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„Ich denke, dass wir einiges besser machen können“

Ina Hütter will für die CDU Pirnaer Oberbürgermeisterin werden. Im SZ-Interview spricht sie über Ihre Ziele und Prioritäten.

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© Daniel Förster

Christian Eißner

Frau Hütter, warum möchten Sie Oberbürgermeisterin von Pirna werden?

Ich bin ein Mensch, der sehr für Gerechtigkeit steht. Ich sehe, was zurzeit nicht so gut läuft in der Stadt und denke, dass wir einiges besser machen könnten. Ich fühle mich Pirna sehr verbunden.

An Ihrer Nominierung als Kandidatin der CDU gab es parteiintern Kritik. Wie gehen Sie damit um?

Die kritische Stimmung in einem Teil des Stadtverbandes war schon vorher da, und es ist auch in Ordnung, dass über so eine wichtige Entscheidung diskutiert wird. Ich habe aber seit der Bekanntgabe meiner Kandidatur sehr viel positive Rückmeldung erfahren. Viele freuen sich, dass endlich eine Frau antritt.

Sie waren früher FDP-Mitglied, sind aber recht schnell in die CDU gewechselt, als Ihnen 2014 für die FDP der Einzug in den Stadtrat nicht wieder gelang. Jetzt sind Sie im Stadtvorstand der CDU. Das wirkt ein bisschen, als würden Sie ihr Fähnlein nach dem Wind hängen …

Ich war gerne und mit viel Engagement Stadträtin in der CDU/FDP-Fraktion und auch FDP-Mitglied, denn ich schätze politische Pluralität. Leider waren wir im FDP-Ortsverband zuletzt nur noch drei aktive Leute, zu wenige für eine fundierte politische Arbeit. Ich wollte mich aber unbedingt weiter für Pirna engagieren und in der Stadt etwas bewegen, deshalb habe ich mich auch aufgrund der erfolgreichen Zusammenarbeit und auch der Bitte meiner CDU Fraktionskollegen entschlossen, weiter für die CDU ehrenamtlich zu arbeiten, und das tue ich, hier kann ich meinen politischen demokratischen Überzeugungen treu bleiben. Vor allem, weil CDU und FDP gemeinsam für eine wirtschafts- und mittelstandsfreundliche Politik in Pirna standen und stehen.

Welche liberalen Ideen werden Sie – neben der Mittelstands-Freundlichkeit – noch mit ins Oberbürgermeister-Amt nehmen, falls Sie gewählt werden?

Die kritische Einstellung zur Arbeit der städtischen Gesellschaften. Warum zum Beispiel ist der Oberbürgermeister der Chef aller Aufsichtsräte? So ist er einerseits den Unternehmens- und Gewinnzielen der Gesellschaften, andererseits aufgrund seines Amts den Bürgern verpflichtet. Das führt zu Widersprüchen, wie man in der Diskussion um hohe Abwasser-, Trinkwasser- und Fernwärmepreise in der Vergangenheit deutlich sehen konnte. Diese Verquickung werde ich als Oberbürgermeisterin auf den Prüfstand stellen.

Was ist mit früheren FDP-Projekten wie der Seilbahn auf dem Sonnenstein?

Die FDP hat damals im Stadtrat einige Initiativen auf den Weg gebracht, unter anderem habe ich für die Sanierung des Friedensparks gekämpft und dafür, den Busbahnhof praktischer und kundenfreundlicher zu gestalten. Die Friedenspark-Sanierung hat inzwischen begonnen, und auch am Busbahnhof hat es Verbesserungen gegeben. Und die Seilbahn: Schön wäre das schon, aber ich halte das für nicht durchsetzbar im Moment, weil es in der Stadtpolitik ganz andere Probleme zu lösen gilt.

… wie zum Beispiel die Platznot an Kitas und Schulen. Die Stadtrats-Mehrheit hat aktuell hohe Kreditaufnahmen beschlossen, um Schulen, Horte und Kindergärten zu erweitern. Sehen Sie das kritisch?

Nein. Ich halte die Kreditaufnahmen für richtig, obwohl ich grundsätzlich gegen Schulden bin. Aber das Geld wird für die Bildung ausgegeben, und dort ist es zum einen dringend nötig und zum anderen auch absolut richtig investiert. Die Stadt ist finanziell gesund, deshalb muss Pirna die Gelegenheit nutzen, in den kommenden zwei Jahren in die Bildungsstätten zu investieren, bevor es vielleicht noch teurer wird. Schulen und Kitas sind eine städtische Pflichtaufgabe. Hier muss das Angebot stimmen, wenn Pirna Familien davon überzeugen will, hier zu leben.

Den Gestaltungsspielraum für den nächsten Oberbürgermeister schränkt die absehbare große Schuldenlast aber ein, denn viel weiter lässt sich die Verschuldung ab 2019 nicht erhöhen …

Der steigende Platzbedarf an den Schulen und Kitas lässt sich aber nun mal nicht wegdiskutieren. Demonstrationen von Eltern und Schülern vor jeder Stadtratssitzung – soll das etwa zum Dauerzustand werden? Pirna hätte die Probleme hier eigentlich schon viel eher angehen müssen.

In Ihrem Wahlauftritt betonen Sie, Pirna zu einer familienfreundlicheren Stadt entwickeln zu wollen. Was gehört außer Schulen und Kitas noch dazu?

