Hoyerswerda
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Der Bröthener Weg wurde zur Marathonstrecke

Der Hoyerswerdaer Manfred Grüneberg lief den abgesagten Berlin-Marathon – vor der eigenen Haustür.

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Zieleinlauf beim virtuellen Berlin Marathon von Manfred Grüneberg, begleitet von seinen LTL Vereinsmitgliedern Petra Löschner und Klaus Groß.
Zieleinlauf beim virtuellen Berlin Marathon von Manfred Grüneberg, begleitet von seinen LTL Vereinsmitgliedern Petra Löschner und Klaus Groß. © Foto: privat

Von Manfred Grüneberg

Hoyerswerda. Besondere Zeiten erfordern auch besondere Maßnahmen. Die Corona-Krise hält unser Leben auch weiterhin eingeschränkt, hat aber auch ihre eigenen positiven Entwicklungen hervorgebracht. Wie exotisch war es doch, als sich im Frühjahr die Rennsteigläufer in ihren Wohnorten virtuell auf die Strecke begaben. Am 27. September schien es dann schon fast normal, dass der abgesagte Berlin-Marathon von Tausenden virtuell gelaufen wurde. So wie 10.000 Läufer auf dem Tempelhofer Feld sowie in den Volksparks von Friedrichshain und Wilmersdorf machten sich auch außerhalb Berlins ungezählte Läufer auf ihren virtuellen Weg.

Dass auch ich mich spontan dazu entschlossen hatte, lag vor allen an dem schon magischen Slogan „Berlin Break-the-Wall Run“ (Rennend Mauern durchbrechen). Vor 30 Jahren war der Berlin-Marathon mit dem erstmaligen Durchlaufen des Brandenburger Tor’s der Gänsehautmoment, der mich bis heute am Laufen hält und die 42,195-Kilometer-Mauer einhundertundein Mal durchbrechen ließ.

Nach meinen bis dahin letzten Marathon 2019 am anderen Ende der Welt in Australien, folgte nun der Marathon direkt vor der eigenen Haustür. Seit fast fünf Jahren führt mein Streak-Run (Jeden-Tag-Lauf) über den Bröthener Weg und Adler. Zu den Anwohnern hat sich dabei eine gewisse Verbundenheit entwickelt und so entstand die Idee, die 2,8-Kilometer-Runde zur Marathonstrecke zu erwecken.

Mit dem original Laufshirt und der Start-Nummer des Veranstalters (Virtualrunners) begann der Lauf um 9 Uhr mit der Sorge vor meiner „Arthrose-Mauer“ und der Gewissheit, dass es womöglich das einsamsten Rennens meiner Laufbahn werden würde. Schon auf der ersten Runde stellte sich jedoch heraus, dass mein Dankes-Lauf bei den Anwohnern Zuspruch fand. Liebevoll gestaltete Plakate, Blumen, kleine Getränkestationen und aufmunternde Worte begleiteten mich fortan. Kinder fuhren Fahrrad und einige Mitglieder des Lauftreffs Lausitz rannten Runden mit. Sogar eine kleine Klaviereinlage erklang. Überhaupt hatte der Break-the-Wall-Run eine enge musikalische Ebene in Pink Floyd. Bereits 1979 brachte die britische Rockband mit ihren Konzeptalbum „The Wall“ Mauern zum einstürzen. Vor 30 Jahren war es Pink-Floyd-Boss Roger Water, der auf dem Potsdamer Platz vor über 200.000 Menschen mit seinem Konzert an den Mauerfall erinnerte. Zeitnah zu meinem Break-the-Wall Run erschien das Konzert-Album von Pink Floyd Schlagzeuger Nick Mason und Roger Water veröffentlicht dieser Tage das Konzert seiner „Us And Them“ Tour von 2018. Mehr Motivation ging für mich, den laufenden Musikfan, nicht. So vergingen die 15 Runden und nach 6:00:44 Stunden war mein erstes virtuelles Marathon- Ziel erreicht.

Einmal mehr hat sich bewahrheitet, dass der Marathon eine gewaltige Herausforderung für Körper und Geist ist. Der virtuelle Lauf ist keineswegs ein Ersatz für das Original, aber er wird auch nach der Corona-Zeit seinen Platz in der Sportlandschaft behalten. Wer dann einmal oder mehrmals virtuell die 42,195 Kilometer absolviert hat, wird eines Tages sicher real in den weltweiten Marathon-Läufen dabei sein wollen.