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Aus dem Schatten heraus ins Rampenlicht

Hoyerswerdas Oberbürgermeister trommelt für ein Großforschungszentrum in der Stadt oder ihrem Umland.

Von Mirko Kolodziej
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Da geht‘s lang! Vom Dach des Seenland-Klinikums aus zeigte der Oberbürgermeister dem Besuch aus Dresden auch, wo genau der Scheibe-See zu finden ist.
Da geht‘s lang! Vom Dach des Seenland-Klinikums aus zeigte der Oberbürgermeister dem Besuch aus Dresden auch, wo genau der Scheibe-See zu finden ist. © Foto: Mirko Kolodziej

Hoyerswerda. Ob es im Seenland-Klinikum in Hoyerswerda Nuklearmedizin gibt, wollte Professor Dr. Klaus Kopka am Donnerstag bei einer Stippvisite auf dem Hubschrauberlandeplatz des Krankenhauses wissen. Da die Zeiten, zu denen hier Radionuklide eingesetzt wurden, vorbei sind, wurde die Frage verneint. „Das brauchen wir in Hoyerswerda“, befand der Professor für Bioanorganische und Radiopharmazeutische Chemie an der TU Dresden.

Kopka forscht am Helmholtz-Zentrum in Dresden-Rossendorf und ist einer der Autoren eines Antrags für ein Großforschungszentrum im bisherigen Lausitzer Kohle-Revier. Der Bund und das Land Sachsen haben es als Mittel zur Strukturstärkung in Planung. Es läuft ein Wettbewerb dazu. Die Stadt Hoyerswerda als Partner unterstützt die Bewerbung für „Saxome(d)ter“. Es geht dabei um individualisierte Diagnostik und Therapie bei verschiedenen Krankheiten, um speziell auf einen bestimmten Patienten zugeschnittene Behandlung. Am Donnerstag nun waren verschiedene Beteiligte von der Stadt eingeladen worden, Hoyerswerda und die Region besser kennenzulernen. „Wir wollen ins Rampenlicht, aus dem Schatten herausgehen“, sagt OB Torsten Ruban-Zeh (SPD).Die Tour führte ins Klinikum, an den Geierswalder See und zur Krabat-Mühle. Die Wissenschaftler hatten auch Vertreter ihrer Projektpartner dabei. Dazu zählen zum Beispiel die Rotop Pharmaka GmbH oder die Molecular Diagnostics Group (MDG), beide im Besitz des Dresdener Unternehmers Dr. Wilhelm Zörgiebel.

Besuch vom Ministerpräsidenten

Die recht kurzfristige Einladung des Oberbürgermeisters hat mit einem anderen Termin im Mai zu tun. Damals war Ministerpräsident Michael Kretschmer mit dem OB seiner Heimatstadt Görlitz, Octavian Ursu (beide CDU) in Dresden-Rossendorf und hatte Sympathien für eine Ansiedlung des Großforschungszentrums an der Neiße erkennen lassen, wo Helmholtz schon das Casus-Forschungszentrum unterhält. Torsten Ruban-Zeh trommelt seither laut dafür, die Neuansiedlung im Norden der sächsischen Lausitz zu platzieren, also tatsächlich im eigentlichen Noch-Kohlerevier.

Also waren die Helmholtz-Leute am Donnerstag nicht die einzigen Besucher. Kretschmer hatte sich bereiterklärt, sich Ruban-Zehs Sicht der Dinge anzuhören.

Hoyerswerdas Stadtoberhaupt sagt, in Sachen Großforschungszentrum gebe es immer noch unterschiedliche Auffassungen, aber ansonsten sei der dreistündige Termin recht produktiv gewesen. „Er hat mir gesagt, er habe jetzt eine andere Wahrnehmung von der Stadt und ihren Möglichkeiten. Und das klang sehr ehrlich.“

Gesprächsthemen waren neben der Frage der Forschung auch die Entwicklung des Scheibe-Sees, der dem Regierungschef dank Drohnen-Rundflug mit Kamera-Übertragung von oben gezeigt wurde, oder die Revitalisierung des Industriegeländes. Man sprach auch noch einmal über die Verkehrsanbindung sowie die Ansiedlung von Behördenmitarbeitern. Und Kretschmer bekam mit dem früheren Gedas-Gebäude in Kühnicht sowie dem früheren WBK-Verwaltungssitz im Industriegelände auch zwei Immobilien präsentiert, die sowohl für Forscher wie auch für Büro-Angestellte recht rasch nutzbar wären.

