Hoyerswerda
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Zwischen Leben und Tod – oder: Das, was bleibt

Der ambulante Hospizdienst der Malteser in Hoyerswerda versteht sich als Brückenpfeiler für Trauernde und Sterbende. Im Oktober ist eine neue Trauergruppe geplant.

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Die leitende Koordinatorin Lydia Richter (links) und ihre Kollegin Sabine Mischner arbeiten für den Malteser-Hospizdienst in Hoyerswerda und stehen Trauernden und Sterbenden zur Seite. Abschiednehmen ist, wie den Weg über eine Brücke antreten, deren Endpu
Die leitende Koordinatorin Lydia Richter (links) und ihre Kollegin Sabine Mischner arbeiten für den Malteser-Hospizdienst in Hoyerswerda und stehen Trauernden und Sterbenden zur Seite. Abschiednehmen ist, wie den Weg über eine Brücke antreten, deren Endpu © Foto: Silke Richter

Von Silke Richter

Hoyerswerda. Verzweiflung steht dem Mann ins Gesicht geschrieben. Hilfesuchend klopft er an die Tür des Malteser-Büros. Für ihn herrscht Ausnahmezustand. Sabine Mischner erkennt die Alarmzeichen sofort und bittet den Mann herein. Er schluchzt, erzählt, verstummt, weint. Er hat seine Ehefrau verloren; fühlt sich mit seinem Schmerz allein gelassen und mit der neuen Situation überfordert.

Der erste und so wichtige Schritt

Sabine Mischner hört in Ruhe zu, reicht ihm Taschentücher und gibt an den richtigen Stellen Tipps und Anregungen, damit der Rat-Suchende besser mit seiner Trauer umgehen kann. Hier ist jetzt genug Zeit und Raum für seine Situation, seine Emotionen, Fragen und Probleme. Nach einiger Zeit des Redens und Schweigens werden seine Tränen weniger. Bis sie ganz aufhören. Seine Stimme wirkt jetzt fester. Mutiger. Sein Gedankenstrom bekommt plötzlich wieder eine neue Struktur. Für den Mann der erste und so wichtige Schritt, den Verlust seiner Ehefrau verarbeiten und mit der Situation besser umgehen zu können.

Die vor ihm stehende Gummibärchenschale ist jetzt leer. Ein gutes Zeichen für Sabine Mischner, um dem Mann wieder ins Leben jenseits des Malteser-Büros zu verabschieden. Natürlich wird es für ihn in den nächsten Monaten nicht leicht werden, denn es gilt, viele Dinge zugleich zu erledigen, viele ungewohnte Gänge zu gehen. Wenn er möchte und Hilfe braucht, könne er jederzeit wiederkommen, gibt Sabine Mischner dem Witwer mit auf den Weg.

Der Trauer Zeit geben

Seit fast zwanzig Jahren gibt es in Hoyerswerda den ambulanten Hospizdienst der Malteser und auch das Angebot der gemeinsamen, individuellen Trauerbegleitung für Menschen jeden Alters mit und ohne Behinderung. „TrauerZeit – Der Trauer Zeit geben“: unter diesem Leitgedanken treffen sich einmal monatlich Betroffene, um gemeinsam in einer Gruppe die schwierigen Lebensphasen meistern zu können. „Wir informieren in Einzelgesprächen oder in der Trauergruppe auch gern über mögliche Hilfsangebote und vermitteln diese auch auf Wunsch“, erklärt Koordinatorin Sabine Mischner.

Die Arbeit des ambulanten Hospizdienstes der Malteser beinhaltet auch die Begleitung Sterbender und derer Angehöriger. Die leitende Koordinatorin Lydia Richter und ihre Kollegin Sabine Mischner sind auf Wunsch der Betroffenen und Angehörigen helfend und beratend im Einsatz, um alle Beteiligten in dieser schwierigen Phase unterstützen zu können.

Ein Gruß jedes Jahr

„Wir können einfach nur da sein, um Angehörige zu entlasten oder um Gespräche zu führen. Wir möchten zudem dazu ermutigen und einladen, mit den Themen Leben, Sterben, Abschied und Trauer offener umzugehen. Das eine gehört zum anderen dazu. Man muss diesen Weg aber nicht allein gehen“, ermutigt Lydia Richter.

Aus ihrer langjährigen Erfahrung weiß sie auch von vielen schönen innigen Momenten zu berichten, die sie wohl nie vergessen wird. Da war einst jener Mann, der genau wusste, dass seine Tage unwiderruflich gezählt waren. Im Gegensatz zu seiner Ehefrau sah er dem Tod relativ gelassen, nüchtern und realistisch ins Auge. Seine Partnerin wollte dieses Schicksal aber nicht wahrhaben. Heimlich versteckte der Gartenliebhaber daher jeden Tag säckeweise Blumenzwiebeln unter der Erde – in der Gewissheit, seine Frau nach seinem Tod damit überraschen zu können. „Jedes Frühjahr zeigt sich nun eine blühende Oase von Narzissen, Tulpen und Schneeglöckchen, über die sich die Frau jedes Mal aufs Neue freut“, berichtet Lydia Richter über diese bewegenden Momente in ihrer Arbeit.

Neue Gruppe ab 11. Oktober

Am 11. Oktober um 16 Uhr wird eine neue Trauergruppe gegründet. Einmal monatlich an einem Dienstag können sich Betroffene, die mit dem Verlust eines Menschen leben müssen und Kontakt zu Menschen, die in derselben Situation sind, wünschen, miteinander austauschen. Voranmeldungen sind erwünscht, da jedes Treffen individuell vorbereitet wird.

Ambulanter Hospizdienst der Malteser: Merzdorfer Straße 49 in Hoyerswerda (Zugang über den Parkplatz des St.-Thomas-Morus-Hauses) / Trauergruppe: 11.10., 15.11. und 13.12. (jeweils 16-17.30 Uhr), Anmeldungen unter 03571 604535 oder 0151 29705780 oder [email protected]