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Kein Wassersport beim Wassersportverein

Am Spreetaler See dauert die Hängepartie nun schon deutlich länger als ein Jahrzehnt.

Von Mirko Kolodziej
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Lutz Müller, Monika Frost und Hans-Jörg Herholz (von links nach rechts) gehören zum Wassersportverein, der sich ausgebremst sieht.
Lutz Müller, Monika Frost und Hans-Jörg Herholz (von links nach rechts) gehören zum Wassersportverein, der sich ausgebremst sieht. © Foto: Mirko Kolodziej

Spreetal. Langsam wird die Hoffnung beim Wassersportverein Spreetaler Ostküste zur Gewohnheit. „Das große Ziel heißt Wassersport auf dem Spreetaler See“, sagt Vereinschef Hans-Jörg Herholz, der auch für die Spreetaler Wählervereinigung im Gemeinderat sitzt. Vom Vereinsheim ist es ein Katzensprung zum Wasser. Von der Dachterrasse des soliden Containerbaus aus kann man einen Großteil des Gewässers überblicken. Man sieht jedoch auch die Schilder am Ufer. Sie tragen die Aufschrift: „Sperrbereich, Betreten verboten, Lebensgefahr“.

Als der Verein 2004 mehr oder weniger auf Anregung von Bürgermeister Manfred Heine (parteilos) hin gegründet wurde, war die Annahme, vier, fünf Jahre später könne es mit dem Motorsport auf dem Gewässer losgehen. Inzwischen ist der offizielle Flutungsbeginn mehr als zwanzig Jahre her, und es tut sich weiterhin nichts. Es geht um den Füllstand. Das Kürzel NHN steht für Normalhöhennull. In offiziellen Unterlagen gibt der staatliche Bergbausanierer LMBV noch 108 an. Letzte offizielle Messung: 106. Das heißt, es fehlen zwei Meter.

Das Wasser ist zu knapp

Diese zwei Meter sind wichtig für die Sicherheit. Die Sanierung ist auf den Endwasserstand hin erfolgt. Das heißt vereinfacht gesagt: Steht das Wasser tiefer, fehlt Stabilität und der Uferbereich könnte rutschen – so jedenfalls Berechnungen und Genehmigungen zufolge. Ende vorigen Jahres schenkte die LMBV in Persona ihres damals neuen Chefs Bernd Sablotny Gemeinde und Verein reinen Wein ein: Das Wasserangebot in der Region ist so knapp, dass es nicht überall langt. Fazit: Besagte 108 m NHN seien nicht mehr zu erreichen. Auf ihrer Webseite gibt die LMBV schon kein Zieldatum für das Flutungsende mehr an. „In Planfortschreibung“ heißt es stattdessen.

Parkplätze ohne Funktion

Und so kann der Wassersportverein mit seinen rund 30 Mitgliedern zwar aufs Wasser schauen, aber nicht darauf Wassersport betreiben. Freilich halten die Sperrschilder andere Leute nicht von der Betätigung im kühlen Nass ab. Es ist sattsam bekannt, dass im Spreetaler See mehr als vereinzelt Menschen baden gehen oder ihre Stand-Up-Boards ausprobieren. Sogar Kite-Surfer sollen bereits gesehen worden sein.

„Ich bin auf dem See schon Wasserski gefahren“, lächelt Vereinsmitglied Lutz Müller. Das allerdings war durchaus legal, weil es im Jahr 2010 für eine Saison beziehungsweise für einige Monate schon einmal eine Genehmigung zur sogenannten Zwischennutzung gab, diese allerdings mit Auflagen. „Da hatten wir ein paar schöne Wochenenden“, berichtet Vereinschef Herholz. Seither ist mehr oder weniger Ausharren angesagt. Das Vereinsleben wird, so gut es geht, aufrechterhalten.

So gab es Bootstouren auf der Havel oder auf der Saale, die eine oder andere Feier, immer mal Frühjahrs- oder Herbstputz. Was möglich ist, wird gemacht. Manchmal, sagt Lutz Müller halb ernst und halb im Scherz, frage er sich aber schon, wofür er Mitgliedsbeitrag bezahlt. Andere haben längst das Handtuch geworfen. Der Deutsche Motoryachtverband wollte eigentlich ein Ausbildungszentrum am See bauen. Davon ist nun schon geraume Zeit nicht mehr die Rede. Der Inhaber der Firma Celsion hatte vor, Jetski-Sport für Erholung Suchende zu etablieren und die Sportler nebenan im ehemaligen Spreetaler Kulturhaus unterzubringen. Es ist mittlerweile zum Wohnhaus umfunktioniert worden.

Auch die Gemeinde Spreetal setzte lange darauf, dass es schon bald auf die Zielgerade gehen würde. Gemeinsam mit der LMBV wurde die Erschließung vorangetrieben. Inzwischen gibt es an der Bundesstraße 97 zwei See-Parkplätze, die so richtig keine Funktion haben. Von einem führen ein paar Meter Trampelpfad in Richtung des Vereinsheims. Es ist wahrscheinlich das einzige Stück unbefestigten Waldweges mit Beleuchtung weit und breit. Dort, wo der Weg auf den Seerundweg trifft, ließ die Gemeinde zuletzt auch noch ein ausgemustertes Kajütboot aufstellen. Der Bürgermeister hatte es im Spreewald entdeckt und aufarbeiten lassen. Manche nennen es daher ironisch die „MS Heine“.

Neidvoller Blick nach Norden

Lutz Müller meint, es könnte alles so einfach sein. Theoretisch sei es leicht möglich, Wasser aus dem Oberen Landgraben in den Spreetaler See zu leiten. Doch es ist amtlich anders vorgesehen. In Spreetal beobachtet man mit Missvergnügen, wie rasch sich das Lausitzer Seenland im Norden entwickelt hat. Namentlich die Tempo-Flutung des Großräschener Sees wirft Fragen nach der Reihenfolge auf. Und Monika Frost, Vereinsmitglied sowie Spreetals ehrenamtliche Ortsvorsteherin, ist überzeugt: „Das Land Sachsen hat kein Interesse an diesem Seenland. Nur der Raum Leipzig zählt.“ Auf der Brandenburger Seite jedenfalls gehe es schneller und reibungsloser voran. Potsdam sei aktiver als Dresden.

Monika Frost hatte sich eigentlich vorgenommen, zum 70. Geburtstag in zwei Jahren mit dem Paddelboot von Spreetal aus in Richtung Senftenberg aufzubrechen. „Das wird wohl nichts“, sagt sie. Den südlichsten Punkt im Lausitzer Seenland und den unstreitig am weitesten entwickelten trennen zwar nur rund 25 Kilometer Luftlinie, aber in Sachen Nutzung doch Welten.