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Zehn Türme zum Glücklichsein

Tolle Konstruktionen, herrliche Aussichten. Wer von hier übers Land schaut, der liebt die Lausitz gleich noch mehr.

Von Uwe Schulz
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Es gibt noch mehr Türme in der Region, aber zehn  (einige außerhalb des Ausschnitts) wurden für die Serie besucht.
Es gibt noch mehr Türme in der Region, aber zehn (einige außerhalb des Ausschnitts) wurden für die Serie besucht. © Grafik: arteffective

Zehn Wochen, zehn Türme. Unsere Sommerserie führte durch das Lausitzer Seenland zu einer Auswahl von Aussichtstürmen. Wenn man das von der Idee bis zum fertigen Beitrag durchzieht, dann wird das durchaus zu einer persönlichen Geschichte. Da kam es ganz gelegen, dass ich ohnehin so veranlagt bin, auf jeden frei begehbaren Turm zu steigen, wenn ich irgendwo hin fahre – egal ob Kirchtürme, Fernsehtürme, Leuchttürme oder Aussichtspunkte. Die zehn für diese Serie besuchten Türme hatte ich in den vergangenen Jahren alle schon mal besucht. Auf einigen bin ich regelmäßig, bei anderen war der Besuch dann doch schon ein paar Jahre her. Für so eine Serie muss man aber natürlich wissen, wie es jetzt gerade dort ist, was man vorfindet, was man sieht – Bäume wachsen, Dinge verschwinden, Infrastrukturen verbessern oder verschlechtern sich. Es ist eher Zufall, wenn sie gleich bleiben.

Türmesammeln oder Genuss

Aussichtstürme waren noch vor 30 Jahren vor allem etwas für die Berge im Oberland. Jede nennenswerte und gut begehbare Erhebung hatte vor über 100 Jahren ein Ausflugslokal und einen Turm erhalten. Jetzt hat die Ebene nachgezogen. Und so wurden seit der Deutschen Wiedervereinigung eine Menge Türme in der sich wandelnden Bergbauregion neu gebaut oder erneuert. Einige davon wurden vom Bergbaukonzern Leag bzw. einem ihrer Vorgänger errichtet. Alle sollen sie ein bisschen den Tourismus ankurbeln. Betrieben und unterhalten werden müssen sie aber auch alle. Schön und erstaunlich zugleich ist es, dass mit Ausnahme des Lausitzblicks in der Energiefabrik Knappenrode alle kostenfrei besucht werden können. Bezahlmodelle wie an der Steinitzer Treppe haben augenscheinlich nicht funktioniert. Die Türme am Rostigen Nagel und am Senftenberger See haben zumindest einen Automaten für eine freiwillige Spende, auch wenn der am Rostigen Nagel derzeit zur Reparatur ist.

Der Besuch der zehn Türme erfolgte an fünf verschiedenen Tagen, was aber eher daran lag, dass die Idee für die Serie einerseits beim ganz privaten Besuch des Haselbergturms in der Königsbrücker Heide entstand und ich den Besuch des Lausitzblicks mit einem Termin in der Energiefabrik verbunden habe. Und der Turm in der Buckschen Schweiz passte aus Zeitgründen dann nicht mehr in die große Turmtour, bei der ich im Juni fünf Türme abklapperte.

Rein theoretisch und rechnerisch würde man alle zehn Türme an einem schönen langen Sommertag an einem Tag schaffen, wenn man mit dem Auto sehr zeitig losfährt und sehr spät wiederkommt. Und wenn man für den Besuch der Türme am Senftenberger See, in der Königsbrücker Heide und in der Buckschen Schweiz das Fahrrad mit hat, um Zeit zu sparen. Ein schöner Tag wird das aber nicht.

Es gibt Türme, wie den am Cottbuser Ostsee oder in Neu-Haidemühl, da fährt man vor, klettert hoch, schaut sich um und kann, wenn man es denn in der Schnelligkeit darauf anlegt, einfach weiterfahren. Eine halbe Stunde am Turm selbst sind dann trotzdem einzuplanen. Bei anderen Türmen, wie der Steinitzer Treppe und am Felixsee, muss man erst ein kleines Stück laufen, In der Königsbrücker Heide, am Senftenberger See oder in der Buckschen Schweiz muss man schon länger laufen. Wenn man dann noch die Fahrtzeiten zwischen den Türmen hinzurechnet, irgendwann ja auch mal was Essen oder auf Toilette muss, dann zieht sich das. Wer auf Türmesammeln aus ist, der sollte also lieber zwei Tage einplanen, Genussmenschen können zwei oder drei Türme auf einem Ausflug miteinander verbinden. Und die Energiefabrik ist ja nicht nur aufgrund des Eintritts ein Ziel für einen halben Tag.

