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Verein kämpft um Erhalt des Turbinenhauses

Es geht um ein Erbe der Weißkollmer Ortsgeschichte. Ein Abriss ist derzeit kein Thema.

Von Andreas Kirschke
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Der 2020 gegründete Heimat- und Kulturverein Turbinenhaus Weißkollm setzt sich für den Erhalt ein. Thomas Rösler (l.) und Rolf Möbius gehören zu den 16 Mitgliedern des Vereins.
Der 2020 gegründete Heimat- und Kulturverein Turbinenhaus Weißkollm setzt sich für den Erhalt ein. Thomas Rösler (l.) und Rolf Möbius gehören zu den 16 Mitgliedern des Vereins. © Foto: Andreas Kirschke

Weißkollm. Der Zahn der Zeit nagt am historischen Turbinenhaus. „Wir müssen dringend handeln. Sonst geht uns dieses Zeugnis der Ortsgeschichte für immer verloren“, sind sich Thomas Rösler und Rolf Möbius einig. Beide sind Gründungsmitglieder des seit September 2020 bestehenden Kultur- und Heimatvereins Turbine Weißkollm.

Am 31. Oktober vorigen Jahres kamen 14 der aktuell 16 Vereinsmitglieder zu einem Arbeitseinsatz zusammen. Sie beräumten vor Ort Bauschutt und Geröll. Sie entfernten Baumgestrüpp. Zugleich durchspülten und reinigten sie das zugehörige Spreewehr. „Was möglich war, haben wir getan“, meinen die zwei Weißkollmer im Rückblick. Das ehemalige Turbinenhaus und das zugehörige Spreewehr gehören der Landestalsperrenverwaltung (LTV). Diese hat signalisiert, dass das Turbinenhaus für die Gewässer-Unterhaltung nicht mehr notwendig ist (TAGEBLATT berichtete).

Die LTV ist Betreiber der wasserwirtschaftlichen Anlagen. Die Liegenschaften gehören dem Land Sachsen. In dessen Auftrag verwaltet das Zentrale Flächenmanagement Sachsen (ZFM) die Flächen. Die LTV hat die Wehranlage an die Gemeinde Lohsa verpachtet. „Eine Erweiterung der Pacht um das Gebäude wäre für die LTV und für uns eine gute Lösung“, sagt Thomas Rösler. „Das wird aber von der Gemeindeverwaltung von Beginn an nicht als zielführend betrachtet“, bedauert er.

Vorstellung im Gemeinderat

Am 13. Oktober hat der Verein sein Konzept für die Nachnutzung des Turbinenhauses in der Sitzung des Lohsaer Gemeinderates vorgestellt. „Nur zwei Gemeinderäte äußerten sich“, erinnert Rolf Möbius. „Leider gab es keine klare Stellungnahme und keine klare Positionierung durch die Gemeinde und Gemeinderäte. Das hätte ich mir gewünscht.“

Am 11. Dezember 2020 kam es am Turbinenhaus zur Notreparatur des Dachs. Der Verein betraute Dachdeckermeister Frank-Rainer Mark aus Kotten damit. „Der Firstgang zum Mühlgraben und zur Spree war marode. Im Dachgefüge der Balken gibt es schon Durchnässungen“, erläutert Thomas Rösler. „Die Fachfirma sah sich das an.“ Der Verein seinerseits entfernte – in Abstimmung mit der LTV und der Fachfirma – marode Dachrinnen. Die Mitglieder verputzten zudem zwei Löcher im Mauerwerk. Sie besorgten Material für die Fachfirma. Sie verputzten und bereiteten Biberschwanz-Dachziegel vor. „Wir haben auch das Dachfenster eingeglast und abgedichtet“, berichtet Rolf Möbius. „Wir haben den maroden Fußboden-Belag herausgerissen und entfernt. Das alles war dringend notwendig.“ Der Verein will daran anknüpfen.

Erst eine Entscheidung abwarten

Mehrfach wandte sich der Verein an die LTV. Diese zollte den Weißkollmern für die Mühe und die Initiativen Respekt. Sie ermöglichte für drei Wochen den Zutritt zum historischen Turbinenhaus. Zudem gestattete sie dem Verein die Notreparatur. Deren Kosten übernahm zunächst der Verein. Die Gemeinde erstattete ihm jetzt die Summe von 862 Euro aus Mitteln der Pauschale zur Stärkung des ländlichen Raums. „Von weiteren baulichen Vorhaben raten wir Ihnen dringend ab, bis eine endgültige Entscheidung zur Nachnutzung des Turbinenhauses vorliegt“, schrieb André Wunderlich, der kommissarischer Betriebsleiter der LTV im Betrieb Spree / Neiße, am 25. November 2020 an den Verein.

