Wittichenau. Es war eine der kürzesten Tagesordnungen, die Wittichenaus Stadtrat je abzuarbeiten hatte – und es war eine der längsten Sitzungen, die er je absolvierte. Erstmals nach zweijährigem Corona-Umzug in den Alten Bahnhof wurde wieder im Ratssaal des Rathauses am Markt getagt (Anlass, vor der Sitzung ein Extra-Rats-Foto für die städtische Internetpräsenz/Website anfertigen zu lassen); aber in Erinnerung bleiben wird diese Tagung nicht nur durch die für Wittichenau völlig untypischen, zum Teil dramatisch knappen Abstimmungs-Ergebnisse, sondern vor allem durch deren mögliche Folgen der Stadtentwicklung bis ins Jahr 2035.
Es ging um das von der Dresdener STEG (Stadtentwicklung GmbH) im Auftrage der Stadt vorbereitete Gemeindeentwicklungskonzept (GEK), das schon mehrfach öffentlich erörtert, bearbeitet, bürgerbeteiligt, nachgebessert, korrigiert, ergänzt ... worden war und nun vom Stadtrat beschlossen werden sollte – ist doch ein GEK unerlässlich beim Beantragen von Fördermitteln.
Einzel-Abstimmung zu jedem Punkt
Bürgermeister Markus Posch unterbreitete den Räten zu dem ihnen vorliegenden Entwurf einerseits die finalen Änderungsvorschläge der Stadtverwaltung; andererseits die noch eingegangenen Bürgerhinweise und -wünsche: Was aus dem Entwurf streichen, was ihm hinzufügen? Über jeden einzelnen Punkt wurde auch einzeln abgestimmt: knapp 50 Wünsche der Verwaltung; gut 30 Bürger-Anliegen, wobei sich in einigen wenigen Fällen die Themen doppelten und also manchmal als „schon erledigt“ abgehakt werden konnten.
Die Bedenken der Verwaltung betrafen vor allem allzu groß angelegte „Aufträge“ an das Rathaus, die Wittichenau entweder nur mit Mühe und großem (finanziellen) Aufwand hätte erfüllen können, andererseits nicht zuständig sei. Manches wurde als einfach nicht zielführend benannt.
So glich der erste Teil der Abstimmungen eher einem Streichkonzert. Beispiele: „Architektonische Wettbewerbe“ zur künftigen Gestaltung des Wittichenauer Stadtantlitzes (teuer ...)? „Entwicklung der Kernstadt-Immobilien durch eine noch zu gründende städtische Eigengesellschaft“ (sinnstiftend)? „Umzug der Stadtbibliothek ins Jakubetzstift“ (passt das da in Konzept und Raumplanung; würde es nicht andererseits neue Leerstandsprobleme schaffen)? Ankauf der Gaststätte Maukendorf oder auch des Volkshauses Wittichenau (Eingriff in Privat-Rechte ... )? Einbahnstraßensystem in Wittichenau zur „Verbesserung der Verkehrssituation“; „Rad-Spur auf der Bautzener Straße“ (würde das die ohnehin schon belastete Straße nicht noch mehr einengen)? Ein City-Manager (was solle der denn tun)? Großzügige Entwicklung des Knappensee-Nordstrands bei Maukendorf (da gebe es doch schon einen „Masterplan“ des Zweckverbandes Lausitzer Seenland vom Mai 2018 ...) – all das und einiges mehr strich der Stadtrat in ziemlicher Einigkeit.
Bitte konkret statt Weltrettung!
Erregung dann bei der Frage: Muss Wittichenau ein „Klimakonzept“ haben? Das Für („Strategische Anforderung der Zeit!“) und das Wider (sei es nicht Anmaßung und Vorgriff auf regierungsseitig vorgeschrieben Werdendes, von dem keiner wisse, wie es auch nur in zwei Wochen aussehe?; seien nicht konkrete wittichenauische Einzelmaßnahmen wie Solarflächen auf kommunalen Dächern eh schon Gegenstand der regulären Stadtrats-Arbeit?) hielten sich fast die Waage. Mit 8:6 Stimmen wurde entschieden: So ein universelles „Weltrettungs“-Konzept brauchen wir nicht! Hingegen eines zur energiepolitischen Vernetzung von Stadt und Unternehmen schon.
Dass sich Wittichenau als Nur-„Schadowitz-Stadt“ profilieren solle, stehe der Krabat-Region Oberlausitz entgegen: Abgelehnt! Hingegen Einzelnes wie das „Plaudern mit Schadowitz“ auf dem Wittichenauer Marktplatz unterstütze man.
Entgegen zu diesen Meist-Streichungen stand die Behandlung von nachträglich eingereichten Bürgerwünschen. Als legitim wurden ins GEK (unter anderem) aufgenommen die Unterstützung des Jugendclubs „Roxy“ (allerdings möglicherweise an einem anderen Standort), die Sanierung der Kreuzkirche, ein Brückenneubau zur Verbindung von Brischko mit der Kernstadt, Wohnmobilstellplätze, Ortswegweiser mit Zeitangaben („wie lange braucht man zu Fuß bis ...“), Modernisierung der Ortsdurchfahrten von Brischko, Hoske, Rachlau, Saalau, Sollschwitz und Spohla: ein Fitnesspark „für Erwachsene“ (wenngleich nicht unbedingt am Galgenberg) ...
Wittichenau hat sich ein Aufgabenheft geschrieben: Arbeit genug bis 2035!
Die Änderungen sollen nun in den öffentlich zugänglichen Text des endgültigen Wittichenauer Gemeindeentwicklungskonzeptes bis ins Jahr 2035 eingearbeitet werden. Einsehbar ist es auf https://my.hidrive.com/share/0-duv.zitq