Das sollte man mitnehmen

Über die Gesamtheit der Türme betrachtet empfehlen sich festes Schuhwerk und praktische Garderobe wie bei einer Wanderung. Ebenso ein Rucksack. Ausreichend Getränke (oben auf dem Turm hat man immer Durst...), Snacks bzw. Obst etc. für zwischendurch machen alles schöner. Fernglas und/oder Fotoapparat mit Teleobjektiv sind für mich ein Muss. Standardsatz auf dem Turm ist ja: „Was ist das da hinten, ich kann es nicht so gut erkennen…“ Kleingeld für den einen oder anderen Parkautomaten nicht vergessen. Und am besten jemanden mitnehmen, mit dem man das Erlebte später auch teilen kann. Sonnenbrille und Kopfbedeckung haben nicht geschadet.

Für wen ist welcher Turm geeignet?

Behindertengerecht ist nur der Lausitzblick in der Energiefabrik, alle anderen Türme sind nur über Treppen erklimmbar. Abgesehen vom Aufzug in der Fabrik muss man eben Stufen erklimmen. Die Türme sind im Schnitt um die 30 Meter hoch. Wer das problemlos schafft, ist als Single, als Paar, unter Freunden, als Familie oder als Senior überall gut aufgehoben. Einige Türme haben blickdichte massive Treppenstufen, andere solche aus Gitterrosten, durch die man nach unten schauen kann. Und es gibt Türme, die leicht schwanken, allen voran die Steinitzer Treppe. Da es sich um vergleichsweise junge Bauten handelt, gibt es nirgends Engstellen, merkwürdige Stufenhöhen oder ähnliches. Brüstungshöhen, Verkleidungen etc. sind genormt.

Superlative

Der älteste Turm ist mit Baujahr 1998 der in der Buckschen Schweiz, der Jüngste der Lausitzblick auf der Energiefabrik aus dem Jahr 2020, obwohl die Fabrik selbst ja über 100 Jahre alt ist. In der Buckschen Schweiz und am Senftenberger See haben die jetzigen Türme jeweils einen Vorgänger ersetzt. Am höchsten ist der Lausitzblick mit 37 Metern, am kleinsten die Steinitzer Treppe mit 19 Metern. Da aber einige Türme auf Erhebungen stehen und die Höhe der obersten Plattform nicht immer gleich Turmhöhe ist, ist es schwer zu sagen, an welchem Punkt man nun genau am weitesten über NormalHöheNull steht. Nicht eine Stufe muss man in der Energiefabrik steigen, die meisten, 176, am Senftenberger See. Die Steinitzer Treppe hat nur 101 Stufen, vorher muss man aber den Hügel erklimmen, auf dem sie steht.

Lieblingsturm

Die Türme sind so individuell, dass ich allen was abgewinnen kann. Nicht einer ist von der Stange. Von der Bauweise her so richtig faszinieren mich aber immer wieder die simple Steinitzer Treppe, der Rostige Nagel aus Cortenstahl mit seinem ausgeklügelten Treppensystem und der Turm am Felixsee mit seiner geschwungenen Form und dem neuen Dach, das gleichzeitig als Spiegel für den Besucher auf der oberen Plattform dient. Ein einfacher wie unglaublich wirksamer Effekt. Und auch wenn man am Horizont fast überall die großen Lausitzer Kraftwerke als Landmarken sieht – eine jede Aussicht hat ihre Besonderheiten. Wer das Seenland im Wandel erleben will, der ist auf dem Rostigen Nagel und am Cottbusser Ostsee am besten aufgehoben. Wer mehr Ruhe und Natur sucht, der muss in die Bucksche Schweiz oder die Königsbrücker Heide. Von Schmetterling und Hummel bis Reh und Wolf ist mir letztlich bei den Besuchen ziemlich viel begegnet. Was soll ich sagen: Wir leben in einer verdammt schönen Gegend!