Fraunhofer-Gäste erwartet

Für August ist laut Ruban-Zeh nun ein weiterer Termin mit dem Ministerpräsidenten vereinbart. Auch die Wirtschaftsförderung Sachsen soll beteiligt werden.

Schon diese Woche hat das Stadtoberhaupt eine weitere Tour mit Wissenschaftlern in seinem Kalender stehen. Am Dienstag sind Vertreter der Fraunhofer-Gesellschaft zu Gast, die sich mit ihrem Konzept einer „Zukunftsfabrik Lausitz“ um das Forschungszentrum bewirbt.

„Wir müssen jetzt erst einmal die erste Hürde schaffen“

Wissenschaftler Dr. Klaus Kopka ist unter den Ideengebern für Forschung in Hoyerswerda.

Herr Professor Kopka, warum können Sie zu „Saxome(d)ter“ öffentlich noch nicht so viel sagen?

Weil wir immer noch im ersten Schritt des Antragsverfahrens sind. Wir werden erst Ende Juli sehen, ob unsere Antragsskizze positiv bewertet wird. Wäre das so, dann könnten wir für ein halbes Jahr in die Konzept-Phase einsteigen.

Mit welcher Erwartung sind Sie nach Hoyerswerda gekommen?

Kennenlernen. Für mich ist der zwischenmenschliche Faktor wichtig. Ist der Wille da? Stimmt die Chemie? Auch, wenn es überhaupt nicht klar ist, ob es am Ende eine Entscheidung für „Saxome(d)ter“ gibt, sind wir sehr dankbar, dass wir vom Oberbürgermeister eingeladen worden sind, einen Eindruck zu gewinnen.

Wie ist die Situation vor Ort in der Lausitz, speziell in Hoyerswerda? Das hat mir viel gebracht.Wie könnten die äußeren Umstände Ihre Forschung beeinflussen?

Es geht ja nicht nur um Forschung. Wir beantragen ein Großforschungszentrum, aber es geht auch um die Transformation in Produkte. Wir brauchen also starke Industriepartner. Viele kleine und mittelständische Unternehmen haben wir schon gewinnen können. Meine Vorstellung ist, diese Transformation und das Konzept für ein modulares Gewerbegebiet, das uns vom Oberbürgermeister erläutert wurde, an unsere Forschungsinhalte anzudocken. Es ist auch ein Anliegen, Einvernehmen mit den Bürgerinnen und Bürgern zu finden. Wir wollen kein Großforschungszentrum gründen, das wie ein Ufo hier platziert wird.

Wie geht es jetzt weiter?

Jetzt müssen wir erst einmal die erste Hürde schaffen. Dann wären wir unter sechs von hundert Skizzen, die in die zweite Runde gekommen sind. Es werden jedoch nur zwei Ideen gewinnen. Aber selbst, wenn wir über die erste Hürde nicht kämen, haben wir einen Plan B. Und wenn der nicht funktioniert, haben wir einen Plan C.

Beide betreffen auch Hoyerswerda?

Das haben wir permanent im Fokus. Wir denken ebenso dezentral. Man könnte ja auch Kernkompetenz in Dresden sowie in Chemnitz haben und Puzzleteile wie die Ansiedlung von kleinen und mittelständischen Firmen in Hoyerswerda befördern.

Fragen: Mirko Kolodziej

Professor Dr. Klaus Kopka ist Direktor des Institus für Radiopharmazeutische Krebsforschung bei Helmholtz in Dresden.
Professor Dr. Klaus Kopka ist Direktor des Institus für Radiopharmazeutische Krebsforschung bei Helmholtz in Dresden. © Foto: Mirko Kolodziej