Jeder Schritt zählt

Von Silke Richter
Hoyerswerda. Sport war für Tibor Bodò ein Fremdwort. Zumindest bis zum Jahre 2005. Das einzige, was der 44-Jährige, bis dahin Arbeitssuchender, mit aktiver, regelmäßiger Bewegung in Verbindung gebracht hatte, war der Angelsport. Aber auch der wird ja großenteils „in Ruhestellung“, sprich; beim Warten auf den (An-)Biss, ausgeübt.
Ein unverhofftes Angebot
Dann kam plötzlich Post von der Agentur für Arbeit – mit einem Stellenangebot des Sportclubs (SC) Hoyerswerda: Es wurde ein engagierter Sportwart gesucht. Quasi ein „Mädchen“, oder in seinem Fall vielmehr ein „Mann für alles“. Und Tibor Bodò griff zu! Zu seinen Aufgabengebieten gehörten unter anderem alle notwendigen Vorbereitungen für Trainingskurse und Wettbewerbe. Seinen Traum, wieder unabhängig vom Staat zu sein und für sich selbst sorgen zu können, hatte er sich damit bereits erfüllt. Und dennoch regte sich in ihm im Laufe der Zeit ein weiterer Wunsch. Denn immer wieder blieb Tibor Bodò fasziniert beim Kindersport des SC. Als stiller Beobachter verfolgte er an der Tür freudig die Begeisterung der Jungen und Mädchen, wenn sie beim gemeinsamen Sport ihren Spaß hatten. „Es war so viel Euphorie in den Stimmen und in den Reaktionen der Kinder zu spüren, dass sie mich förmlich damit ansteckten“, blickt der Hoyerswerdaer zurück. Seine anhaltende Begeisterung blieb auch der Geschäftsführerin des Sportclubs, Daniela Fünfstück, nicht verborgen, die ihren Kollegen wenig später fragte, ob er nicht Lust hätte, den Kindersport des Vereins zu unterstützen. Die dafür erforderliche Trainerschein-Ausbildung absolvierte Tibor Bodò mit Bravour. Der 44-Jährige bringt die wohl dafür wichtigsten Voraussetzungen von Natur aus mit: Empathie, Einfühlungsvermögen und eine ausstrahlende Ruhe, die sich zu gegebener Zeit schnell in Begeisterung und Motivation verwandelt, wenn sie angebracht ist.
Der Erfinder des „Tibor-Sports“
Viele Familien, deren Nachkommenschaft längst den Kinderschuhen entwachsen ist, erinnern sich heute noch sehr gern an die Zeit zurück, als ihre Töchter und Söhne den so genannten „Tibor-Sport“ besuchten: Zahlreiche Bilder, Briefe und Karten, die den Sportclub nach wie vor erreichen, zeugen von der Begeisterung der Eltern und ihrer Kinder. Wie Familie Gircoveanu, deren Sohn und Tochter erst den Babysport mit Sandra Weller und später ihren beliebten „Tibor-Sport“ besuchten.
Und dennoch wurde Tibor Bodò relativ schnell klar, dass sein Körper noch nicht so fit war, wie es sein sollte. Der entscheidende Auslöser für diese Erkenntnis war ein Unfall, der durch falsche Bewegungsabläufe ausgelöst wurde. Unverhofft, aber um so plötzlicher war es passiert: Heftige Rückenschmerzen, die nicht nur, aber auch durch falsches Heben und Tragen von Lasten in Alltagssituationen verursacht wurden. „So etwas wollte ich nicht noch einmal erleben müssen“, schaudert es Tibor Bodò, der in solchen Momenten gern an seine Kollegin Kerstin Nix zurückdenkt: Die Trainerin verstand es, den 44-Jährigen ohne „erhobenen Zeigefinger“ zu motivieren und in die richtige Richtung zu lenken. Schnell entdeckte der Hoyerswerdaer das Laufen für sich. Eine Sportart, für die man außer sich selbst nur noch gute Laufschuhe und dem Wetter angepasste Kleidung braucht.
Schwierige erste zwei Kilometer
Eigentlich. Denn der Teufel sitzt auch hier im Detail und trägt den Namen „innerer Schweinehund“. Natürlich hat auch Tibor Bodò nicht immer Lust zum Laufen. Der Hoyerswerdaer bemerkte aber schnell, dass dieser Sport nicht nur seinem Körper, sondern auch seinem Geist sehr guttut. Auch wenn der 44-Jährige nach seinem ersten Zwei-Kilometer Lauf nicht mehr aufstehen wollte. „Mir tat alles weh, und ich habe sehr schwer geatmet“, blickt er zurück. Heute zählt der SC-Trainer zu den erfahreneren Läufern. Den Sport möchte er nicht mehr missen. Und die Erfolge sind Motivation genug, den inneren Schweinehund zu besiegen. Immer wieder. Denn seitdem Tibor Bodò regelmäßig läuft und diese Form der Bewegung aktiv im Alltag einsetzt, plagen ihn keine Rückenschmerzen mehr.
Wer jetzt neugierig geworden ist, kann sich beim Sportclub gern weitere Tipps und Informationen holen. Seit dem 1. Februar läuft zudem eine besondere Aktion, as Winterkilometer-Sammeln, bei der man seine gelaufenen Kilometer angeben kann. „Man sucht sich seine Lieblingsstrecke aus und trägt über das Formular auf der Homepage seine absolvierten Kilometer ein. Gern können die Sportler uns auch gern Lieblingsalmen, Ski-Hütten und Lieblings-Ski-Orte verraten. Denn gemeinsam werden wir in der Zeit virtuell einige mit den gesammelten Kilometern besuchen. Viele Kilometer für unsere Gesundheit sind auch diesmal unser Ziel“, erläuter SC-Öffentlichkeitsarbeiterin Sandra Weller dazu.
Am Nordpol waren sie schon
Zur Teilnahme reiche auch schon die Ein-Kilometer-Laufstrecke bis zum Supermarkt – beispielsweise, ermuntert Daniela Fünfstück. Die SC-Geschäftsführerin möchte gemeinsam mit ihren Kollegen die Hoyerswerdaer und Umländler trotz Lockdown zur Bewegung animieren. Jeder Schritt zähle. Nachdem sich im Dezember des vorigen Jahres viele Hiesige an der Sammlung von Gesundheitskilometern beteiligt hatten (und dabei in der Addition der gelaufenen Strecken virtuell den Nordpol erreichten und wieder zurück nach Hoyerswerda fanden), geht es nun um Winterkilometer. „Ob zu Fuß, auf Skiern oder mit dem Schlitten – wichtig ist nur, dass die Menschen Spaß an der Bewegung im Freien haben und sich fit halten. «Wenn schon mit Abstand, dann aber trotzdem gemeinsam»“, sind Kerstin Nix und Sandra Weller vom Sportclub sicher. Also regelmäßig absolvierte Winterkilometer sammeln und diese dem Sportclub mitteilen!
Wer mag kann auch, wie gerade geschildert, dazu seine winterlichen Lieblingsorte mitteilen. Alle gesammelten Kilometer werden vom Sportclub zu einer Gesamtstrecke zusammengerechnet. Bei der letzten Aktion reichte die Strecke, wie erwähnt, mit 9.406.09 Kilometern von Hoyerswerda bis zum Nordpol und zurück. Die neue Aktion läuft bis zum 28. Februar.
Kontakt: SC Hoyerswerda; VBH-Arena (Liselotte-Herrmann-Straße 11, 02977 Hoyerswerda); Tel. 03571 [email protected]