Hoyerswerda
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Der Eisheilige, der in Wittichenau zu Hause ist

Glaubensbekenntnisse und Geschichtszeugen in der katholischen Wittichenauer Kirche „St. Mariä Himmelfahrt“

Von Uwe Jordan
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In St. Mariä Himmelfahrt befindet sich diese Reliquie des Hl. Bonifatius.
In St. Mariä Himmelfahrt befindet sich diese Reliquie des Hl. Bonifatius. © Foto: Gernot Menzel

Wittichenau. Bonifatius, * um 673 in Crediton (Grafschaft Devon in England), † 5. Juni 754 oder 755 bei Dokkum in Friesland, gilt seit dem 16. Jahrhundert als „Apostel der Deutschen“. Seine legendärste Tat ist die vom Priester Willibald von Mainz in seiner „Vita sancti Bonifatii“ überlieferte Fällung der Donar-Eiche bei Geismar (heute: Ortsteil von Fritzlar in Nordhessen). Dass der germanische Gott Donar auf diese Provokation nicht reagierte, sich also als ohnmächtig erwies, beeindruckte die bei diesem Akt zahlreich anwesenden heidnischen Friesen so tief, dass sie das Christentum unter dem Zeichen des offenkundig überlegenen, von Bonifatius „mitgebrachten“ neuen Gottes annahmen. Aber was hat nun Bonifatius mit Wittichenaus Pfarrkirche St. Mariä Himmelfahrt zu tun? Nun – dieser Bonifatius (fast) nichts. Jedenfalls nicht mehr als andere Heilige der katholischen Kirche.

Siedendes Pech und Schnee-Ende

Ganz anders steht es mit seinem Namensvetter (oder besser: -vorgänger); dem Märtyrer, dessen Kalendertag der 14. Mai ist und der neben Mamertus (11. Mai), Pankratius (12. Mai) und Servatius (13. Mai) als einer der „Eisheiligen“ gilt (bisweilen wird die „kalte Sophie“ -15. Mai- diesem Quartett hinzugezählt). Bonifatius’ wahrer Geburtstag (er stammte wohl aus Rom) ist ebenso wenig verbürgt wie sein genauer Todestag. Immerhin Sterbejahr und -ort gelten als gesichert: 306 in Tarsus (Türkei). Dort musste er die Schrecken der Christenverfolgung unter Kaiser Galerius miterleben. Beeindruckt, dass die zu Tode Gefolterten im Glauben nicht schwankten, ließ er sich taufen und bekannte sich öffentlich zu seinem Glauben – und erlitt das Martyrium durch siedendes Pech. Laut Überlieferung brachten seine Begleiter seinen Leichnam zurück nach Rom, wo er an der Via Latina beigesetzt wurde. „Bonifatius“ bedeutet übrigens so viel wie „Der gutes Geschick Verheißende“ oder „Der Wohltäter“.

Warum der 14. Mai als „sein“ Tag festgesetzt wurde, ist unklar; auch, warum Wittichenau Ruhestätte für eine seiner Reliquien wurde. Überliefert ist nur aus dem Jahre 1700 in der Kirchenchronik: „Pfarrer Dubenka pilgert mit einigen Gemeindemitgliedern nach Rom. Sie bringen die Reliquien des Märtyrers Bonifatius mit.“

Hübsche Nebengeschichte: Zu DDR-Zeiten untersuchte der Kriminaldienst die Reliquie. Ob man nun einen Mordfall konstruieren oder anhand der Altersfeststellung konstituieren wollte, dass die Legende nicht stimmen könne, ist heute nicht mehr nachvollziehbar. Jedenfalls ergab die Untersuchung, dass an der zeitgeschichtlichen Zuordnung nichts zu deuteln war.

Seither hat dieser Teil der sterblichen Überreste einer historisch verbürgten Heiligenfigur Ruhe. Und wir dürfen uns, gemäß den Bauernregeln, auf gutes Wetter freuen: „Vor Bonifaz kein Sommer, nach der Sophie kein Frost.“ / „Kein Reif nach Servaz, kein Schnee nach Bonifaz.“

Übrigens: Nach dem Wittichenauer Bonifatius benannte sich Winfried Bonifatius, der Apostel der Deutschen – und damit schließt sich der Kreis dieser Geschichte.