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Begegnungen am Scheibe-See

An Hoyerswerdas Haus-Gewässer trifft man dieser Tage neben Stadt-Bürgern auch Urlauber, Ausflügler und Rückkehrer.

Von Mirko Kolodziej
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Man kann sich auch auf der Luftmatratze liegend bestens mit dem Nachwuchs beschäftigen. So tut das hier Marina Barsig. Sie ist vom Scheibe-See sehr angetan.
Man kann sich auch auf der Luftmatratze liegend bestens mit dem Nachwuchs beschäftigen. So tut das hier Marina Barsig. Sie ist vom Scheibe-See sehr angetan. © Foto: Mirko Kolodziej

Hoyerswerda. Im Juni 1993, als Veit Becker Hoyerswerda verließ, da dröhnte und quietschte im Tagebau Scheibe noch der Eimerkettenbagger. Erst drei Jahre später endete hier die Braunkohleförderung. Längst hat Veit Becker in Hessen ein neues Zuhause sowie eine Ehefrau gefunden, hat eine Familie gegründet. Doch immer im Sommer kommen Beckers für eine Urlaubswoche nach Hoyerswerda.

Papa zieht‘s in die Heimat. Aber auch die zehnjährige Tochter Greta findet im Vergleich: „Hoyerswerda ist wegen der Seen viel besser.“ Und so konnte man Beckers dieser Tage zu fünft dort treffen, wo das Baggerquietschen verstummt ist und bei Windgang Wellen plätschern.

Die Urlauber aus der Nähe des hessischen Hünfeld, wo mit Konrad Zuse einst auch Hoyerswerdas wohl berühmtester Abiturient seinen Lebensmittelpunkt fand, genossen die Sonne am Kühnichter Strand des Scheibe-Sees. Unweit davon planschte Marina Barsig mit zwei Kindern aus der Verwandtschaft im Wasser, ihr Hund döste im spärlich vorhandenen Schatten.

Sie hat getan, was Veit Becker für später vielleicht einmal vorschwebt: Sie ist zurückgekommen. Aufgewachsen im alten Haidemühl, war sie Jahrzehnte erst in Berlin, dann weit entfernt im rheinischen Viersen. Vor drei Jahren wurde sie Hoyerswerdaerin und hat es nicht bereut. Im Sommer ist sie fast täglich am See zu finden. „Es ist doch optimal hier“, sagt sie.

Mit Skatern und Fahrrad

Das meint auch Jan Petrzela. Er ist so etwas wie das Musterbeispiel jener Seenland-Feriengäste, von denen man immer wieder vom Tourismusverband hört: Tschechen gelten dort als 1-a Ziel-Publikum, denn das Nachbarland hat keine Küste. Petrzela lebt nahe Prag und ist öfter hier. „Das ist die beste Gegend, um Inlineskates zu fahren“, begründet er. Mit dem Auto ist er von zu Hause aus in zwei Stunden im Seenland, häufig an den Wochenenden, aber im Sommer auch immer eine Woche lang. „Wir kommen hierher, seit ich neun bin“, sagt die 17-jährige Tochter Hanka. Also haben, während unten am Strand Familie Becker und Marina Barsig samt Begleitung ausspannen, die tschechischen Gäste am Parkplatz die Rollerblades an den Füßen montiert, um in aller Ruhe eine Runde um den See zu drehen. Es ist Vormittag, und so haben sich Vater und Tochter noch eine weitere Strecke ausgeguckt. Scheibe ist sozusagen das Training für die nachmittägliche Tour auf dem deutlich längeren Weg rund um den Bärwalder See. Die beiden nächtigen in Spremberg, waren aber in den zurückliegenden Jahren auch schon in Hoyerswerda oder in Bluno einquartiert. „Man findet immer etwas“, sagt Petrzela.

Ingo Zschau würde das bezüglich des Seenlandes vielleicht auch so sagen, allerdings eher hinsichtlich mit dem Fahrrad zu befahrender Strecken. Der Senftenberger war zwei Tage zuvor gerade am Blunoer Südsee, am Sabrodter See und am Spreetaler See unterwegs. Nun ist er, mit Bade-Decke, Handtuch, Brotbüchse und Flickzeug ausgestattet, auf dem Scheibe-See-Rundweg anzutreffen. Dass es hier touristisch nicht halb so hoch hergeht wie daheim, stört ihn nicht. „Das ist ja das Schöne“, sagt er. Noch ist es nicht zu überlaufen.


Jan Petrzela und Tochter Hanka sind Fans des Inlineskatings und treue Gäste im Lausitzer Seenland.
Jan Petrzela und Tochter Hanka sind Fans des Inlineskatings und treue Gäste im Lausitzer Seenland. © Foto: Mirko Kolodziej
Auch Familie Becker aus der Nähe des hessischen Hünfeld ist regelmäßig zu Gast, Papa Veit stammt von hier.
Auch Familie Becker aus der Nähe des hessischen Hünfeld ist regelmäßig zu Gast, Papa Veit stammt von hier. © Foto: Mirko Kolodziej
Ingo Zschau dreht mit seinem Winora-Fahrrad gern Runden im Seenland – diesmal um den Scheibe-See.
Ingo Zschau dreht mit seinem Winora-Fahrrad gern Runden im Seenland – diesmal um den Scheibe-See. © Foto: Mirko Kolodziej

Zu viele Hunde, zu viel Müll

Obwohl: Das Ehepaar Budzcinski, das oft aus Hoyerswerda an den Strand kommt, hat hier eine Spezies ausgemacht, von der es an der Wasserlinie nach seinem Geschmack deutlich weniger Exemplare geben dürfte: Hunde. Die beiden Hoyerswerdaer wünschen sich einen separaten Hunde-Badestrand. Und viele, die ebenso regelmäßig hierherkommen, hätten gern auch etwas anderes weniger: Zeitgenossen, die ihren Dreck einfach liegenlassen. Es ist Leuten wie Michael Taubner zu verdanken, dass es nicht noch schlimmer ist. Der Ruheständler hat es sich zur Aufgabe gemacht, leere Blechbüchsen, Flaschen oder Chipstüten wegzuräumen. „Manchmal schon morgens um fünf“, sagt er. Dann springt er zuerst kurz in den See und fühlt sich vielleicht so, wie es ein Verwandter von Familie Becker ausgedrückt hat. Sie schickte ihm ein Foto aus dem Seenland – und er hatte Mühe zu glauben, wo es herkam: „Er dachte, wir sind an der Côte d‘Azur.“