Hoyerswerda
Merken

Wasserstoff-Testkraftwerk entsteht in Schwarze Pumpe

Der Standort auf der Landesgrenze soll Energie-Lieferant bleiben, der Bund fördert den Test mit 28,3 Millionen Euro.

Von Mirko Kolodziej
 4 Min.
Teilen
Folgen
Einen üppigen Förderscheck hatte Wirtschaftsminister Robert Habeck (links) für RefLau-Geschäftsführer Ben Schüppel (rechts) mitgebracht.
Einen üppigen Förderscheck hatte Wirtschaftsminister Robert Habeck (links) für RefLau-Geschäftsführer Ben Schüppel (rechts) mitgebracht. © Foto: Tudyka.PR / Jörg Tudyka

Gut drei Jahre ist es her, dass sechs Partner im Industriepark Schwarze Pumpe eine Absichtserklärung zum Bau eines Wasserstoff-und Speicherkraftwerks unterschrieben haben. Eine zuvor vom Bund im Wettbewerb „Reallabore der Energiewende“ prämierte Idee, dort aus Sonnen- und Windstrom per Elektrolyse Wasserstoff zu machen und diesen bei Bedarf wieder zu Strom, reicht gar bis 2016 zurück.

„Immer wieder mussten Hürden überwunden werden. Immer wieder war das Ding halbtot“, umschrieb Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Bündnis 90/ Die Grünen) am Mittwoch in der Werkhalle des Gründerzentrums Dock³ Lausitz.

Auf einer 2,6-Hektar-Fläche gleich nebenan soll das Referenzkraftwerk Lausitz nun entstehen. Der Minister rückte mit einem symbolischen Förderscheck in Höhe von 28,359 Millionen Euro an – knapp die Hälfte der Investitionssumme, welche die RefLau GmbH am südlichen Rand des Industrieparks verbauen will. Ihre Anteilseigner sind die Enertrag SE aus dem brandenburgischen Schenkenberg-Dauerthal und die Zossener Energiequelle GmbH sowie der kommunale Industriepark-Zweckverband der Stadt Spremberg und der Gemeinde Spreetal. Andere Partner von vor drei Jahren sind nicht mehr an Bord.

Die Lausitz Energie AG Leag zum Beispiel, deren Braunkohlekraftwerk im Industriepark Habeck im Anschluss an die Fördermittelübergabe besuchte, arbeitet im Zusammenhang mit ihrem 7-Gigawatt-Ökostrom-Projekt nun selbst an Wasserstoff-Technologien. Und statt der Uni Rostock sowie deren Steinbeis-Transferzentrum sind nun die TU Dresden, die BTU Cottbus-Senftenberg sowie die Fraunhofer-Einrichtung für Energieinfrastrukturen und Geothermie dabei. „Die Lausitz wird das Powerhouse der Energiewende“, ist deren Institutsleiter Professor Dr. Mario Ragwitz überzeugt. Das RefLau solle beweisen, dass im Labor erdachte Technologien auch in Realität funktionieren. Die Steine, die seit der Unterzeichnung der Absichtserklärung aus dem Weg zu räumen waren, waren nicht eben klein. Spreetals Bürgermeister Manfred Heine (parteilos) nennt neben der großen Frage der Finanzierung und der damit verbundenen EU-Regeln auch die Herkunft des Öko-Stroms sowie den Absatz von Wasserstoff. Auch die Standort-Frage spielte eine Rolle. Im brandenburgischen Teil des Industrieparks anvisierte Flächen standen dann doch nicht zur Verfügung, und so musste das Ganze von Brandenburgs Landesregierung fördertechnisch betreute Projekt auf die sächsische Seite verlagert werden. Die Stadt Spremberg wiederum hat inzwischen den Bau eines Windparks angeschoben, nachdem es gegen einen Standort auf Spreetaler Gebiet Bedenken gab. Und mittlerweile sind die drei am Industriepark vorbeilaufenden Gasleitungen der Ontras für eine Beimischung von Wasserstoff zumindest im Gespräch.

Hochgradig automatisiert

Fragt man RefLau-Geschäftsführer Ben Schüppel, den bisher einzigen Mitarbeiter der GmbH, wie viele Leute er brauchen wird, antwortet er, die Anlagen sollten hochgradig automatisiert laufen. Vorgesehen ist mehr oder weniger ein Praxis-Test in verhältnismäßig kleinem Maßstab. Per Elektrolyse sollen 200 Kilogramm Wasserstoff pro Stunde gewonnen werden – in Leistung umgerechnet je nach Verwendung zwischen elf und 15 Megawatt. Für die Erprobung der sogenannten Rückverstromung ist ein kleinerer Teil vorgesehen. Es geht um die Gewinnung von 500 Kilo- bis ein Megawatt Strom. Zum Vergleich: Die beiden Böcke des Leag-Kraftwerks Schwarze Pumpe haben eine installierte Leistung von jeweils 800 Megawatt.

Inbetriebnahme 2025 anvisiert

Professor Ragwitz sagt, das RefLau solle Fragen wie jene nach technischen Parametern für einen wirtschaftlich lohnenden Betrieb, nach Geschäftsmodellen für die Wasserstoffvermarktung oder nach der Nutzung entstehender Abwärme beantworten.

Die ersten Schritte zum Bau sind gegangen, insbesondere was Ausschreibungen angeht. Laut Manfred Heine soll im Laufe des Jahres beim Landratsamt Bautzen der Bauantrag eingereicht werden. Das Jahr 2025 wird als Zeitpunkt für die Inbetriebnahme genannt. Die Projektlaufzeit beträgt danach zwar nur drei Jahre, aber Geschäftsführer Ben Schüppel geht von einer 20-jährigen Nutzung aus. Es werde für die sogenannte Hochskalierung immer wieder Anpassungen beziehungsweise Versuche geben. Denn das Ziel, das Sprembergs Bürgermeisterin Christine Herntier (parteilos) nennt, trägt das Kürzel BigLau. Big für groß.

Heißt: Das RefLau soll als Blaupause für Wasserstoff- und Speicherkraftwerke mit größerer Leistungsfähigkeit dienen. „Aus der Energieregion Lausitz wurde Jahrzehnte eine stabile Energieversorgung sichergestellt. Das soll auch so bleiben“, meinte in Schwarze Pumpe Sachsens Regionalentwicklungsminister Thomas Schmidt (CDU).