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Eine Industrie-Ära in Bernsdorf endet

Aluform schreibt seit Jahren „rote Zahlen“. Ende September wird der Betrieb eingestellt. 31 Mitarbeiter verlieren den Job.

Von Ralf Grunert
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Erst aus der Vogelperspektive sind die Dimensionen des Aluform-Geländes auszumachen. Rechts oben ist das 2013 fertiggestellte Verwaltungsgebäude zu sehen.
Erst aus der Vogelperspektive sind die Dimensionen des Aluform-Geländes auszumachen. Rechts oben ist das 2013 fertiggestellte Verwaltungsgebäude zu sehen. © Archivfoto: Gernot Menzel

Bernsdorf. Die Aluform System GmbH & Co. KG in Bernsdorf ist auf Dach- und Fassadensysteme aus dem Leichtmetall Aluminium spezialisiert. Prächtige Referenz-Bauwerke gibt es rund um den Erdball. Das beginnt bei der Ferrari-World in den Vereinigten Arabischen Emiraten und reicht über den Hauptbahnhof Taichung in Taiwan bis hin zum europäischen Weltraumbahnhof Kourou in Französisch-Guayana. Neue Referenzen wird es allerdings nicht mehr geben.

„Wir werden die Produktion in Bernsdorf zum 31. August einstellen“, erfuhr TAGEBLATT jetzt auf Anfrage von Aluform-Geschäftsführer Friedrich Bergmann. Bis zum 30. September wird noch alles ausgeliefert und abgerechnet. An diesem Tag endet der Geschäftsbetrieb – und gleichzeitig auch die mehr als 100-jährige Ära eines Bernsdorfer Unternehmens, das 1910 als Baumaterialiengeschäft gegründet worden ist. Die Betriebsschließung sei die Konsequenz aus den „roten Zahlen“, die Aluform seit ein paar Jahren geschrieben hat. Der Geschäftsführer erklärt das mit einer dramatisch veränderten Marktsituation. „Probleme bei den Lieferketten und schwankende Preise machen das Geschäft unkalkulierbar.“ So habe sich der Aluminium-Preis auf dem Weltmarkt mehr als verdoppelt. Das seit Februar geltende Gesetz zum Mobilitätspaket erhöhe die Frachtkosten um mehr als 30 Prozent. „All das lässt sich mit keinem marktkonformen Preis kompensieren“, stellt Friedrich Bergmann fest.

Im Verdrängungswettbewerb

Das Resultat im konkreten Fall: „Unsere produzierten Mengen sind jährlich zurückgegangen.“ Das liege auch am Verdrängungswettbewerb. Wurde Aluminium viele Jahre lang bevorzugt, gibt es nun einen Trend hin zum Stahl. Der ist preisgünstiger.

Neuerdings verschärft auch der Ukraine-Krieg die Situation bei Aluform. Die Masse der Kunden ist mehr als 500 Kilometer westlich von Bernsdorf zu finden, schildert der Geschäftsführer. „In der aktuellen Situation haben wir ein extremes Problem bei der Beschaffung von Transport-Kapazitäten.“ Von den drastisch gestiegenen Kraftstoffpreisen ganz zu schweigen.

Personalabbau begann 2019

Seit 2017 ist Friedrich Bergmann Aluform-Geschäftsführer. Seinerzeit beschäftigte das Unternehmen 64 Mitarbeiter. 2019 begann der Personalabbau, der in diesem Jahr nun seinen Abschluss findet. Inzwischen haben alle aktuell noch 31 Beschäftigten ihre Kündigung erhalten. Auch der Geschäftsführer selbst ist betroffen. Zwar ist er mit der Abwicklung von Aluform betraut, die ab 1. Oktober erfolgt. Es geht darum, Interessenten für das 83.000 Quadratmeter große Firmengelände und die 14 Gebäude mit einer Nutzfläche von zusammen 18.000 Quadratmeter sowie für die Maschinen und noch vorhandenes Material zu finden. Sobald das erledigt ist, ist aber auch für Friedrich Bergmann Schluss.

Ein Azubi wird trotz Betriebsschließung seine Ausbildung fortsetzen können. Das sei sichergestellt, so der Geschäftsführer, der sich bemüht, seine Mitarbeiter in neue Jobs zu vermitteln. Bei einem großen Unternehmen in Hoyerswerda habe er bereits vorgesprochen. Er versucht, den einen oder anderen an Kunden und Lieferanten zu vermitteln. „Ich bin auch intensiv im Austausch mit dem Bernsdorfer Bürgermeister und im Kontakt mit Sachsens Wirtschaftsförderung.“ Jemanden, der sich für die Firma im Ganzen interessiert, hat er nicht gefunden. Vielleicht haben drei beauftragte internationale Immobilien-Makler mehr Erfolg, Industrie aus anderen Branchen durch den Verkauf von Gebäuden und Liegenschaften anzusiedeln.

Werksverkauf für Privatleute

Unabhängig davon startet Aluform, dessen Eigentümer zwei Investoren aus Köln sind, Ende April einen Werksverkauf. Bei dem können auch Kleinkunden fündig werden. Wellprofile, Trapezprofile und weitere Dach- und Fassadenprofile sind zu haben, lässt Friedrich Bergmann wissen. Erfahrungsgemäß eignen sich diese Materialien besten für die Verkleidung zum Beispiel von Carports oder Schuppen oder auch für Dacheindeckungen. Der erste Werksverkauf findet am Freitag, dem 29. April, in der Zeit von 8 bis 12 Uhr statt. Alle weiteren Termine sind auf der Aluform-Homepage (www.aluform.de) zu finden, so der abschließende Hinweis des Geschäftsführers.