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Der beste Vorleser mag Fußball

Jean-Luca Eberl gewann den Wettbewerb im Bereich Kamenz und Hoyerswerda. Das kam für den 12-Jährigen eher unerwartet.

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Jean-Luca Eberl ist der Gewinner des diesjährigen Vorlesewettbewerbes. Das freut auch seine Mutter Kerstin, (im Bild mit Jean-Lucas’ kleinem Bruder) und die beiden Bibliotheksmitarbeiterinnen Pia Gutsche (rotes Shirt) und Susann Keck.
Jean-Luca Eberl ist der Gewinner des diesjährigen Vorlesewettbewerbes. Das freut auch seine Mutter Kerstin, (im Bild mit Jean-Lucas’ kleinem Bruder) und die beiden Bibliotheksmitarbeiterinnen Pia Gutsche (rotes Shirt) und Susann Keck. © Foto: Silke Richter

Von Silke Richter

Hoyerswerda. Rückblick: Jean-Luca ist traurig. Irgendetwas blockiert ihn. Dazu noch die Aufregung ... Dabei hatte er sich so gut auf den Leselöwen-Vorlesewettbewerb vorbereitet. Doch es hat an diesem Tag nicht sein sollen. Das ist jetzt zwei Jahre her. Aus dem damaligen Grundschüler ist ein selbstbewusster Lessing-Gymnasiast geworden, der beim Regionalentscheid des nunmehr 63. Vorlesewettbewerbs einen zweiten Versuch gewagt hat.

Der Wettstreit, der seit 1994 auch in Hoyerswerda stattfindet, wird vom Börsenverein des Deutschen Buchhandels initiiert und wurde, aufgrund der Corona-Pandemie, nicht live, sondern wieder digital durchgeführt. Dafür schauten sich die Jurymitglieder vor ein paar Tagen in der Hoyerswerdaer Stadtbibliothek „Brigitte Reimann“ gemeinsam die eingereichten Videobeiträge aller neun Teilnehmer an. Die Förderschüler, Gymnasiasten und Oberschüler aus Hoyerswerda, Kamenz, Schwepnitz, Radeberg, Rietschen und aus der sorbischen Oberschule in Ralbitz wurden mit Punkten nach Lesetechnik, Interpretation und Textstellenauswahl bewertet. Die besondere Herausforderung dabei: Herauszufinden, ob der ausgewählte Text tatsächlich vorgelesen und gut interpretiert oder ob die Textpassagen nur auswendig gelernt wurden. Zudem galt es für die Teilnehmer, nicht übertrieben zu schauspielern, sondern möglichst Natürlichkeit zu vermitteln. Bei Jean-Luca war es nicht nur dieser Aspekt, der die Jury überzeugte. „Es war vor allem seine Authentizität, die uns sehr gut gefiel“, erklärt Bibliotheksmitarbeiterin und Jurymitglied Pia Gutsche. Man habe auch gespürt, dass Jean-Luca sich bei der Aufnahme des Videos frei und ungezwungen gefühlt hat und sich deshalb vollkommen auf seinen Text konzentrieren konnte, ergänzte Pia Gutsches Kollegin Susann Keck.

Mit einem Sieg hatte Jean-Luca aber nicht gerechnet, wie er berichtete. Die Freude über den für ihn unerwarteten ersten Platz war damit natürlich umso größer, meint auch seine Mutter. Dabei sei ihr Sohn nicht unbedingt die ausgeprägte Leseratte. Er habe zwar schon im frühen Kindesalter sehr interessiert mit dem Lesen begonnen, und er zeige auch ein sehr schnelles Textverständnis. Jedoch hatte es Jean-Luca als Schulanfänger viel mehr begeistert, vornehmlich Schilder und Schriftsätze, die in der Öffentlichkeit zu finden sind, zu entziffern, zu lesen und zu verstehen. Heute greift der 12-Jährige gern zu spannender, altersgerechter Lektüre, wenn er Zeit und Lust hat. Aber nicht als Online-Variante oder als E-Bbook. „Ich mag es eher, das Buch in den Händen zu halten. So kann ich den Inhalt viel besser spüren und die Handlungen gedanklich nachempfinden.“

Seinen Vorlesetext hatte der Schwarzkollmer aus dem Buch „Das Austauschkind“ von Christine Nöstlinger gewählt. Ein Roman, der Bestandteil des sächsischen Lehrplanes ist und vom Alltagsleben einer Wiener Familie erzählt.

Jean-Luca ist in diesem Jahr somit der beste Vorleser des Kreises Hoyerswerda/Kamenz. Er gehört zu den 555 besten Vorlesern Deutschlands, die demnächst auf Bezirksebene um den Siegertitel wetteifern werden. Das abschließende Bundesfinale wird am 21. Juni in Berlin stattfinden. Und vielleicht gehört der 12-Jährige auch bald zu den besten Fußballern Deutschlands. Das ist momentan sein größter Berufswunsch. Auf die weitere Entwicklung von Jean-Luca darf man gespannt sein.