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Hungersteine verschwinden wieder

Nach extrem langem Niedrigwasser in der Elbe steigt der Pegel. Den Normalwert erreicht er aber nicht.

Von Peter Hilbert
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Der Hungerstein mit Niedrigwassermarken am Fuße der Freitreppe von Schloss Pillnitz verschwindet.
Der Hungerstein mit Niedrigwassermarken am Fuße der Freitreppe von Schloss Pillnitz verschwindet. © Peter Hilbert

Dieses Jahr war extrem trocken. Was auch am sehr niedrigen Elbpegel sichtbar wurde. Also tauchten in Dresden die sogenannten Hungersteine mit alten Jahreszahlen auf. Sie wurden vor Jahrhunderten so genannt, weil bei Dürre und ausfallenden Ernten Lebensmittel knapp wurden und die Bevölkerung Hunger litt.

Nach dem Regen der vergangenen Tage steigt die Elbe nun wieder an. So sind auch die Hungersteine mit ihren Niedrigwassermarken verschwunden, wie der am unteren Ende der Freitreppe vor dem Schloss Pillnitz. Lag der Elbpegel am Montagmittag noch bei 89 Zentimetern, so war er bis Dienstagmittag auf 1,05 Meter gestiegen. Den langjährigen mittleren Dresdner Wasserstand hat die Elbe aber noch nicht erreicht, erklärt Sprecherin Karin Bernhardt vom Landesamt für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie. Dabei handelt es sich um den Durchschnitt der vergangenen zehn Jahre. Der liegt bei 1,75 Metern. Unter diesem Wert lag der Elbpegel – bis auf wenige Ausnahmen – seit März.

Zuvor hatte es im Einzugsgebiet der Oberen Elbe, wovon 95 Prozent in Tschechien liegen, sehr wenig geregnet, verweist die Sprecherin auf den Ursprung. Im gesamten Februar waren im Einzugsgebiet der Moldau nur knapp 14 Liter je Quadratmeter Regen gefallen, in dem der Elbe in Tschechien nur rund elf Liter. Also sank der Elbpegel auch in Dresden ab Anfang März. Er fiel im Verlaufe der folgenden Monate immer weiter.

Fünf Monat sehr wenig Elbwasser

Rapide abwärts ging es ab Juli. Da sank die Elbe unter die von Experten für Dresden angesetzte Niedrigwassermarke von 71 Zentimetern. „Danach blieb der Pegel weitgehend im Niedrigwasserbereich“, resümiert Sprecherin Bernhardt. Der schlimmste Tag war der 23. August mit 45 Zentimetern. Noch nie seit Inbetriebnahme der größeren tschechischen Stauanlagen im Jahr 1964 stand die Elbe so niedrig. Der Fluss war stark geschrumpft. An diesem Tag flossen 73,8 Kubikmeter je Sekunde in Dresden die Elbe hinab. Das sind nur rund 22 Prozent des Abflusses von 331 Kubikmetern je Sekunde bei einem normalen mittleren Wasserstand. Das Niedrigwasser blieb lange. Erst der Regen der vergangenen Tage lässt die Elbe wieder leicht ansteigen. Am 4. Dezember überschritt der Fluss dauerhaft die Niedrigwassermarke von 71 Zentimetern und stieg letztlich bis über einen Meter. In diesem Bereich wird der Pegel aber bleiben. „Denn starke Niederschläge sind im tschechischen Einzugsbereich der Elbe nicht zu erwarten“, sagt Sprecherin Bernhardt.

Insgesamt gibt es in Dresden sieben Hungersteine zwischen Pillnitz und Cotta, die jetzt vorerst unter Wasser bleiben. Das jüngste Exemplar hatte der Grunaer Hagen Kettner im Sommer schräg gegenüber von Schloss Albrechtsberg geschaffen. Er hatte einen alten Grenzstein, der nur halb mit Wasser bedeckt war, in der Elbe zurechtgerückt und mit Hammer und Meißel die Jahreszahl 2018 hineingeschlagen. Dafür gab es ein markantes Vorbild. Am Tolkewitzer Elbufer liegt ein gewaltiger Brocken, der 2016 als Hungerstein markiert wurde, als die Elbe auch sehr niedrig stand. Ein Initiator war der Tolkewitzer Martin Kaden. „Jetzt ist auch dieser Hungerstein nicht mehr zu sehen“, berichtet er der SZ.

© Grafik: SZ