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Humor tut richtig weh

Die letzte Woche der Karikaturen-Ausstellung läuft. 15 000 waren schon da, viele lachten, einige schimpften aber auch.

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© Anja Schneider

Von Peter Ufer

Wer austeilt, muss auch einstecken. Das liest sich zum Beispiel so: „Wer Angst hat vor der Wahrheit, versucht sie zu leugnen. Das beste Beispiel hierfür ist die Ausstellung. Das war in der DDR nicht anders.“ So lautet der bisher letzte Eintrag im Gästebuch der diesjährigen Karikaturen-Ausstellung. Katrin Engelmann und Andreas Schulz schrieben, dass sie über dieses „politische Armutszeugnis“ der Karikaturisten nicht lachen konnten.

„Es ist wichtig, die bittere Realität der Zeit in so viel Humor zu verpacken“, schrieb G. Nicklisch ins Gästebuch. Und Lars Lindner meint: „Eine supertolle Ausstellung, macht weiter so.“ Mit Gruß D.F. hinterlässt ein Besucher folgende Zeilen: „Das kommt also raus, wenn dumme Karikaturisten im blinden Vorausgehorsam nix Besseres finden, als Pegida zu kritisieren. Pfui Teufel, schämt Euch!“

Die Reaktionen auf den diesjährigen Karikaturenpreis sind so kontrovers wie nie zuvor. Zum 16. Mal organisierte die Sächsische Zeitung im vergangenen Jahr den Wettbewerb. Diesmal mit einer Doppelausstellung, eine im Haus der Presse in der Ostra-Allee sowie einer zweiten in der „Galerie komische Meister“ im QF, der Einkaufspassage an der Frauenkirche. Inzwischen besuchten 15 000 Gäste beide Expositionen.

„Humor tut richtig weh“, schrieb ein Besucher ins Gästebuch und trifft damit ins Schwarze. Denn offensichtlich polarisierten die Karikaturen, statt zu langweilen. „Wir sind e i n Witz“ hieß das Motto des Karikaturenpreises 2015, und die Arbeiten widerspiegeln eine Gesellschaft, die nicht mehr über alles lachen kann, sondern sich über viele Unzulänglichkeiten ernst erregt.

Die Karikaturisten glauben nach wie vor, dass Lachen die beste Medizin sei, um mit kranken Auswüchsen fertig zu werden. Aber der hintersinnige Witz der Zeichnungen ist natürlich Geschmackssache. Humor wird jedoch dann gut, wenn er mitten in die Seele trifft. So lachten die einen, und anderen verging das Lachen. M. Köling schrieb: „Lange nicht mehr so gelacht! Das tut so gut – bitterböse und witzig!“ M.H. formuliert dagegen: „Ich bin schwer enttäuscht. Kein Humor, zu viel politisch korrekter Müll ohne Sinn und Verstand.“

218 Künstler aus Deutschland, Österreich und der Schweiz hatten sich 2015 mit insgesamt 976 Arbeiten am Wettbewerb zum Deutschen Karikaturenpreis beteiligt. Eine Jury kürte den in Lübbenau lebenden Zeichner Reiner Schwalme mit seiner Karikatur „Verfolgt“ zum Sieger. Der zweite Platz ging an Miriam Wurster für ihre Karikatur „Orakel”, den dritten Platz belegte Marunde mit seinem Werk „Zweite Kasse“. Alle Bilder sind selbstverständlich in der Ausstellung zu sehen. Und wie immer gab es auch in diesem Jahr heftige Debatten darum, ob die Jury richtig entschieden hatte. Doch die Frage bleibt, ob es dieses Richtig überhaupt geben kann? Denn die wichtigsten Kriterien der Jury heißen: 1. Befasste sich der Zeichner mit dem Thema. 2. Ist die Zeichnung humorvoll. 3. Besitzt die Karikatur einen tieferen Sinn. 4. Setzt der Karikaturist seine Idee mit zeichnerischer Qualität um. Im Zweifel sind genau diese Kriterien für den Betrachter kaum entscheidend, sondern es geht ihm vorzugsweise um den Witz und den politischen Kontext.

So schreibt J.C.K ins Gästebuch: „Die Jahre zuvor konnte man mehr lachen. Irgendwie finde ich es unschön, dass traurige Themen auch noch trauriger dargestellt werden.“ Und A. Horn schreibt: „Ich bin nicht hierhergekommen, um mich vor Lachen zu biegen. Karikatur muss feinsinnig, kritisch und ehrlich sein. Das hat die Ausstellung bei mir bewirkt.“ Bis Ende des Monats besteht die Chance, sich die Karikaturen und auch die Gästebücher anzusehen.

Karikaturen-Ausstellung im Haus der Presse, Ostra-Allee 20, und in der Galerie Komische Meister im QF am Neumarkt, täglich von 10 bis 18 Uhr – nur noch bis 31. Januar!

Die Ausstellungskataloge zum Deutschen Karikaturenpreis sind hier käuflich zu erwerben.