Dieser wandte sich vor Kurzem erneut an die Gemeinde Lohsa. „Im Verlauf der Besprechung mit dem Bürgermeister am 25. März wurde ein Abrisstermin für das ehemalige Turbinengebäude im Mai dieses Jahres erwähnt. In unserer Vereinsarbeit sind wir derzeit zur Tatenlosigkeit gezwungen, weitere Arbeiten am Turbinengebäude und dem Umfeld sind nicht möglich“, sagt der Vereinsvorsitzende Rolf Möbius.

Fragen der Vereinsmitglieder

„Unsere Mitglieder sind verunsichert darüber, wie unser Ziel – die Erhaltung der historischen Bausubstanz des ehemaligen Turbinengebäudes – erreicht werden kann. Überlegenswert sollte durch Gemeinde und Verein eine gemeinsame Prüfung des bestehenden Pachtvertrages für die Wehranlage mit Turbinenhaus sein“, so Rolf Möbius. Welche Risiken ergeben sich dabei für die Gemeinde Lohsa? Droht jetzt der Abriss des Turbinenhauses? Wäre nicht ein langfristiges Gesamtkonzept für die Gewässer-Unterhaltung in Weißkollm (einschließlich Turbinenwehr, Fasanerieteich und Schlossteich) sinnvoll? All dies fragen sich derzeit die Vereinsmitglieder.

Bürgermeister Thomas Leberecht (CDU) weist die Einschätzung, die Kommune bekenne sich nicht, zurück. Die Gemeinde Lohsa, so unterstreicht er, hat sich klar zum Verein positioniert. Sie führt mit LTV und ZFM Verhandlungen für ein positives Ergebnis zugunsten des Vereins. Ziel sei der Erhalt des historischen Objekts. „Die Verhandlungen werden derzeit weitergeführt, um eine Übernahme des Objektes direkt durch den Verein zu erreichen“, sagt der Bürgermeister und versichert auf Nachfrage: „Ein Abriss-Termin ist derzeit nicht im Gespräch.“ Das Turbinenhaus, so Thomas Leberecht, sollte durch den Verein direkt mittels vertraglicher Regelung mit der LTV übernommen werden. Eine Übernahme durch die Gemeinde würde durch einen längerfristigen Vertrag der Prüfung unterliegen. Zudem hätte das finanzielle Auswirkungen auf den Haushalt. „Da es zur freiwilligen Aufgabe gehört, würde eine Genehmigung nicht in Aussicht gestellt werden“, sagt der Bürgermeister. „Eine Direktübernahme durch den Verein wäre daher zu favorisieren. Mit diesem Grundsatz haben wir mit der LTV seither verhandelt.“

Der Verein hofft jetzt auf eine sorgfältige Prüfung des Pachtvertrages gemeinsam mit der Gemeinde. „Zu jeder Zeit sind wir dazu bereit“, sagt Rolf Möbius. Zugleich unterstreicht er: Gelingt die Rettung des Turbinenhauses nicht, würde der Verein seine Legitimation, seinen Sinn, seine Zielsetzung und seine Glaubwürdigkeit verlieren. „Dazu sollte es nicht kommen“, erklärt der Vorsitzende und bekräftigt: „Wir sind jederzeit bereit, mit der Gemeinde zusammen nach Bautzen zur LTV zu fahren, um ein tragfähiges und zukunftssicheres Ergebnis auszuhandeln. Die Zeit dafür drängt. Wir wollen endlich anfangen mit der inhaltlichen Arbeit.“

Zusammengehen mit Siedlern

Zum Verein gehören momentan 16 Mitglieder. Sie kommen aus den verschiedensten Bereichen und Motiven. Das reicht vom Elektriker über den Förster bis zum Rentner und Jugendlichen. Jüngster im Verein ist Felix Jantschke mit 33 Jahren. Ältester Mitstreiter ist Ortschronist und Lehrer im Ruhestand Werner Thomas (90). Der Kultur- und Heimatverein Turbine Weißkollm strebt ein Zusammengehen mit dem Verein Siedler Weißkollm an. Langfristig zusammenarbeiten will er mit der Energiefabrik Knappenrode und weiteren Museen.