitergeführt.
Vize-Landrat Udo Witschas erhofft sich von dem Massentest, dass „die wenigen Infizierten gefunden werden und weitere Lockerungen“ umgesetzt werden können. Die Inzidenz ist dabei ein wichtiges Maß. „Ich möchte nicht, dass es an fünf Tagen über 100 steigt.“ Vorstellbar sind kleinteilige regionale Einschränkungen, um im Falle eines Hotspots nicht im gesamten Landkreis Beschränkungen verhängen zu müssen. Der Rückschritt zu geschlossenen Kitas und Schulen „wäre hart“.

