Dresden. Schwertschlucker und McQueen-Film: Das Deutsche Hygiene-Museum Dresden macht das 2009 erworbene anatomische Wachskabinett zum Kernstück einer Sonderschau. „Es ist als Teil unserer Geschichte von erheblicher Bedeutung“, sagte Museumsdirektor Klaus Vogel am Mittwoch. Die seltene und größtenteils in Dresden gefertigte Kollektion werde im Kontext künstlerischer Positionen des 20. Jahrhunderts und der Gegenwart gezeigt. „Wir haben uns bei der Präsentation gegen eine historische Rekonstruktion entschieden.“
„Blicke!Körper!Sensationen“ (11. Oktober 2014 bis 19. April 2015) mit einem Ausschnitt des Wachskabinetts als Ausgangspunkt soll die kulturhistorische Bedeutung der Wachskabinette nachzeichnen, die einst zur Gesundheitsaufklärung sowie aus Sensationslust und Voyeurismus auf Jahrmärkten gezeigt wurden. Sie werde die Sammlung in die Geschichte der Anatomie einordnen und dokumentieren, wie sich vor allem Künstler des Surrealismus mit den schockierend realen und teils bizarren Darstellungen der Wachskabinette auseinandersetzten.
Ende für Voyerismus und Gruseleffekte
„Anatomische Wachskabinette markieren einen wichtigen Teilaspekt der Geschichte unseres Hauses“, betonte Vogel. In der Gründungsphase habe das Museum sich der Manufakturen bedient, die populäre anatomische Schauen belieferten. Verwissenschaftlichung und Institutionalisierung bei der Vermittlung von Körperwissen bedeuteten dann das Ende der medizinischen Lehrschau „als voyeristisches Volksvergnügen mit kalkuliertem Gruseleffekt“.
Hintergrund: Das Dresdner Wachskabinett
Das aus Privatbesitz angekaufte Dresdner Wachskabinett wird derzeit noch erforscht, sagte Vogel. Das Ausstellungskonzept sieht vor, dass Werke zeitgenössischer Künstler zum menschlichen Körper auf den Anblick der historischen Stücke vorbereiten. In einem White Cube sollen dafür Arbeiten unter anderem von Marcel Duchamp, Damien Hirst, Max Ernst, Cindy Sherman oder Luc Tuymans versammelt und am Ende der Schau die Filmarbeit „Charlotte“ von Steve McQueen gezeigt werden. Die aktuelle Kunst lasse Motive anklingen, die auch beim Betrachten des alten Wachskabinetts gelten: Neugier und Schaulust, Ekel und Mitleid oder Wissen und Fantasie. (dpa)