Sehr am Herzen liegt mir die Fahrradfreundlichkeit. Ich stelle mir „Pirna rollt“ als neuen Slogan vor, denn für Pendler und Schüler wird das Fahrrad als Verkehrsmittel immer wichtiger. Hinzu kommt, dass der Fahrradtourismus boomt, ebenso wie der Verkauf von Elektro-Fahrrädern. Das muss schnell zu einem verkehrspolitischen Umdenken führen. Der Ausbau von Radwegen in allen Stadtteilen ist eines meiner wichtigen Ziele, und ein Traum wäre ein kostenloser Fahrradverleih, so wie es ihn zum Beispiel in Zürich gibt. Die Stadt wirbt übrigens mit „Züri rollt“.

Was wollen Sie darüber hinaus noch für Familien tun?

Ich denke, Pirna lässt zu viel Potenzial ungenutzt, wenn es um Freizeitangebote geht. Dass der Postaer Hafen endlich saniert wird, ist unheimlich wichtig, aber auch kleinere Projekte, die sich für vergleichsweise wenig Geld realisieren lassen, müssen auf den Weg gebracht werden. Mir scheint, es fehlt da einfach an Kreativität momentan. Bessere Bedingungen am Natursee in Copitz wie neuer Sand und ein Trimm-dich-Pfad, das kostet alles nicht die Welt und bringt Einwohnern und Touristen etwas. Wir brauchen nur ins Lausitzer Seenland zu schauen, um zu sehen, was alles geht, wenn man Ideen hat.

Zum Thema Freizeit gehört auch ein Veranstaltungssaal in der Stadt. Aus Richtung der CDU hörte man da zuletzt nicht viel …

Das stimmt nicht. Dieses Ziel gab es in den vergangenen Jahren und gibt es nach wie vor. Sobald es ein realistisches Projekt gibt, werde ich mich auch dafür einsetzen. Die CDU-Fraktion im Stadtrat plädiert zum Beispiel für eine Aufnahme des Schwarzen Adlers am Dohnaischen Platz ins Sanierungsgebiet, sodass ein Investor, der den Saal wieder beleben möchte, die Aussicht auf Fördermittel bekommt. Aber egal ob Schwarzer Adler oder Weißes Roß oder vielleicht doch die alte Hengst-Fabrik – ich halte es generell für wichtig, dass Pirna wieder einen Saal bekommt. Feststeht für mich nur, dass die Stadt das nicht allein stemmen kann, sondern einen privaten Investor unterstützen muss, der das allein nämlich auch nicht schafft.

Die Jugend beschwert sich, dass in Pirna nichts los ist. Dieses Problem löst wahrscheinlich auch ein Saal nicht …

Auch das will ich gern ändern. Für Jugendliche ist die durchsanierte Altstadt eine tote Zone. Statt sie überall zu vertreiben, müssen wir ihnen Räume bieten, um ihre Initiativen wachsen zu lassen. Ich denke an das Metal-Festival, das im Sommer in Pratzschwitz geplant war. Es gab eine unglaublich negativ-aggressive Stimmung dagegen. Das geht so nicht, die Jugend muss sich in Pirna ausprobieren dürfen.

Mehr Raum auch für Unternehmen, das versprechen Sie im Wahlkampf. Sie wollen Wirtschaft nach Pirna locken, verraten aber nicht, wie …

Wir haben eine tolle Infrastruktur, die mit der Südumfahrung noch besser wird, wir haben die Nähe zur TU Dresden, günstige Gewerbeflächen. Wann, wenn nicht jetzt ist die Zeit, Unternehmen für Pirna zu begeistern? Wir haben eine Stadtentwicklungsgesellschaft, deren ureigenstens Ziel es sein muss, Unternehmensansiedlungen voranzubringen – mit viel mehr Kraft als jetzt. Langfristig muss hier ein Projektmanagement geschaffen werden, das dazu in der Lage ist. Vielleicht gelingt es dann, ein wirtschaftliches Flaggschiff nach Pirna zu holen, zumindest aber eine erste Adresse für den Mittelstand zu werden.

Apropos Mittelstand: Sie betonen, dass Sie aus einer Pirnaer Unternehmerfamilie stammen und wie wichtig Ihnen die familiären Bande sind. Warum?

Weil wir als Familie eine lange unternehmerische Tradition in Pirna haben und auch heute erfolgreich sind. Meine Schwester führt 14 Modegeschäfte, darunter das „Hautnah“ in Pirna, ich selbst bin Unternehmerin. Wenn ich Rat suche, dann finde ich ihn in meiner Familie, und ich denke, dieser unternehmerische Erfolg und die Erfahrung lassen sich sehr gut auf das Führen der Stadt übertragen.

Wird Pirna mit Ihnen als Bürgermeisterin ein Hütterscher Familienbetrieb werden?

Nein, sicher nicht. Ich glaube nicht, dass sich der Rest der Familie Hütter stärker in der Stadtpolitik engagieren möchte. Ich sehe unseren Status eher als Vorteil: Wir haben keinerlei Abhängigkeit von städtischen Aufträgen, sind politisch nicht verquickt in der Stadt. Ich kann also vollkommen unabhängig von bestehenden politischen Netzwerken hier in Pirna agieren. Ich denke, das ist eine Chance für Pirna.

SZ-Wahlforum mit allen Oberbürgermeister-Kandidaten am 4. Januar, 18.30 Uhr in der Kleinkunstbühne Q 24.