Musik mit Torte und Feuerwerk

Hoyerswerda. Zum Abschluss von Ausgabe 55, so kann in der Chronik der Hoyerswerdaer Musikfesttage vermerkt werden, gab es eine Torte. Das mehrstöckige Zuckerwerk aus der Bäckerei Ermer wurde am Sonntag mit aller verfügbaren Vorsicht von Lausitzhallen-Geschäftsführer Dirk Rolka auf einem Servier-Wägelchen auf die Bühne geschoben. Oben aufgesteckt prangte eine „60“.
Denn das Abschlusskonzert war dieses Mal vielmehr als nur dies, so unter anderem das Festkonzert zum 60-jährigen Bestehen des Sinfonischen Orchesters Hoyerswerda. Es ist im Oktober 1962 als Orchester der Werktätigen gegründet worden und seit der ersten Ausgabe der Musikfesttage eine Programm-Konstante.
Gemessen am Applaus vom Sonntag darf wohl festgehalten werden: Hoyerswerdas Musikfreunde lieben „ihr“ Orchester. Es gab stehende Ovationen, und das Publikum erklatschte sich drei Zugaben. Dabei waren auf dem Instruktionszettel für die Lausitzhallen-Technik ursprünglich mit Julius Fuèiks Florentiner Marsch und Johannes Brahms Ungarischem Tanz Numero fünf lediglich zwei Bonus-Stücke vermerkt.
Vor Beifall und Torte hatte die Regie auch noch Feuerwerk vorgesehen. Natürlich ordentlich überwacht von der Feuerwehr am Bühnenrand sorgten zwei ziemlich eindrucksvolle Funken-Fontänen für festliche Stimmung – zum Jahreswechsel. Denn auch dies war die Veranstaltung zum 1. Mai: ein etwas verspätetes Silvester-Konzert. Seit Eröffnung des damaligen HBE 1984 zeichnet das heutige Jubiläums-Orchester in der Regel auch dafür verantwortlich – so nicht gerade Sars-CoV-2-Viren unterwegs sind. Daher hatte das Programm am Sonntag zwei Teile, nämlich zu Beginn getragene Klassik von Franz Schubert und Ernst Sachse sowie nach der Pause das Repertoire von zuletzt Ausgefallenem mit reichlich Arbeit für die Schlaginstrumente.
Und weil zu Silvesterkonzerten inzwischen seit einem Vierteljahrhundert die launige Moderation von Hoyerswerdas einzigem lebenden Ehrenbürger gehört, hatte am Sonntag auch Friedhart Vogel einen nachgeholten Auftritt. Schon fast Standard ist ebenso der Hinweis, dass das Hoyerswerdaer Orchester längst zum Telefon- und Reiseklangkörper geworden ist. Denn die Stadtentwicklung hat es mit sich gebracht, dass die Mitglieder nicht mehr nur in Hoyerswerda daheim sind, sondern auch vielerorts sonst in der Bundesrepublik.
So wies Vogel auf ein Programm hin, das mit der Übernahme des Dirigentenstabes durch Eva Meitner nach dem Tod des langjährigen Orchesterleiters Lutz Michlenz seit ein paar Jahren den Nachwuchs sichern helfen soll. Es heißt „Sommerklänge“. Dabei wird Menschen – ob jung, ob etwas älter – die ein Instrument spielen können, die Möglichkeit gegeben, sich in Orchesterarbeit auszuprobieren und bei beidseitigem Gefallen auch zu bleiben.
Friedhart Vogel wäre nicht Friedhart Vogel, wenn er nicht darauf aufmerksam gemacht hätte, dass seine Familie ihr Soll zur Bestandserhaltung nun wahrlich übererfüllt hat. Sohn Torsten ist unter den Bläsern zu finden. Zuletzt hatte er bekanntlich mit seinem Sohn Fritz gemeinsam auf dem Markt versucht, der pandemiebedingten Veranstaltungspause durch Platzkonzerte im Freien ein wenig Kultur entgegen zu setzen. Fritz wiederum war am Sonntag der Solist des Nachmittags beim dreisätzigen Concertino für Posaune von Ernst Sachse. Seine Schwester Helene, Solistin des Jahres 2016, fand sich mit ihrer Violine ebenso unter den gut 60 Musikerinnen und Musikern wie der kleine Bruder Wilhelm, dem man die Triangel anvertraut hatte.
Mutter Christiane Vogel wiederum hält nicht nur als Vorsitzende des Orchester-Trägervereins alle organisatorischen Fäden in den Händen und trägt mit eigenem Geigenspiel zum Gesamtklang bei. Sie ist nun auch die Nachfolgerin der scheidenden Festspielchefin Carmen Hoffmann.
Als Dirk Rolka zum Ende des Konzertes die eingangs erwähnte Torte auf die Bühne bugsierte, ging ein Raunen durch den Saal. Der Chef der Lausitzhalle meinte, man könne sich jedoch auch über die Existenz des Sinfonischen Orchesters die Augen reiben. Es stünde eigentlich nach jedem seiner Konzerte die Frage: „Und das soll ein Laienorchester sein?“ Die allgemeine Hoffnung besteht nunmehr darin, dass es am 31. Dezember 2022 wieder regulär aufspielen kann, auch wenn Friedhart Vogel witzelte, man habe nun zwei Konzerte zum Eintritt von lediglich einem gesehen.
Und dass das Lausitzhallen-Management froh ist, die 55. Festtage mit nur einer pandemiebedingten Absage und damit elf Konzerten reibungslos ins Werk gesetzt zu haben, verdeutlichte ein kleiner Film auf einer über der Bühne heruntergefahrenen Leinwand. Es gab Impressionen von jeder Veranstaltung sowie am Ende ein „Danke“ des Lausitzhallen-Kollegiums. Denn immerhin rund 1.900 Karten sind in diesem Jahr verkauft worden.
