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SZ + Hoyerswerda

Treue zum Glauben und Liebe zur Sprache

Das zeigte Sonntag der 15. Sorbische evangelische Heimattag in Hoyerswerda und Bröthen mit vielen Besuchern.

Von Andreas Kirschke
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Ankunft der Teilnehmer des Sorbischen Heimattages in Bröthen vor dem Bürgerhaus, hier gab es erstmal ein Ständchen zu Ehren von Ortsvorsteher Lothar Kujasch (Mitte mit hellem Hut), der an diesem Tag seinen 67. Geburtstag feierte.
Ankunft der Teilnehmer des Sorbischen Heimattages in Bröthen vor dem Bürgerhaus, hier gab es erstmal ein Ständchen zu Ehren von Ortsvorsteher Lothar Kujasch (Mitte mit hellem Hut), der an diesem Tag seinen 67. Geburtstag feierte. © Foto: Andreas Kirschke

Bröthen. Glaubenstreue und Sprachpflege gehören bei den evangelischen Sorben untrennbar zusammen. Geschichtspflege und Visionen für die Zukunft gehören zusammen. Das zeigte Sonntag der 15. Heimattag der evangelischen Sorben in der Region Hoyerswerda. „Wer die Vergangenheit vergisst, hat keine Zukunft“, unterstrich Lothar Kujasch, seit 1996 Vorsitzender der Sorbischen Tanz- und Trachtengruppe Bröthen e. V. und seit 2009 Ortsvorsteher in Bröthen/Michalken.

Mit anderen Christen feierte er am Morgen in der Johanneskirche Hoyerswerda einen deutsch-sorbischen Abendmahlsgottesdienst. Der Chor Seidewinkel unter Leitung von Kerstin Lieder begleitete musikalisch mit berührenden Liedern und mit dem Reisesegen. Sigrun Nasdala und Bernd Bramborg aus Dörgenhausen verlasen Fürbitten. Diese galten dem Frieden und dem Erhalt der Kirche, ebenso dem Erhalt des sorbischen Volkes und einem guten Miteinander mit den Deutschen, zugleich dem baldigen Frieden in der Ukraine. „Gott lädt uns immer wieder ein zum Friedensmahl. Gottes Gnade kennt keine Grenzen. Am Ende steht immer das Reich Gottes“, predigte Jan Malink, Superintendent im Ruhestand, über das Gleichnis von Gottes Festmahl. Für den Frieden, so seine Botschaft, ist es nie zu spät. Die Entscheidung dafür liegt bei jedem Einzelnen selbst.

Mit einem Traktor und mit Kremsern ging es gleich nach dem Gottesdienst von der Johanneskirche weiter nach Bröthen. Vorn fuhren die Königswarthaer Blasmusikanten. Sie begleiteten zudem später im Bürgerhaus Bröthen das Programm musikalisch. Zur Besichtigung offen stand das Traditionszimmer, ebenso der historische Hof bei Janine Giebner. Mit einem Bücher-Tisch war der Domowina-Verlag vor Ort. Sonja Rehor und Maria Scholze malten kreativ mit den Jüngsten. Die Sorbische Kindertanzgruppe Bröthen erfreute mit Tänzen wie Rheinländer, Stup dale, Schustertanz und weiteren Stücken. Begleitet und rege motiviert von Fabian Kaulfürst aus Panschwitz-Kuckau am Akkordeon sangen die Teilnehmer fröhlich sorbische Volkslieder. Jan Malink verlas ein herzliches Grußwort von Pfarrer Joachim Nagel. Dieser rief 2007 den Heimattag ins Leben. Heute im Ruhestand wohnt er in Polen. „Der Heimattag ist Stärkung im Glauben, zugleich Stolz auf die Heimat und auf unsere Vorfahren“, meinte Dr. Stefan Reichelt, seit 2019 Pfarrer in der Elsterheide mit Pfarrsitz in Bluno. „Der Heimattag ist nicht nur Erinnern und Zurückschauen, sondern auch Bewusstwerden im Glauben und in den Glaubensinhalten, ebenso ein Vorausschauen auf das, was uns als Region unverwechselbar ausmacht.“ Im Gottesdienst am Morgen las er die Liturgie in Sorbisch. Kontinuierlich lernt er seit längerem die Sprache. Im Alltag hört er Sorbischen Hörfunk und liest sorbische Zeitungen. „Oft fehlt mir die Praxis zum Sprechen“, meinte er am Sonntag. Gerade den Heimattag sieht er daher als eine gute Gelegenheit zum Anwenden.

So geht es ebenfalls Bernd Bramborg. Bei Pfarrer Joachim Nagel in der Evangelischen Johanneskirchengemeinde Hoyerswerda-Altstadt fing er vor Jahren an, Sorbisch zu lernen. Heute lernt er weiter bei Brigitte Räßler im sorbischen Gesprächskreis Serbska Bjesada Bergen. Dieser trifft sich „von O bis O“ von Oktober bis Ostern einmal wöchentlich. „Wichtig ist, die sorbische Sprache anzuwenden“, meinte der Dörgenhausener Sonntag beim Heimattag. „Das Sprechen fällt mir oft schwer. Vor allem die Vokabeln fallen mir oft schwer. Im Alltag versuche ich, jeden Morgen die Herrnhuter Losung in Sorbisch zu lesen, danach die Losung in Deutsch.“

Den Heimattag erlebt er seit 2010 bewusst mit. Damals führte der Tag nach Schwarzkollm. 2011, als es nach Spohla ging, fuhr Bernd Bramborg erstmals mit dem Kremser mit. Am Heimattag wertschätzt er vor allem die vielen Begegnungen, die praktische Anwendung der Sprache und das gesellige, gemeinsame Singen von Volksliedern. Er bringt sich selbst aktiv mit ein. So liest er seit einigen Jahren im Gottesdienst mit Sigrun Nasdala die Fürbitten in Sorbisch und in Deutsch. Bernd Bramborg verantwortet ebenfalls zur Abschlussandacht am Nachmittag den Ballongruß in die Ferne. Dabei werden Luftballons in den sorbischen Farben Blau, Rot, Weiß mit Zetteln gefüllt. Diese enthalten Segenswünsche, Grüße und Bitten, ebenso die Aufforderung an Finder der Ballons, sich wieder zurückzumelden.

Der Heimattag am Sonntag zog zugleich Interessierte aus der Ferne nach Hoyerswerda und Bröthen. „Schon vor Corona erlebten wir in der Johanneskirche einen sorbischen Gottesdienst mit. Heute wollen wir den Heimattag vollständig miterleben“, meinte Elke Pfrommer aus Monakam bei Pforzheim. Mit ihren Eltern, Ingrid und Helmut Pfrommer, und mit ihrer Tante Helga Spielmann, weilt sie für mehrere Tage in der Lausitz. Der Spreewald, Bad Muskau und Hoyerswerda sind dabei Reiseziele. Vor allem die Trachten, die Musik und die Lebensfreude der evangelischen Sorben berührten Elke Pfrommer.

Martina und Rainer Weber kommen aus Göppingen bei Stuttgart. Zweieinhalb Wochen campen sie am Silbersee in der Gemeinde Lohsa. Vor acht Jahren entdeckten sie die Lausitz mit Lübben, Lübbenau und dem Spreewald. Im Freilandmuseum in Lehde erfuhren sie zum ersten Mal etwas über die Sorben. Ein Zittauer Ehepaar inspirierte sie, wieder in die Lausitz zu reisen. Zum Heimattag in Hoyerswerda entdeckten sie erneut die Sorben. „Ihr Brauchtum bewegt uns sehr. Wichtig ist, dass es gepflegt, erhalten und weitergegeben wird“, meinte Martina Weber. „Uns berühren auch sehr die sorbischen Lieder.“